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Ungleichheit

Ein Besuch im Freibad ist kein Luxus

Ein Besuch im Freibad ist kein Luxus
In der schlimmsten Zeit in Armut bin ich ein einziges Mal mit den Kindern ins örtliche Freibad gefahren. Ich wollte, dass sie dort ihre SchulfreundInnen sehen und Spaß haben können. Viele denken allerdings, dass der "Luxus" Freibad einer von Armut betroffenen Familie nicht zusteht.
Der Vermieter etwa, bei dem ich geputzt und auf dessen Kinder ich aufgepasst habe, um weniger zahlen zu müssen, hat keine Gelegenheit ausgelassen, mich bloßzustellen. „Kann die Miete nicht bezahlen, aber Luxus will sie haben”, sagte er – auch vor anderen NachbarInnen.

Andere meinten:

Anstatt mit deinen Kindern ins Freibad zu gehen, solltest das Geld lieber sparen, hast es eh bitter nötig.

Typisch, kein Geld, aber lässig im Freibad sitzen. Wundert niemanden, dass ihr arm seid.

Solche Sätze habe ich mir anhören müssen. Sie sitzen bei mir bis heute tief. Sehr tief.

Raus aus dem Rückzug

Viele Menschen verstehen nicht, wie wichtig es ist, am sozialen Leben teilnehmen zu können. Wer sich den Besuch im Freibad, ins Museum oder auf einen Kaffee nicht leisten kann, verliert nach und nach das Netzwerk, steht am Ende völlig alleine da. Gesellschaftliche Teilhabe ist kein Luxus, sie ist unglaublich wichtig für die psychische Gesundheit der Betroffenen.

Ich habe online Kontakte gefunden, die mir den Halt und die Kraft gegeben haben, die Jahre unter der Armutsgrenze durchzustehen. Ich konnte beispielsweise nach jahrelangem Rückzug eine Lesung besuchen, weil ich eingeladen wurde. Anfangs war ich dabei verunsichert und hatte das Gefühl, hier nicht hinzugehören. Aber dieses Netzwerk an wundervollen Menschen hat mir meine Ängste Stück für Stück genommen.

Das Vorurteil, dass gesellschaftliche Teilhabe nicht allen zusteht, muss endlich aus unseren Köpfen verschwinden. Vielleicht ist es jetzt so weit. Während des Corona-Lockdowns haben viele zum ersten Mal in ihrem Leben gespürt, wie es ist, zurückgezogen und alleine in den eigenen vier Wänden bleiben zu müssen. Ich wünsche mir, dass niemand dieses Gefühl vergisst.

Über mich:

Ich heiße Daniela Brodesser, bin 1975 in Linz geboren, habe vier wundervolle Kinder zwischen 11 und 23 und bin verheiratet. Zwei Krankheiten in der Familie haben unser Leben ab 2008 vollends auf den Kopf gestellt. Die Folge war ein Teufelskreis aus Armut, Beschämung, Selbstzweifel und Isolation. 2018 begann ich damit an die Öffentlichkeit zu gehen und über Armut und deren Folgen zu twittern.

 

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