Schulschließungen: Durch Corona-Maßnahmen verlieren Mütter Milliarden Euro
Die fehlende öffentliche Kinderbetreuung zwingt Mütter zu massiven Einkommensverlusten. Auch Väter verlieren.
Fast 10 Stunden pro Woche weniger arbeiten Frauen in der Corona-Krise, wenn sie Kinder zu Hause haben, die bis zu 14 Jahre alt sind. Das zeigt eine Umfrage von SORA im Auftrag des Momentum Instituts.
Der Grund ist naheliegend: Die Mütter übernehmen sehr häufig die zusätzliche Kinderbetreuung. Hochgerechnet etwa 85% der Arbeitszeitreduktion sind darauf zurückzuführen, so die Analyse.
Durch die Maßnahmen gegen die Pandemie können Schulen, Kindergärten, Horte und Krippe die Betreuung bisher nicht oder nur eingeschränkt leisten. Und vor allem Frauen schließen die Lücken im öffentlichen Angebot.
Mütter verlieren 1,3 Milliarden Euro
Diese Leistung lohnt sich nicht. Im Gegenteil. Die lange bestehenden, gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten führen in der Krise zu noch größeren Einbußen für die betroffenen 253.000 Frauen.
Durchschnittlich 4.400 Euro Einkommen verliert jede Mutter von unter-14-jährigen Kindern allein im Jahr 2020. Zusammengenommen sind das bereits 1,1 Milliarden Euro Verlust. Das ausbleibende Gehalt hat aber auch langfristige Auswirkungen auf die Pension. So steigt der persönliche Verlust auf 5.100 Euro, der gemeinsame auf 1,3 Milliarden Euro.
Das sind 800 Millionen mehr Verluste, als sie Väter erleiden. Auch berufstätige Väter mit so jungen Kindern trifft die Krise natürlich – aber deutlich geringer. Um 2.500 Euro schrumpft ihr persönliches Einkommen, zusammen sind das für die 202.000 betroffenen Väter immerhin auch noch etwa 500 Millionen.
Schere zwischen Müttern und Vätern geht weiter auf
Die Auswirkungen betreffen also mehr Frauen als Männer – und Frauen zudem auch härter. Dadurch geht eine Schere zwischen den Geschlechtern weiter auf, die bereits vor der Krise riesig war. Das Lebenseinkommen von Vätern war im Schnitt um 323.300 Euro höher als das von Müttern. Mit dem Corona-Malus wächst die Lücke auf fast 326.000 Euro.
Das liegt daran, dass Frauen auch dann, wenn gerade keine Pandemie stattfindet, den Großteil der unbezahlten Arbeit verrichten: egal ob in der Kinderbetreuung, Angehörige-Pflege oder im Haushalt. Sie stecken deshalb beruflich viel mehr zurück und werden etwa auch bei Beförderungen eher übergangen. Die Corona-Krise hat die grundlegenden Probleme nicht geschaffen, aber weiter verschärft.
Lösungen dringend gesucht
Die errechneten Auswirkungen der Krise auf die Menschen gelten wohlgemerkt nur für das Jahr 2020. Die Pandemie – und mit ihr die Krisenmaßnahmen – dürfte uns aber wohl darüber hinaus begleiten. Finden Politik und Wirtschaft keine Lösungen, um diese Folgen abzufedern, werden die Zahlen weiter ansteigen.
Bei Schulschließungen im Herbst und Frühjahr ist der Urlaub nun oft schon aufgebraucht. Umso mehr gilt das bei Menschen mit geringeren Einkommen. Die bekommen unter anderem viel seltener die Möglichkeit zum Homeoffice, wo sich Beruf und zusätzliche Kinderbetreuung (zumindest notdürftig und mit viel Mühe) noch etwas eher vereinbaren lassen.
Das Momentum Institut empfiehlt einen Rechtsanspruch auf bezahlte Sonderbetreuungszeiten zu schaffen. Den ArbeitgeberInnen sollten in diesem Fall 90% des Lohns aus der öffentlichen Hand ersetzt werden.