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Köchin Elke Oberhauser will nicht nur Lebensmittel retten: “Wer lernt, sie ordentlich zu verarbeiten, kann viel Geld sparen”

Elke Oberhauser möchte mit ihrem Verein “Best of the Rest” nicht nur Lebensmittel retten - in Kursen lehrt sie, wie diese verkocht, eingelegt oder fermentiert und damit länger haltbar gemacht werden können. So wird mit Nachhaltigkeit auch viel Geld gespart.

Als Elke Oberhauser Bekannten von der Idee erzählte, ein Catering-Unternehmen zu gründen, das ausschließlich gerettete Lebensmittel verwendet, erntete sie Kopfschütteln. “Wer will denn so etwas essen? Wer traut sich so etwas seinen Gästen und KundInnen anzubieten? Damals konnte ich mir solche Fragen anhören. Doch ich war damals einfach schon meiner Zeit voraus”, erklärt die Hobby-Köchin, die im Jahr 2015 die Marke “Best of the Rest” gründete. Tatsächlich war der Zeitpunkt ideal: Lebensmittel retten wurde zu dieser Zeit gerade Mode und durch hippe Ausdrücke wie “Dumpstern” oder “Containern” einer breiten Öffentlichkeit bekannt. Dementsprechend waren Unternehmen begeistert von der Idee eines nachhaltigen Buffets.

Dann eröffnete Elke Oberhauser im März 2019 sogar ein Lokal in Klagenfurt, in dem aus Lebensmitteln, die lokale Lebensmittelmärkte oder Einzelhandelsketten weggeworfen hätten, günstige Menüs entstanden. Während dieser Zeit wurden rund 900 Kilo Obst und Gemüse hier in der Woche verarbeitet. Seit der Corona-Krise steht zwar der Betrieb,  aber nicht die Köchin still – sie hat sich längst neuen Projekten zugewendet. Aktuell hilft sie bei der Lebensmittelausgabe der Caritas aus.

Idee aus der eigenen Not geboren: Lebensmittel retten und verarbeiten

Elke Oberhauser hat lange in der gehobenen Gastronomie gearbeitet und dort viel gelernt. Eine Kochlehre hat sie jedoch nie abgeschlossen. Bereits ihre Eltern führten eines der ersten Haubenrestaurants in Österreich. Dort und in anderen Betrieben, in denen sie tätig war, hat sie die immense Lebensmittelverschwendung schon immer gestört: “In solchen Restaurants ist ja gerade nur das Beste gut genug. Da wird dann von einem Rinderfilet nur das feinste Stück verwendet, danach wird der Rest einfach weggeschmissen.”

Dann zog sie nach Kärnten, wurde Alleinerzieherin ihrer drei Kinder und musste plötzlich sparen. Also besann sie sich auf die Lebensmittelverarbeitung ihrer Großmutter. “Früher wurde ja alles verarbeitet und vor allem länger haltbar gemacht. Gemüse und Obst wurde in große Gläsern eingelegt, eingekocht, fermentiert. Genauso hab ich dann auch begonnen – und eine Menge Geld gespart. Und das, obwohl ich immer frisch und gesund gekocht habe”, erzählt Elke Oberhauser.

Wissen weitergeben: Schon Kindern sollen nachhaltigen Umgang mit Lebensmittel lernen

Ihr Wissen will sie nun weitergeben. “Denn es reicht ja nicht, Lebensmittel einfach zu retten. Danach müssen sie schnell weiterverarbeitet und haltbar gemacht werden. Das Gemüse und Obst ist ja oft überreif und verdirbt sonst schneller, als es konsumiert werden kann. Dann landet es erst recht im Müll”, erklärt Oberhauser.

