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Klimakrise

“Natur für alle”? Warum das mit Campen, Bootfahren, Schwimmen bei uns oft unnötig schwierig ist

Wer in Österreich der heißen und engen Stadt entfliehen möchte, kann nicht einfach am See oder im Wald zelten und sich günstig erholen. In Ländern, in denen das Jedermannsrecht gilt, geht das viel leichter.

Im heißen Sommer kann man sich schon darüber wundern, wenn rund um Seen Schilder stehen, die das Baden für die Allgemeinheit einschränken und etwa Campen im Wald schlicht und einfach verboten ist.

Gerade in der Corona-Krise zeigen sich die Auswirkungen davon. Wer der heißen und engen Stadt entfliehen möchte, kann nicht einfach am See oder im Wald zelten und sich günstig erholen. Die öffentlichen Strandbäder sind teilweise so überfüllt, dass der Einlass gestoppt werden muss. Menschen, die auf engem Raum wohnen, keinen eigenen Garten oder gar Seezugang haben, wird die Erholung in der Natur damit verwehrt.

In England sieht das ähnlich aus. Deshalb fordern AktivistInnen dort die Ausdehnung eines Gesetzes, das die Natur für alle Menschen öffnet. Bisher sind nur 8 Prozent des Landes für die Allgemeinheit zu benutzen.

 

Konkret geht es um das sogenannte Jedermannsrecht, also das Recht aller, die Natur zu nutzen. Vorbilder sind Länder wie Schottland, Finnland, Schweden und Norwegen. Auch dort gibt es natürlich Einschränkungen. In Naturschutzgebieten ist Campen beispielsweise meist ausgeschlossen, gefährdete Pflanzen dürfen nicht gepflückt, Äste nicht abgebrochen werden, auf Autos muss verzichtet werden. Und zu Häusern und Hütten muss ein Abstand gewahrt werden.

Aber: Egal wem dort Wildnis oder Seen gehören, dürfen Menschen die Natur nutzen – etwa um zu campen oder am See zu paddeln. Das Einverständnis der EigentümerInnen muss dafür nicht eingeholt werden.

Wandern ja, campen nein

So ein Jedermannsrecht könnte auch Österreich gut tun. Hierzulande dürfen auch private Wälder etwa grundsätzlich betreten werden. Auch Klettern ist im Normalfall kein Problem. Camping ist allerdings ohne ausdrückliche Erlaubnis der EigentümerInnen verboten. Aber wer weiß schon immer, wem ein Waldstück gehört oder wie man die Person rasch erreicht? Und sollte die Nutzung unserer Natur wirklich so stark vom guten Willen einiger weniger abhängen? Darüber hinaus gibt ein auch noch kompliziertes Wirrwarr an Gesetzen, dass sich in jedem Bundesland und teils auch in jeder Gemeinde unterscheiden kann.

Einige Wälder sind zwar in Besitz der Österreichischen Bundesforste, einer Aktiengesellschaft, die der Republik gehört. Das Wildcampen ist dennoch grundsätzlich verboten. Dasselbe gilt für Wälder in Privatbesitz, die in Österreich in der deutlichen Mehrheit sind.

Rund 70 Prozent Seen gehören den Bundesforsten, sind aber wiederum oft mit privaten Grundstücken verbaut. In anderen Ländern gibt es Gesetze, die das Ufer von Gewässern verpflichtend für alle freihalten. Bei uns darf man vielerorts nur noch an einzelnen Stellen ins Wasser. Denn das Ufer ist oft für die Allgemeinheit kaum zugänglich.

Obwohl zum Beispiel der Wörthersee den Bundesforsten – und damit dem Staat – gehört, sind dort 82 Prozent des Seeufers in privater Hand. Zieht man da noch die zum Schwimmen oft schwierigen Promenaden und Naturschutzgebiete ab, kann die Allgemeinheit nur noch an wenigen Stellen unbeschwert und kostenlos Zeit am und im Wasser verbringen.

270.000 Euro fürs Baden gehen

Damit aber nicht genug: Manchmal sind selbst ganze Seen im privaten Eigentum. Sogar wer am Faaker See ein Ufer-Grundstück besitzt, darf dort nicht automatisch baden. Eine Frau, die ein Anwesen am See erbte, sollte etwa 270.000 Euro bezahlen, um im Wasser auch schwimmen zu dürfen. Dieser Fall ist absurd, aber gleichzeitig ein Symptom für ein größeres Problem.

Das Jedermannsrecht in anderen europäischen Ländern könnte nicht nur für England, sondern eben auch Österreich ein Vorbild dafür sein, den Zugang zu Erholung in der Natur für mehr Menschen möglich zu machen – auch wenn sie keine eigenen Seen, Wiesen und Wälder besitzen.

 

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