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Arbeitswelt
Kapitalismus

Warum Geschäfte nicht auch am Sonntag öffnen sollen

Es sei ein Sonderfall in der Corona-Pandemie nach wochenlangem Lockdown: Am 19. Dezember sollen Geschäfte auch am Sonntag öffnen dürfen. Für Kund:innen ist das bequem, der Handel frohlockt über die Sonntagsöffnung. Für die oft schlecht bezahlten Beschäftigten ist es eine Belastung. Drei Argumente gegen Ladenöffnung auch an Sonntagen.

#1 Sonntagsöffnung ist sozial ungerecht

Wer arbeitet im Handel? Es sind im Regelfall Menschen, die unterdurchschnittlich verdienen. Die Sonntagsöffnung zwingt sie, noch flexibler zu sein. Die meist besser verdienenden Kund:innen, die am Sonntag nicht arbeiten müssen, bekommen eine weitere Freizeitoption. Handelsunternehmen können – zumindest in der Theorie – mehr Umsatz machen. Dafür wurde jetzt in einem Zusatzkollektivvertrag zur Sonntagsöffnung vereinbart, dass Beschäftigte einen Aufschlag von 100 Prozent erhalten, wenn sie am kommenden Sonntag arbeiten gehen.

#2 Kinder zu betreuen wird noch schwieriger

Wer im Handel arbeitet, hat schon unter der Woche grenzwertige Arbeitszeiten: Supermärkte haben teilweise von kurz vor 7 Uhr bis 20 Uhr geöffnet. Das Gesetz erlaubt es Geschäften sogar, schon ab 6 Uhr aufzusperren und erst um 21 Uhr zu schließen. Ladenschluss heißt aber nicht Arbeitsschluss für die Angestellten, die danach zum Beispiel noch Kassasturz machen müssen. Kinder morgens in die Schule oder den Kindergarten bringen und auch am Abend Zeit mit ihnen verbringen? Das geht sich oft nicht aus.

Dazu kommt: Schon am Samstag müssen sich vor allem Alleinerziehende den Kopf darüber zerbrechen, wie sie ihre Kinder betreuen. Kommt jetzt auch der Sonntag als möglicher Arbeitstag dazu, wird es noch schwieriger. Im der jetzt getroffenen Vereinbarung für die Sonntagsöffnung wird zumindest garantiert, dass Betreuungskosten ersetzt werden. Das kann aber eines nicht ersetzen: die verlorene gemeinsame Zeit mit der Familie.

 
Grafik: Geschlechterverteilung in Berufsgruppen.

Geschlechterverteilung in unterschiedlichen Berufsgruppen. Im Einzelhandel arbeiten überwiegend Frauen.

#3 Frauen werden durch Sonntagsöffnung benachteiligt

Beschäftigte im Handel sind überwiegend weiblich. Kinder zu betreuen, ist nicht nur bei Alleinerziehenden noch immer vor allem Sache der Frauen. Von der Sonntagsöffnung im Handel wären sie übermäßig betroffen. Zum geringen Einkommen wird Frauen mit der Sonntagsöffnung noch mehr Flexibilität am Arbeitsmarkt abverlangt. Beruf und Familie zu vereinbaren, wird noch schwieriger.

Zwar wird betont, dass an diesem Sonntag nur Personen an der Kasse stehen, Regale einräumen oder Kund:innen beraten sollen, die das freiwillig machen. Auf die Bedürfnisse von Alleinerziehenden soll Rücksicht genommen werden. In der Praxis heißt so etwas jedoch allzu oft: Wer nicht in der Lage ist, „freiwillig“ auch sonntags zu arbeiten, kommt schnell auf die Abschussliste.

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