Mobilitätswende: Warum E-Autos die bessere Wahl sind – aber nicht die Lösung

Geht es um das Thema E-Autos, kochen die Emotionen hoch. Für die einen ist es der Heilsbringer im Kampf gegen die Klimakrise, für andere ist es der schlimmste Alptraum. Doch unabhängig davon, wie man zur Elektromobilität steht, ohne sie werden wir den Weg in die Klimaneutralität bis 2050 nicht schaffen. Die Politik hat das auch grundsätzlich erkannt – teilweise. Stand jetzt ist ab 2035 deshalb der Verbrennermotor in der EU verboten.
Und genau hier wird es spannend. Denn laut dem ehemaligen Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ist Österreich eine “Autonation”. Der Verbrennungsmotor gilt hierzulande beinahe als Kulturgut. Es verwunderte also nicht, dass noch 2024 im EU-Wahlprogramm der Volkspartei zu lesen war, dass der Verbrenner gezielt gefördert werden soll, um Europas Autoindustrie zum “Weltmarktführer bei Verbrennungsmotoren” zu machen.
Mit aller Kraft versuchen verschiedene Interessengruppen daran festzuhalten: Politiker:innen setzen sich mit plumpen Populismus für Scheinlösungen ein. Die fossile Industrie samt ihrer Armada von Lobbyist:innen versucht es mit gezielter Falschinformation. Wie es scheint mit Erfolg. Während anderswo die E-Autos zum Normalfall geworden sind, stagnieren die Neuzulassungen in Österreich.
Status Quo:
Auf Österreichs Straßen sind 5,2 Millionen PKW unterwegs. Seit 1990 hat sich ihre Anzahl beinahe verdoppelt. Nur 3,8 Prozent davon sind rein batteriebetrieben.

Bei den Neuzulassungen kamen E-Autos 2024 lediglich auf einen Anteil von 17,6 Prozent. Das ist sogar noch weniger als ein Jahr zuvor. Vergleicht man diese Zahlen mit Vorreiter Norwegen, scheint das verschwindend gering. Dort waren beinahe neun von zehn verkauften Neuwagen elektrisch. Erstaunliche Zahlen für ein großes, dünn besiedeltes Land, in dem es in den Wintermonaten arktische Temperaturen hat. Argumente, die von E-Auto-Kritiker:innen gerne ins Rennen geschickt werden.
In Österreich hatten 2024 zwar knapp die Hälfte aller Neuzulassungen alternative Antriebe, den größten Anteil daran hatten allerdings Hybrid-Fahrzeuge. Der Weisheit letzter Schluss sind auch sie leider nicht – dazu später mehr.
Mobilitätswende im Stau
Die Nachfrage nach E-Autos ist hierzulande weiterhin gering. Laut einer aktuellen Umfrage des Beratungsunternehmens Deloitte würden sich aktuell nur sieben Prozent der Befragten beim nächsten Autokauf für ein rein elektrisch betriebenes Auto entscheiden. Für Deloitte Österreich sind das “erschreckend niedrige Zahlen, die die Mobilitätswende hierzulande gefährden.”
Doch woran liegt es, dass die Elektromobilität in Österreich nicht vom Fleck kommt? Im Wesentlichen gibt es dafür vier Gründe:
Anschaffungspreis
Will man sich ein Elektroauto zulegen, muss man im Vergleich zu einem gleichwertigen Verbrenner zuerst einmal mit mehreren Tausend Euro Aufpreis rechnen. Auf Dauer lohnt sich der Umstieg dennoch. Denn im Betrieb sind E-Autos viel billiger.
Trotzdem: Laut Deloitte ist der hohe Anschaffungspreis für 43 Prozent der Österreicher:innen einer der Hauptgründe, die für sie gegen ein E-Auto sprechen.
Blickt man zu unseren Nachbarn nach Deutschland, zeigt sich: Ein E-Auto kostet dort laut Studie des Center of Automotive management im Durchschnitt fast 57.000 Euro. Und die Preise sind im Vergleich zum Vorjahr sogar um 4.000 Euro gestiegen. Verantwortlich dafür ist unter anderem der Trend hin zu immer größeren und schwereren Autos – also SUVs.
