Steuersenkung in Reagans Sinne: Nur für die "Zwei-Drittel-Gesellschaft"

Etwa die Mindestpensionistin: Auf jeden Liter Milch beim Einkauf im Supermarkt zahlt sie die größte aller Verbrauchssteuern – die Mehrwertsteuer – genauso viel wie der Manager mit (oft unverdienter) Millionengage. Weil sie aber ein kleineres Einkommen als er hat, wird sie von der Umsatzsteuer sogar überproportional belastet. Eine Senkung der Umsatzsteuer für sie findet aber nicht statt.
Oder die Teilzeit beschäftigte Frau mit zwei kleinen Kindern, die arbeiten geht, weil das Familieneinkommen nicht ausreicht. Während sie ihre Kinder in den nur halbtags geöffneten Kindergarten am Land fährt, bezahlt sie auf jeden Liter Benzin Mineralölsteuer. Wiederum wird sie – im Verhältnis zu ihrem (niedrigeren) Einkommen – stärker belastet als die vollzeitangestellte Immobilienmaklerin. Eine Senkung für die Teilzeitangestellte findet nicht statt. Die Mineralölsteuer könnte tendenziell sogar steigen – wenn auch aus ökologischen Gründen.
Vom ignorierten Drittel …
Beide – die Mindestpensionistin und die Teilzeitangestellte – stehen stellvertretend für ein Drittel der ÖsterreicherInnen, die im vergangenen Jahr ein Einkommen bezogen haben. In absoluten Zahlen sind das knapp 2,1 Millionen Menschen. Sie alle haben nichts von einer Lohnsteuersenkung. Zwar zahlen sie auch Sozialversicherungsbeiträge sowie alle sonstigen Verbrauchssteuern, aber sie verdienen zu wenig, als dass sie in die erste Steuerstufe der Lohnsteuer fallen würden.
… zur ignorierten Mehrheit
Schlimmer noch sieht es aus, wenn man nicht nur die erste Stufe der Lohnsteuerreform für 2021 betrachtet. Senkungen der zweiten und dritten Stufe bekommen nur mehr Personen, die über 18.000 bzw. 31.000 Euro Jahresgehalt (ohne 13./14. Gehalt) verdienen. Die zweite Stufe schließt fast die Hälfte der EinkommensbezieherInnen aus. Die dritte Stufe ist noch ungerechter. Drei von vier EinkommensbezieherInnen bekommen nichts davon. Da bewegen wir uns eher schon auf die Hälfte- oder gar Viertel-Gesellschaft zu.
Dabei wäre das durchaus auch anders möglich. Will man „Arbeit“ entlasten, könnte man die sogenannte „Negativsteuer“ erhöhen. Von der würden alle gleichmäßig profitieren.