Rund 190 Workshops hat sie bereits an Schulen, in Lehrbetrieben oder sozialen Einrichtungen abgehalten. So haben unzählige Menschen gelernt, wie aus wenigen und einfachen Zutaten köstliche Gerichte entstehen, Reste verwertet und Nahrungsmittel länger haltbar gemacht werden können. Viele seien überrascht, wie einfach und schnell das gehen kann. Überdies betreibt Elke Oberhauser auch einen Youtube-Kanal, auf dem sie ihre Rezepte kostenlos in Videos vorkocht. Beispielsweise, wie aus Tomaten Sugo auf Vorrat gemacht werden kann.

 

Außerdem will Oberhauser nicht nur Privatpersonen, sondern auch Gastronomiebetrieben helfen, Lebensmittelmüll zu vermeiden und Geld zu sparen. Mittlerweile hat sie eine Ausbildung zur Lebensmittelabfallberaterin abgeschlossen und erstellt für Betriebe Analysen und hilft, den Einkauf und die Lagerung zu optimieren.

Gemeinsames Kochen als soziales Erlebnis und Integrationsprojekt

Darüber hinaus ist Elke Oberhauser bei ihren Projekten nicht nur die nachhaltige, sondern auch soziale Komponente wichtig. Darum arbeitet sie mit AsylwerberInnen, SchülerInnen und “Jugend am Werk” zusammen und verkauft Produkte, die aus geretteten Lebensmitteln hergestellt werden. Denn für Flüchtlinge sei das gemeinsame Kochen eine Gelegenheit zur Integration, ist Oberhauser überzeugt: “Unsere Einmachgläser heißen deshalb auch Gläser mit Geschichte, weil ihr Inhalt eine besondere Entstehungsgeschichte erzählen kann. Diese beginnt bei der Rettung der Lebensmittel und jenen, die sie verarbeiten, bis hin zu denen, die sie konsumieren.”

Jeder Haushalt wirft jährlich 250 bis 800 Euro in den Müll 

Aktuellen Studien der Wiener Universität für Bodenkultur zufolge landen in Österreich pro Jahr rund eine Million Tonnen Lebensmittel im Müll, die noch konsumiert werden könnten. Fast 50 Prozent davon werden von privaten Haushalten verursacht.

In jedem österreichischen Haushalt landen jährlich bis zu 133 Kilo an noch genießbaren Lebensmitteln weggeschmissen. In Geld umgerechnet sind das 250 bis 800 Euro.

Immerhin versucht die Regierung die Lebensmittelverschwendung nun einzudämmen: Im November 2020 wurde im Parlament einstimmig ein entsprechender Antrag angenommen. Zeitnah soll nun ein Aktionsplan gemeinsam mit dem Handel, ProduzentInnen und karitativen Organisationen entwickelt werden. So soll etwa dem Einzelhandel verboten werden, noch genießbare Lebensmittel wegzuwerfen.

Ein Fünftel unseres CO2-Fußabdrucks durch Lebensmittelproduktion

Jedes Lebensmittel im Müll bedeutet eine völlig unnötige Belastung für unseren Planeten. Immerhin macht in Österreich die Produktion und der Konsum von Nahrungsmitteln 20 Prozent des CO2-Fußabdrucks aus. Dabei muss auch der Anbau, die Ernte, der Transport und die Kühl- und Lagerkette, sowie die Verarbeitung berücksichtigt werden. Bis ein Lebensmittel bei uns am Teller landet, benötigt es also viel Energie, trotzdem landet ungefähr ein Drittel im Müll. 

Knödel sollen alte Semmel vor Müll bewahren

Es landet vor allem sehr viel Gebäck im Müll. Deshalb möchte Elke Oberhauser nun eine “Knödelfabrik” ins Leben rufen, in der alte Semmeln, Brot und Co verarbeitet werden. Die Produktion und den Verkauf sollen wie bei den “Gläser mit Geschichte” wiederum soziale Einrichtungen übernehmen. Und: “Mit dem Erlös sollen kostenlose Workshops ermöglicht werden. Denn jene, die durch Corona in finanzielle Schwierigkeiten geraten sind und nun lernen wollen oder müssen, wie sie Lebensmittelmüll vermeiden und sparen können, sollen nicht auch noch dafür zahlen müssen.”

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