Die Marktanalyse ergab, dass in Deutschland von den 134 am Markt verfügbaren Elektromodellen 73 Modelle SUVs sind. Das macht Elektromobilität vor allem im hochpreisigen Segment attraktiv. Bei Minis und Kleinwagen, die für eine breite Etablierung von Elektromobilität notwendig wären, ging die Modellauswahl hingegen zurück.
In Österreich setzte man den hohen Kaufpreisen lange Förderungen und Steuererleichterungen entgegen. Bis zu 5.000 Euro bekam man beim Kauf eines Elektroautos gefördert. Ohne sie wären die Verkaufszahlen wohl noch weitaus geringer. Doch damit ist vermutlich Schluss. Denn das Förderbudget für Elektromobilität ist aufgebraucht. Ob es zu einer Neuauflage kommt, ist angesichts der angespannten Budgetlage und der Prioritäten der neuen Bundesregierung unwahrscheinlich. Die neue Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS setzt in ihrem Budgetvorschlag, den sie zu großen Teilen aus den Blau-Schwarzen Verhandlungen übernommen haben, den Rotstift unter anderem auch bei den Steuervorteilen für E-Autos an.
Somit wird künftig auch für E-Autos eine motorbezogene Steuer fällig. Laut ÖAMTC bedeutet das Mehrkosten von 300 bis 400 Euro im Jahr. Für einen Kaufanreiz und zu einem positiven Trend hin zur E-Mobilität trägt das sicher nicht bei.
Dem gegenüber stehen die zahlreichen klimaschädlichen Subventionen im Verkehrssektor, wie dem Dieselprivileg, die weiterhin unangetastet bleiben. Möchte man die E-Mobilität in Fahrt bringen, sind aber genau das die Stellschrauben, die man drehen muss, wie ein erneuter Blick in den Norden zeigt. Durch hohe Kosten und Steuern ist die Anschaffung von Verbrennern in Norwegen mittlerweile so unattraktiv, dass E-Autos dort ganz von selbst zur echten Alternative wurden.
Reichweite
Wenn es darum geht, was gegen den Kauf eines E-Autos spricht, steht nach den Anschaffungskosten die vermutete, zu geringe Reichweite an zweiter Stelle. Einem Reality Check hält dieses Argument nicht stand.

Durchschnittlich haben Elektroautos heute eine Reichweite von rund 350 Kilometern. Stellt man dem die 35 Kilometer gegenüber, die Österreicher:innen täglich im Durchschnitt mit dem Auto zurücklegen, wird schnell klar: Die Reichweite ist für den Großteil der Bevölkerung im Alltag vollkommen ausreichend. Selbst die 120 Kilometer, die die am weitesten pendelnden Österreicher:innen im Durchschnitt an einem Tag zurücklegen, lassen sich damit leicht bewältigen.
Doch Realität und Wahrnehmung liegen oftmals weit auseinander, wie eine Umfrage aus Deutschland belegt. Demnach gaben fast 70 Prozent an, dass für sie eine Reichweite von 400 bis 500 Kilometer akzeptabel wäre. Damit orientieren sie sich eher an den Sonderfällen des Gebrauchs als am Alltag. Die Hälfte der Befragten legt nämlich maximal 24 Kilometer pro Tag zurück. Nur sieben Prozent waren mehr als 100 Kilometer pro Tag unterwegs.
Ladeinfrastruktur
Ein wesentlicher Punkt für die Anschaffung eines Elektroautos ist auch die Frage: Wo kann ich mein Auto schnell und einfach aufladen? Nicht überraschend: Personen, die ihr E-Auto zu Hause oder am Arbeitsplatz laden könnten, ziehen einen Kauf eher in Erwägung.
Aber auch wenn in Österreich das E-Auto am liebsten zu Hause geladen wird: In Mehrfamilienhäusern oder Wohnhausanlagen ist eine eigene Ladestation nicht immer möglich. Und falls doch, finden 18 Prozent der Befragten die Kosten dafür schlichtweg nicht tragbar.
