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Gesundheit
Kapitalismus

Moderna: Landen Profite aus der Corona-Impfung in Steuersümpfen?

Der Pharmakonzern Moderna hat als einer der ersten eine Corona-Impfung auf den Markt gebracht. Für die Bekämpfung der Pandemie war das ein großer Schritt. Nun sieht sich das Unternehmen mit Vorwürfen konfrontiert. Es soll seine Gewinne in Steuersümpfe verschieben. Dabei wurde die Impfung mit viel Steuergeld entwickelt.

Ein öffentlich gewordener Vertrag zwischen der Europäischen Kommission und dem Pharmakonzern Moderna sorgt für Aufregung. Aus diesem geht hervor, dass Moderna in seiner Konzernstelle in der Schweiz für seine Impf-Lieferungen an die EU bezahlt werden will. Die liegt in Basel – und dort gelten besonders niedrige Steuertarife und es gibt mögliche Schlupflöcher, um noch darunter zu landen. Der niederländische Watchdog SOMO berichtet, dass ausländische Unternehmen dort in der Vergangenheit eine effektive Steuerrate von nur 7,83% bezahlt haben. 

Der Unternehmenssitz in Basel dort wurde erst 2020 gegründet und dürfte mit der Entwicklung des Impfstoffes nichts zu tun gehabt haben. Auch die Erzeugung selbst ist an ein anderes Unternehmen ausgelagert, und findet in einem anderen Schweizer Kanton und in den Niederlanden statt.

Milliarden aus öffentlicher Hand

Die Praktiken der Steuerverweigerung dürften legal sein und weisen einmal mehr auf die Notwendigkeit internationaler Maßnahmen gegen Gewinnverschiebungen über Lizenzen hin. Die Weigerung, Steuern auf Gewinne zu zahlen, ist bei Moderna über die grundsätzlichen moralischen Fragen solcher Praktiken hinaus besonders brisant. Denn die Corona-Impfung von Moderna wurde – etwa laut einer Recherche der BBC von Ende 2020 – praktisch vollständig aus staatlichen Mitteln finanziert.

Moderna hat 2020 insgesamt 4,1 Milliarden Dollar aus Mitteln des US-Gesundheitsministeriums erhalten. Das allein übersteigt laut SOMA vermutlich alle anderen Investments in die Firma seit ihrer Gründung. Die USA haben außerdem Impfdosen um 7,5 Milliarden Dollar bestellt. Auch die EU hat Moderna mehr als 10 Milliarden Dollar für Corona-Impfungen gezahlt.

Corona-Impfung: Milliardengewinne mit einzigem Moderna-Produkt

Moderna ist ein junger Pharmakonzern, der erst 2010 gegründet wurde. Das einzige Produkt, das die Firma verkauft, ist seine Corona-Impfung. Der Konzern erwartet 18,4 Milliarden Dollar an Einnahmen aus Impfstoff-Verkäufen im Jahr 2021. Laut Schätzungen wird Moderna damit etwa 8 bis 10 Milliarden Dollar Gewinn machen. Das Unternehmen ist großteils durch Steuergeld finanziert ein klarer Gewinner der Pandemie.

Es gibt keine exakten Angaben über den Anteil von öffentlichem Geld, die in die konkrete Entwicklung der Corona-Impfung von Moderna flossen. Auch über die Höhe seiner Profite und über die durch die Gewinnverschiebung verweigerten Steuersummen muss bis zu einem gewissen Grad spekuliert werden. Die Geschäftsvorgänge sind nicht entsprechend transparent und müssen es mangels entsprechender Gesetze auch nicht sein. Der Konzern hat bisher auch keine Stellung zu den Vorwürfen von SOMA bezogen. 

Staaten spielten große Rolle bei Corona-Impfung

Auch wenn die Impfstoffe gegen Corona von privaten Konzernen in Rekordzeit entwickelt und hergestellt werden, haben erst die staatlichen Hilfen und von Staaten garantierten Abnahmen dafür gesorgt, dass sich Pharmakonzerne auf die Entwicklung stürzten. Das Geld wurde dafür teils auch lange vor der Lieferung bereitgestellt und hat die Produktion zumindest beschleunigt. 

Die meisten Covid-Impfstoffe wären ohne staatliche Mittel nicht oder nicht so schnell entwickelt worden – bei Moderna ist der Anteil der öffentlichen Mittel aber besonders hoch. Außerdem haben öffentliche Universitäten und Institutionen auch die Grundlagenforschung geleistet, auf der die neuen mRNA-Impfstoffe von Moderna und Pfizer nun basieren.

Von der schnellen Entwicklung profitieren aber auch die Eigentümer:innen privat. Sie haben bereits im Vorjahr Aktien des Unternehmens um viele Millionen Dollar verkauft, als diese wegen der Möglichkeit stiegen, Moderna könnte eine der ersten Corona-Impfungen auf den Markt bringen. (Auch daran ist nichts illegal: Die Verkäufe waren anscheinend deutlich vor Beginn der Pandemie festgelegt.) Das gelang dem Konzern schlussendlich auch.

Vorwurf der Steuerverweigerung auch in den USA

Moderna als Unternehmen sah sich schon in den USA mit Vorwürfen der Steuerverweigerung konfrontiert. Der Konzern hat vieler seiner Patente in die Unternehmensstelle im Bundesstaat Delaware verschoben. Auch der ist ein Steuersumpf. In Delaware müssen auf Gewinne aus Patenten keine Steuern gezahlt werden.

Erwähnenswert ist, dass Moderna als einziger Hersteller bereits im Oktober 2020 angekündigt hat, auf die Durchsetzung vieler seiner die Coronabekämpfung betreffenden Patente für die Zeit der Pandemie zu verzichten. Das bedeutet: Falls andere Unternehmen auf Basis der Patente ebenfalls eine Impfung produzieren, müssen sie Moderna dafür während der Pandemie nichts zahlen. Diese von vielen Seiten begrüßte Geste hatte bisher aber keinen Einfluss auf die Gewinne von Moderna. Zudem reichte Moderna die Patente nicht formal in entsprechende Mechanismen der WHO und UNO ein. Expert:innen fordern deshalb eine globale, allgemeine Aussetzung aller Corona-Patente.

Moderna & Pfizer: Teuerste Impfstoffe, könnten noch viel teurer werden

Der mRNA-Impfstoff von Moderna ist gemessen an den benötigten Dosen pro Person der teuerste aller bisherigen Corona-Impfstoffe. Die Gewinnmargen dürften schon jetzt hoch sein. 

Beobachter:innen rechnen außerdem damit, dass die Preise für Impfungen nach dem Ende der Pandemie massiv steigen werden. (Ein hoher Manager von Modernas Konkurrenten Pfizer sprach in einem Investorengespräch von einem bis zu 9 Mal höheren Preis von bis zu 175$ pro Dosis.) Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die Bevölkerung auch nach der Pandemie weitere Booster-Impfungen und jährliche Auffrischungen brauchen wird, weil Corona und seine Mutationen wie die Influenza ein permanenter Begleiter sein wird.

Der Moderna-Impfstoff wurde bisher vor allem an reiche Länder geliefert. Länder mit niedrigen oder mittleren Einkommen bekommen die Impfung erst später. Auch das ist umstritten, weil eine Non-Profit-Organisation die Entwicklung des Impfstoffes mit 900.000 Dollar unterstützt hat, die einen gleichberechtigten Zugang damit als Bedingung verknüpft hatte.

 

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