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Klimakrise
Demokratie

Warum unsere Autos alle Erfolge beim Klimaschutz zunichte machen

Warum unsere Autos alle Erfolge beim Klimaschutz zunichte machen
Verkehr verhindert Klimaschutz: Autobahn in Tirol. // Foto: Stephan Seeber/Unsplash
Der Verkehr ist einer der Hauptgründe dafür, dass Österreichs Klimabilanz so schlecht ist. Um fast 75 Prozent mehr CO2 als noch 1990 produzieren wir beim Fahren. Das macht alles zunichte, was an Treibhausgasen in anderen Sektoren eingespart worden ist. Ob beim Pendeln oder der Fahrt in den Urlaub: Der Autoverkehr ist die größte CO2-Schleuder im Verkehr. Doch wer vom Auto in Zug oder Bus umsteigen möchte, kann das oft gar nicht - vor allem am Land.

Österreichs Klimabilanz ist verheerend, und der Verkehr spielt dabei eine besonders unrühmliche Rolle. Eigentlich sollten wir immer weniger klimaschädliche Treibhausgase produzieren. Doch im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern stoßen wir heute mehr CO2 aus als 1990. Laut aktueller Treibhausgasbilanz des Umweltbundesamtes waren es 2019 fast 80 Millionen Tonnen.

Verkehr macht (kleine) Erfolge beim Klimaschutz zunichte

Dabei fällt auf: Von Industrie über die Abfallentsorgung bis zum Heizen, in fast allen Bereichen wird heute weniger CO2 produziert als vor 30 Jahren. Doch was Österreich an klimaschädlichen Treibhausgasen bisher eingespart hat, wird durch einen Bereich komplett zunichte gemacht: den Verkehr (siehe unsere Grafik).

Grafik: Verkehr macht Einsparungen bei Treibhausgasen zunichte.
 

Verkehr: Autos produzieren die meisten Treibhausgase

Um fast 75 Prozent mehr CO2 pro Jahr als noch 1990 blasen wir hierzulande beim Fahren in die Luft – das sind 10,2 Millionen Tonnen mehr als damals und insgesamt 24 Millionen Tonnen. Damit verursacht der Verkehr 30 Prozent aller CO2-Emissionen in Österreich. „Dabei ist der höchste Anteil der Emissionen im Verkehr auf den Straßenverkehr und hier insbesondere auf den PKW-Verkehr zurückzuführen“, schreibt das Umweltbundesamt.

Die meisten von uns wissen, dass die Fahrt mit dem Auto dem Klima mehr schadet, als sich in den Zug zu setzen oder einen Linienbus zu nehmen. Jeder im Auto gefahrene Kilometer schlägt pro Kopf in Österreich mit mehr als 200 Gramm Treibhausgasen zu Buche. In der Bahn sind es nur knapp 13 Gramm pro Kilometer, beim Linienbus knapp 60 Gramm. Das geht aus Daten des Umweltbundesamts hervor (Tabelle als pdf).

Wer auf öffentlichen Verkehr umsteigen will, hat ein Problem

Es führt wohl kein Weg daran vorbei: Wollen wir den Schadstoffausstoß im Verkehr senken, müssen mehr Menschen in Österreich auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen. Doch besonders in ländlichen Regionen heißt es oft: kein Anschluss. Wer klimaschonend zur Arbeit fahren will oder einen Ausflug machen möchte, für den gibt es kaum Alternativen zum Auto: Österreichweit sind 46 Prozent der Gemeinden nur unzureichend an Bus und Bahn angebunden. Das zeigt eine Analyse des Verkehrsclub Österreich (VCÖ).

Trauriger Spitzenreiter ist dabei das Burgenland: In 60 Prozent der Gemeinden fahren nur selten Busse geschweige denn Bahnen. Von den 13 Städten des Burgenlands sind sechs nicht mit dem Zug erreichbar. In den anderen Bundesländern sieht es kaum besser aus: In Niederösterreich, Oberösterreich, der Steiermark und Kärnten sind beinahe die Hälfte der Gemeinden schlecht an öffentliche Verkehrsmittel angebunden. In Salzburg und Tirol sind es rund 40 Prozent. In Vorarlberg ist immerhin „nur“ ein Drittel der Gemeinden unzureichend angebunden (siehe unsere Grafik).

Wie viele Gemeinden haben kaum Öffi-Verbindungen
 

Ein Auto zu besitzen ist am Land „fast unvermeidlich“

Am Land ohne Auto zu leben, sei derzeit „praktisch nicht möglich“, sagte Verkehrsforscherin Astrid Gühnemann von der Wiener Universität für Bodenkultur (BOKU) im Interview mit MOMENT. In einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) zu den Kosten des Autofahrens heißt es: Personen, die Auto fahren, „stehen bei ihren Wegen nicht immer Verkehrsmittelalternativen zur Verfügung, so dass sie nicht frei wählen können“. Und: „Pkw-Besitz ist vielerorts damit wiederum fast unvermeidlich“, schreiben die Autor:innen (Studie als pdf).

Das wirkt sich direkt aus: Je schlechter ein Bundesland an öffentliche Verkehrsmittel angebunden ist, umso mehr Treibhausgase werden im Verkehr ausgestoßen. Das zeigen Zahlen von VCÖ und Umweltbundesamt. Im Ranking der Länder vorne ist hier erneut: das Burgenland. Jede Person, die dort lebt, erzeugt jährlich 3,2 Tonnen CO2 im Verkehr. Im besser an öffentliche Verkehrsmittel angebundenen Vorarlberg sind es knapp 2,5 Tonnen, in Wien 1,8 Tonnen.

Treibhausgase im Verkehr: Österreich mit dritthöchstem Wert in der EU

Österreichweit werden jährlich fast 2,7 Tonnen klimaschädlicher Treibhausgase pro Person im Verkehr erzeugt – das ist der dritthöchste Wert innerhalb der EU. Neben dem auf das Auto fixierten Mobilitätsverhalten der in Österreich lebenden Menschen, hat der sogenannte Tanktourismus einen großen Anteil daran. Denn berechnet wird der Ausstoß des CO2 auch anhand der hierzulande verkauften Spritmenge.

Weil Benzin und Diesel in Österreich wegen vergleichsweise geringer Spritsteuern günstiger sind als in den Nachbarländern, tanken durchfahrende Laster und Autos bevorzugt hier. Viele fahren über die Grenze zu Tankstellen in Österreich und zurück – und erzeugen damit wiederum CO2 bei Fahrten, die eigentlich unnötig sind.

Klimabilanz im Verkehr auch ohne Tanktourismus schlecht

Allein um 2,8 Millionen Tonnen Treibhausgase könnte Österreichs Klimabilanz erleichtert werden, wenn der Tanktourismus abgestellt würde, heißt es in einer Analyse der von der türkis-grünen Regierung geplanten Klimaschutzmaßnahmen des Momentum Instituts (Policy Brief als pdf).

Doch er allein erklärt nicht, warum Österreich im Verkehr so viel CO2 ausstößt. Das Umweltbundesamt hält fest: Selbst ohne den Tanktourismus ist die im Verkehr erzeugte Menge an klimaschädlichen Treibhausgasen seit 1990 um die Hälfte gestiegen. Zeit umzusteigen. Doch vor allem für am Land lebende Menschen in Österreich lautet die Frage: Wohin denn?

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