Es verwundert also nicht, dass jede:r Dritte der Deloitte-Befragung sein/ihr E-Auto am Arbeitsplatz oder an öffentlichen Ladestationen laden möchte.
Mit Stand Jänner 2025 stehen dafür in Österreich fast 27.000 öffentliche Ladepunkte zur Verfügung. Expert:innen halten einen weiteren Ausbau des Ladenetzes für unbedingt notwendig, um die Mobilitätswende zu schaffen.
Immerhin: Die ASFINAG hat bis zum Jahr 2030 eine flächendeckende Versorgung mit Ladestationen versprochen. Dann soll mindestens alle 25 Autobahn-Kilometer eine zur Verfügung stehen. Auch im Einzelhandel sind immer mehr Parkplätze mit Lademöglichkeiten ausgestattet. Während man seine Besorgungen erledigt, lädt das Auto. Einen extra Tankstopp spart man sich somit.
Fossiler Einfluss
Das Elektroauto hat ein Imageproblem. Das kommt nicht von ungefähr. Die fossile Industrie hat eine Armada an Lobbyist:innen dafür mobilisiert. Denn für sie steht viel auf dem Spiel. Ab 2035 dürfen in der EU Autos mit Verbrennungsmotor nicht mehr neu zugelassen werden. Für ein Geschäftsmodell, das auf fossilem Öl und Gas basiert, sind das keine guten Nachrichten.
Kein Wunder also, dass sie viel Geld in Desinformationskampagnen stecken. Mit Erfolg. Einmal verbreitet, bleiben sie häufig im allgemeinen Bewusstsein der Bevölkerung hängen. Das führt dazu, dass immer weniger Menschen die Zukunft der Mobilität im E-Auto sehen. Dabei ist für den privaten PKW-Verkehr überhaupt keine brauchbare Alternative in Sicht, die damit vereinbar ist, eine Klimakatastrophe noch zu verhindern oder zumindest abzuschwächen.
Auch die Politik trägt ihren Teil zur Verunsicherung bei. Häufig greift sie – aus Unwissenheit oder Kalkül – Scheinlösungen der Fossilindustrie auf und trägt sie unter dem Schlagwort “Technologieoffenheit” in die breite Masse. Wer einfache Lösungen anbieten kann, bei denen scheinbar ein “weiter wie bisher” möglich ist, wirkt schnell überzeugend. So rücken E-Fuels oder Wasserstoff in den Fokus der klimapolitischen Debatte.
Während sie im Flug- und Schiffsverkehr oder in der Industrie aufgrund fehlender Alternativen durchaus sinnvoll sind, sind sie im individuellen Personenverkehr ineffizient und stehen zudem nicht in ausreichender Menge zur Verfügung. Hier ist das E-Auto die beste Lösung – zumal diese Technologie nicht erst in ein paar Jahrzehnten, sondern bereits heute ausgereift, markttauglich und einsatzbereit ist.
Nichtsdestotrotz: Scheinlösungen wie E-Fuels verzögern den Umstieg auf nachhaltige Alternativen. In einem Kommentar schrieb Katharina Rogenhofer, Gründerin des Kontext Instituts für Klimafragen: “Werden E-Fuels im Tank versprochen, steigt niemand auf Elektroautos oder öffentlichen Verkehr um. Kurz: Die Trugbilder verschleppen den Ausbau jener Technologien, die zur Verfügung stehen und im breiten Einsatz funktionieren. Und während alle warten, wird weiter fossiles Öl und Gas gepumpt.”
Hybrid – Das Schlechteste aus beiden Welten
Blickt man 20 Jahre zurück, wären Autos mit Hybridantrieb ein guter erster Schritt gewesen, um die Emissionen im Verkehrssektor zu reduzieren. Heute bleibt für diese Brückentechnologie keine Zeit mehr. Der Verkehr ist in Österreich immer noch für fast 30 Prozent der Emissionen verantwortlich. Wenn man es mit dem Ziel Klimaneutralität 2045 also ernst meint, muss sich schnellstmöglich etwas ändern. Und genau hier liegt das Problem.
