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Demokratie

Das Amtsgeheimnis fällt: Was das neue Informationsfreiheitsgesetz regelt

Künftig haben Bürger:innen ein Grundrecht, Informationen vom Staat zu bekommen.
Künftig haben Bürger:innen ein Grundrecht, Informationen vom Staat zu bekommen. Foto: Symbolbild Pixabay
Seit rund zehn Jahren verhandelt Österreich darüber, dass sein Amtsgeheimnis abgeschafft wird. Nun wird endlich das neue Informationsfreiheitsgesetz verabschiedet, das es ablöst. In Kraft treten soll es 2025. Wir erklären dir, was sich dadurch ändert.

Was ist das Informationsfreiheitsgesetz?

Künftig haben Bürger:innen ein Grundrecht, Informationen vom Staat zu bekommen. Bund, Länder und Gemeinden müssen Anfragen von Bürger: innen beantworten und ihnen Informationen bereitstellen. Dafür wird ein Informationsregister eingerichtet. Zusätzlich sollen Gemeinden relevante Informationen eigenständig veröffentlichen. Das Ziel: eine Verpflichtung zur Auskunftserteilung und mehr Transparenz bei staatsnahen Unternehmen.

Was regelte das Amtsgeheimnis bisher?

Wie viel Steuergeld hat der Staat für ein bestimmtes Projekt ausgegeben? Wie viele Tonnen eines Pestizids werden pro Jahr verwendet? Die Antworten auf diese Fragen fielen in Österreich bisher unter das Amtsgeheimnis. Es hält geheim, was Behörden oder Personen des öffentlich-rechtlichen Dienstes an Informationen durch ihre amtliche Tätigkeit bekommen. Das sind zum Beispiel Beamt:innen, Richter:innen, Politiker:innen. Die Schweigepflicht ist seit 1925 im Gesetz verankert. Damit ist Österreich das letzte demokratische Land in Europa, das eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht hat. Wird das Amtsgeheimnis verletzt, kann das dienstrechtliche, arbeitsrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen haben.

Wer muss Informationen veröffentlichen?

Mit dem neuen Informationsfreiheitsgesetz sollen Informationen für Bürger:innen einfacher zugänglich werden. Öffentliche Stellen sollen zum Beispiel Gutachten, Studien oder Verträge direkt von sich aus veröffentlichen. Wer kontrolliert das? Das steht im neuen Informationsfreiheitsgesetz nicht. Und auch wenn relevante Dokumente nicht veröffentlicht werden, gibt es keine umfassenden Sanktionen. Eine Ausnahme für die Auskunftspflicht gibt es für Gemeinden mit weniger als 5.000 Einwohner:innen. Für staatsnahe Stiftungen und Fonds gibt es eine eingeschränkte Auskunftspflicht.

Was heißt das in der Praxis?

Grundsätzlich geht es um „Informationen von allgemeinem Interesse“. Praktisch heißt das: Eltern können zum Beispiel Informationen von der Gemeinde verlangen, warum ihr Kind keinen Kindergartenplatz bekommen hat. Auch Gutachten zu Bauprojekten oder wie viel ein neuer Sportplatz der Gemeinde gekostet hat, sollen künftig einfach abrufbar sein. 

Aber auch Journalist:innen oder zivilgesellschaftliche Organisationen können Informationen bei staatlichen Behörden einsehen. Dadurch soll sich beispielsweise Korruption und Steuergeldverschwendung besser einschränken lassen. Denn: Öffentliche Debatten können auf Basis dieser Daten besser geführt werden. 

Wie kommt man zu Informationen?

Anfragen können mündlich, schriftlich oder telefonisch gestellt werden. Gebühren muss man dafür keine zahlen. Landet eine Anfrage bei der falschen Adresse, muss die Anfrage an die zuständige Person weitergegeben werden. Informationen, die proaktiv veröffentlicht werden müssen, sollen auf einer Online-Plattform zu finden sein. Im zentralen Informationsregister helfen Schlagworte für eine bessere Suche. 

Aber Auskünfte können auch verweigert werden. Erlaubt ist das, wenn durch die geforderten Informationen die öffentliche Sicherheit gefährdet ist. Oder es den persönlichen Lebensbereich einschränkt. Keine Auskunft muss gegeben werden, wenn es einen hohen finanziellen Schaden geben könnte. Oder wenn das Interesse anderer Menschen wichtiger ist als das öffentliche Interesse. Vorerst muss es auch keine Antworten auf unverhältnismäßig zeitraubende oder offensichtlich mutwillige Anfragen geben. 

 

Was passiert, wenn Informationen nicht veröffentlicht werden?

Grundsätzlich muss eine Information innerhalb von vier – in Ausnahmefällen – acht Wochen herausgegeben werden. Passiert das nicht, kann man dagegen Beschwerde einlegen. Zuständig sind dann die Verwaltungsgerichte. 

Dennoch: Das Bereitstellen von Informationen ist zeitaufwendig und braucht Personal. Ein automatisches Bereitstellen ist in Österreich noch nicht flächendeckend möglich. Strafen für Organe, die sich weigern, Informationen herauszugeben, soll es vorerst keine geben. Auch Unternehmen, die sich um Aufträge aus der öffentlichen Hand bewerben, sind vorerst nicht dazu verpflichtet, Auskunft darüber zu erteilen. 

Was ist die Kritik am Informationsfreiheitsgesetz?

Kritiker:innen geht das Gesetz in vielen Punkten nicht weit genug. Kann es Machtmissbrauch, Amtsmissbrauch und Korruption verhindern? Nein, sagen Organisationen wie das Forum für Informationsfreiheit oder die Initiative Saubere Hände. Staatliche Stellen müssen Aufzeichnungen, Entwürfe oder Notizen nicht zwingend übermitteln. 

Wenn eine Behörde Informationen nicht herausgeben will, dann bleibt der Weg zum Verwaltungsgericht. Im neuen Gesetz fehlt aber die Möglichkeit für Richter:innen die Dokumente einzusehen, über deren Herausgabe sie zu entscheiden haben. 

Dazu kommt: Das neue Informationsfreiheitsgesetz könne mit beliebigen anderen Bundes- und Landesgesetzen ausgehebelt werden. So könnten Regierungen und Gesetzgeber:innen auch in Zukunft Blackboxen schaffen, die von der Informationsfreiheit ausgenommen wären. 

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