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Kapitalismus

Die Krise wird nach unten weitergereicht

Die Krise wird nach unten weitergereicht
Der WIFO-Ökonom Gabriel Felbermayr (Foto: BMEIA / CC 2.0 BY)
Erst haben Ökonom:innen lange alle Maßnahmen zur Dämpfung der Inflation bekämpft. Jetzt wollen sie die Arbeitnehmer:innen die auf die Teuerungskrise folgende Wirtschaftsflaute ausbaden lassen. Ein Kommentar von Barbara Blaha.

Die heimische Wirtschaft steckt in einer tiefen Krise. 2023 war ein Rezessionsjahr. 2024 war noch schlechter. Und auch für 2025 sagen Österreichs führende Wirtschaftsforschungsinstitute erneut eine schrumpfende Wirtschaftsleistung voraus. 

WIFO und IHS schlagen Alarm – zurecht. Doch ihre wirtschaftspolitische Schlussfolgerung überrascht: Nicht Investitionen, nicht gezielte Impulse. Sondern „Lohnzurückhaltung“ soll jetzt her.

Pensionen, Sozialleistungen, Beamtengehälter – alles soll weniger stark steigen als die Inflation. Das ist kein Ausweg aus der Krise, das ist ihre Verlängerung mit anderen Mitteln.

Blockierte Maßnahmen, verpasste Chancen

Genau jene Ökonomen, die jetzt weniger Einkommen fordern, haben zuvor zentrale Maßnahmen gegen die Teuerung blockiert. Gabriel Felbermayr, Direktor des WIFO, trat während der Inflationskrise wiederholt als Mahner auf – allerdings vor allem dann, wenn es um Preisbremsen für Haushalte ging. 

Im Juni 2022 etwa warnte das WIFO ausdrücklich vor Eingriffen in die Preisbildung. 

Ein Mietpreisdeckel? „Nicht unproblematisch.“ 

Ein Strompreisdeckel? „Nicht empfehlenswert.“ 

Eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel? „Sozial nicht treffsicher.“

Besteuerung der Rekordgewinne der Energiekonzerne? “Nicht zielführend.”

Vermögensbezogene Steuern zur Finanzierung der Krisenkosten? “Nicht vertrauensfördernd”

Folgenreiche Fehler

Während die Preise davonzogen, kamen hunderttausende Haushalte an ihre finanziellen Grenzen. Trotzdem lehnten Felbermayr und Kollegen nahezu jede Form der Preisregulierung ab. 

Selbst als Mieten in Österreich deutlich stärker stiegen als anderswo, sprach sich Felbermayr im März 2023 noch gegen eine Mietdeckelung von 2 Prozent aus. Und während er im Sommer 2022 noch gegen einen Strompreisdeckel war, räumt er heute ein, man hätte die Preisbremse auch auf Erdgas ausweiten sollen. Ja, hätte man. Er räumt inzwischen Fehleinschätzungen ein. Man hätte „die Inflationsbekämpfung viel stärker in den Vordergrund stellen sollen“. 

Die Folgen wirtschaftlicher Untätigkeit

Weil das nicht passiert ist, kam Österreich schlechter durch die Krise als viele andere Länder. Staaten, die aktiv eingegriffen haben – durch Preisbremsen, Mietdeckel oder staatliche Eingriffe in die Märkte – hatten niedrigere Inflationsraten, stabileren Konsum, weniger Wirtschaftseinbruch.

In Österreich hingegen wurde gezögert. Und nun, wo die Löhne beginnen aufzuholen, sollen sie wieder gedrückt werden – mit Verweis auf die Produktivität, auf Sparzwänge im öffentlichen Sektor oder auf ökonomische „Notwendigkeiten“. 

Felbermayr wörtlich: „Eine Rezession ist nun mal hart.“ Ja – niemand weiß das besser als die Menschen, deren Löhne und Pensionen er jetzt kürzen will. Sie zahlen die hohe Miete, den teuren Strom, den doppelt so teuren Wocheneinkauf.

Für wen wird eigentlich Politik gemacht?

Diese Wirtschaftspolitik ist nicht neutral. Sie schützt Vermögen, nicht Einkommen. Sie verteidigt Marktlogik, nicht soziale Gerechtigkeit. Sie spricht von Wettbewerbsfähigkeit, wenn sie in Wahrheit die Lohnkosten senken will. Und sie nennt es „Sachzwang“, wenn sie politische Spielräume leugnet. 

Was wir jetzt brauchen, ist eine Wirtschaftspolitik, die Verantwortung übernimmt:
Eine Politik, die Preise dämpft, den Konsum stabilisiert, Investitionen ermöglicht – und die nicht zulässt, dass ausgerechnet jene, die schon die Teuerung tragen mussten, nun auch noch die Krise bezahlen.

 

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    Kommentare 6 Kommentare
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  • Bruno Morawitz
    13.04.2025
    Der liebe Herr Wifo Direktor, mit seinen „guten Ratschlägen“ , ist für mich einer der Unfähigsten überhaupt. Ständig im TV mit erhobenen Zeigefinger. Berater unserer Finanzminister. 🙈 Im nächsten Leben werde ich Wirtschaftsforscher oder Wetterfrosch. Warum? Weil man seine „Vorhersagen“ den Tatsachen solange anpassen kann, bis sie aufs Zehntelprozent stimmen.
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  • SteveO
    29.03.2025
    Absolut ihrer Meinung! Unerhört, jetzt wieder die arbeitende Bevölkerung einspannen zu wollen. Es wird Zeit für einen Generalstreik
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  • Andreas Schaffer
    29.03.2025
    Liebes Moment Team, in der Kleinen Zeitung wird von Lohn- und sogar Pensionsverzicht geträumt. Sind das sinnvolle Maßnahmen um Betriebe und den Staat durch die Krise zu bekommen? Herzlichen Dank.
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  • Claudia Hirnböck
    28.03.2025
    Den Binnenmarkt zu stärken sollte mMn ins Auge gefasst werden, nachdem Exporte (Zölle) immer schwieriger werden und neue Märkte erst erschlossen werden müssen. Wenn die Kaufkraft im Inland aber aufgrund von Einsparungen sinkt, wird mMn viel Potential verschenkt. Spanien zeigt es vor…
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  • frizzdog
    28.03.2025
    man braucht ja nur schauen, wie verantwortliche jetzt für die misere mit einem "karriereaufstieg" belohnt werden: "wirtschaftsminister" Martin KOCHER wurde schon im vorjahr rasch zum designierten chef der Nationalbank, "finanzminister" Magnus BRUNNER avancierte zum EU-kommissär. wahre vorbilder der "leistungsgesellschaft"... solche koryphäen braucht der kapitalismus!
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    • Andreas Schaffer
      29.03.2025
      Zynismus ist zwar nicht das Beste aber sie haben schon recht ….