Denn für viele sind Hybrid-Autos ein guter Kompromiss. Doch er ist faul. Hybrid-Antriebe sind eine Mogelpackung der Hersteller. Sie sollen ihnen helfen, die sogenannten Flottengrenzwertrichtlinien einzuhalten, die in den 27 EU-Mitgliedsstaaten plus Island, Liechtenstein und Norwegen gelten. Demnach hat jeder Autobauer ein bestimmtes Kontingent an CO₂, das seine Fahrzeugflotte pro Jahr höchstens ausstoßen darf. Andernfalls drohen hohe Strafzahlungen.
Wenn in den Herstellerangaben dann dank Hybrid-Antrieb plötzlich nur mehr 2 Liter pro 100 Kilometer fällig sind, ist das für die Erreichung dieser Ziele zuträglich – mit der Realität hat es allerdings nichts zu tun. Denn Verbraucher:innen bekommen mit einem Hybrid-Auto die Probleme aus beiden Welten. Ein Plug-in-Hybrid hat einen Verbrennungsmotor und einen Elektromotor mit Akku verbaut. Letzterer hat jedoch eine sehr geringe Reichweite und muss nach 60 bis 100 Kilometern wieder aufgeladen werden. Sobald der Akku leer ist, wird das Auto nur noch vom Verbrennungsmotor angetrieben. Dann fährt man mit dem teuren, umweltschädlichen fossilen Brennstoff, schleppt aber auch noch einen schweren Akku dabei herum. Der tatsächliche Verbrauch liegt somit laut Frauenhoferinstitut 2 bis 4 Mal höher, als von den Herstellern versprochen.
Und trotzdem wirkt die Werbung: Eben nicht das E-Auto, sondern der Benzin-Hybrid-PKW legte im Jahr 2024 das größte Plus bei den Neuzulassungen hin. Für all jene, die sich noch nicht endgültig festlegen möchten, scheint die Hybridvariante, entgegen der Faktenlage, eine gute Idee zu sein.
Kein Auto ist das beste Auto
Was es für die Zukunft braucht, ist eine echte Mobilitätswende. Jeden Verbrenner-PKW durch ein E-Auto zu ersetzen, wäre nicht zielführend. Denn unabhängig von der Antriebstechnologie braucht es für die Herstellung und den Betrieb jedes Autos endliche Rohstoffe, die wir unserem Planeten abverlangen müssen. Zwar werden bei den Rohstoffen, die für die Elektromobilität nötig sind, laufend Maßnahmen gesetzt, um die aktuell diskutierten, umweltrelevanten und sozialen Auswirkungen des Abbaus zu minimieren. Um das Klima und unseren Planeten nachhaltig zu schützen, braucht es aber einfach weniger Autos auf unseren Straßen.
Das bedeutet natürlich nicht, dass das Auto verboten werden soll. Unsere Welt ist an vielen Orten darauf ausgerichtet – das lässt sich nicht über Nacht ändern. Autos bleiben ein wichtiger Teil unserer Mobilität – in geringerem Ausmaß. Auch weiterhin werden Menschen aus den verschiedensten Gründen auf einen eigenen PKW angewiesen sein. Hier braucht es das E-Auto, weil es unter den Autos zwar auch kein perfektes, aber auf absehbare Zeit das beste Gesamtpaket bietet.
Damit wir auf Autos zunehmend verzichten können und möchten, braucht es jedoch einen Umbau des gesamten Verkehrssystems und eine Anpassung unserer Mobilitätsgewohnheiten: weniger neue Straßen, mehr Radwege, mehr zu-Fuß-gehen und besserer öffentlicher Verkehr.
Das wäre eine Welt, in der auf den Straßen nicht alles voll mit fahrenden und parkenden Autos ist. Ein öffentlicher Raum als Ort der Begegnung, der zum Verweilen einlädt und für alle sicherer ist.
Wir haben uns so sehr an das Auto in unserem Alltag gewöhnt, dass das für uns wie eine Utopie klingt. Doch eine Mobilitätswende ist nicht nur nötig – sondern auch gut möglich.