
Wir haben noch lange nicht alle möglichen Corona-Maßnahmen ausprobiert
Foto: Nathan Van de Graaf/Unsplash
Die Zahl der Corona-Fälle geht nach oben. Die Inzidenzen in Österreich sind doppelt so hoch wie in Deutschland. Und so wie im vergangenen November vergeht viel zu viel Zeit, bevor gehandelt wird.
Dabei sind Intensivstationen im Osten Österreichs schon jetzt voll - und sie werden in den nächsten zwei Wochen automatisch noch voller werden, selbst wenn wir sofort gegensteuern würden. Noch wirkt die Impfung nicht auf das Infektionsgeschehen, noch gibt es keine höheren Temperaturen. Bundesregierung und LandespolitikerInnen haben gestern entschieden, nichts zu entscheiden.
Oft heißt es dann: Da gehen die Leute nicht mit. Ja, es stimmt. Wir sind pandemiemüde. Das ist nicht ganz falsch. Aber ich bin auch müde von einer Politik, die der Pandemie hinterherhinkt, statt voraus zu schauen. Und die vorgibt, alles unternommen zu haben, aber doch vor lauter Rücksicht auf Spezialinteressen (hallo Handel, hallo Skilifte!) und Unfähigkeit wenig liefert.
10 Maßnahmen, die wir probieren sollten
Und nein, wir haben gegen Corona noch lange nicht alles aufgefahren, was man tun könnte.
- #1 Eine Home-Office-Pflicht. In der Schweiz gibt es sie seit dem Jahresanfang.Auch wenn nur ein Teil der Erwerbstätigen im Home-Office arbeitet, hilft jeder vermiedene berufliche Kontakt dabei, das Virus zu bremsen.
- #2 Wenn wir Schulen und Kindergärten offen oder teilgeöffnet halten wollen, müssen wir über eine Testpflicht von PädagogInnen, aber auch von Eltern reden
- #3 Mehr als ein Jahr nach Beginn der Pandemie haben wir noch immer keine breit ausgerollte, funktionierende Corona-App - auch keine digitale Wallet, die einen grünen Antikörper-, Test- oder Impfstatus anzeigt.
- #4 “Corona-Feiertage”: zwei Tage hintereinander, an denen nicht gearbeitet wird als Mini-Wellenbrecher-Lockdown. Ein Besuchsverbot im Privatbereich sorgt in dieser Zeit dafür, dass sich die Ansteckungen nicht in den Privatbereich verlagern.
- #5 Für Menschen mit viel Kontakt zu anderen, seien es Polizistinnen, Friseure oder Handelsangestellte, braucht es eine Testpflicht.
- #6 Die EU exportiert fast jede zweite hergestellte Impfstoff-Dosis. Aber nicht an ärmere Länder, sondern an reiche Staaten wie Kanada, Japan und vor allem nach Großbritannien. Dort verwendet man hingegen (wie in den USA) alles für sich selbst, was im Land hergestellt wird. Dieser Impf-Freihandel muss beschränkt werden, dann haben wir auch genug Impf-Dosen als Notfallhilfe für besonders stark betroffene Länder.
- #7 Alle Impfdosen, die wir haben, müssen schleunigst verimpft werden. Dabei zählt jeder Tag. Dass sonntags die Zahl der Impfungen einbricht, ist absurd.
- #8 Kinder können an Corona erkranken und das Virus auch weitergeben. Gleichzeitig ist es oft ein Spießrutenlauf, sie testen zu lassen. Kinder-gerechte Teststraßen mit qualifiziertem Personal wären dringend notwendig.
- #9 Mitten im Lockdown landen die Privatjets? Einreise- und Quarantänekontrollen freuen niemanden, aber sie müssen gemacht werden. Auch für Reiche.
- #10 Wir müssen mehr und besser aus der Pandemie lernen. Alle Daten zum Infektionsgeschehen müssen daher öffentlich sein und freigegeben werden, damit WissenschafterInnen und die interessierte Öffentlichkeit Bescheid wissen.
Nichtstun tötet
Viele dieser Maßnahmen sind unangenehm. Für vieles braucht es mehr Geld. Manche Maßnahmen muss man abfedern - wer beispielsweise beruflich auf sehr viele Menschen trifft, sollte dieses Risiko abgegolten bekommen.
Die Folge des Nichtstuns wäre aber, dass sich noch mehr Menschen infizieren. Und bei überlasteten Krankenhäusern sterben Menschen, die nicht sterben müssten. Ganz zu schweigen davon, was wir unseren Pflegern und Ärztinnen antun, wenn wir sie jeden Tag gegen das Virus auf verlorene Posten schicken.