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Arbeitswelt

Warum wir bei gleichem Lohn weniger arbeiten sollten

42 Stunden pro Woche. So lange arbeiten Vollzeitbeschäftigte in Österreich im Durchschnitt. Damit sind wir in der EU an dritter Stelle bei der Arbeitszeit. Doch eigentlich will die Mehrheit der Österreicher:innen kürzer arbeiten. Dafür gibt es auch einige gute Gründe. Wir haben drei Argumente für eine generelle Arbeitszeitverkürzung.
 

#1 Wir werden immer produktiver und könnten deswegen kürzer arbeiten

Die letzte allgemeine Verkürzung der Arbeitszeit gab es in Österreich 1975. Damals wurde die 40-Stunden-Woche eingeführt, 1985 wurde das in manchen Branchen auf 38,5 Stunden verringert. Seitdem hat sich an unserer Arbeitszeit praktisch nichts verändert. Dabei produzieren wir mit demselben Zeitaufwand immer mehr und sorgen so laufend für einen höheren Lebensstandard.
 

Das war in der Vergangenheit anders. Der wirtschaftliche Aufschwung nach dem Zweiten Weltkrieg sorgte ebenfalls für höhere Produktivität. Gleichzeitig ging die generelle Arbeitszeit aber stark zurück. Die Argumente dagegen klangen damals eigentlich gleich wie heute: Unternehmen werden Österreich verlassen, eine Kürzung ist viel zu teuer und der Zeitpunkt ist nicht der richtige. Bewahrheitet haben sie sich allerdings nicht.
 

#2 Kürzere Arbeitszeit macht glücklicher und gesünder

Wer länger arbeitet, ist auch häufiger krank. Lange Arbeitszeiten erhöhen die Wahrscheinlichkeit für Arbeitsunfälle um ein Vielfaches. Speziell für Frauen steigt außerdem das Risiko, später an einer chronischen Krankheit zu leiden, stark an. Und wer zu kurze Ruhezeiten hat, leidet häufiger unter Rückenschmerzen, Schlafstörungen und emotionaler Erschöpfung. 

Die bisherigen Versuche mit einer Verkürzung der Arbeitszeit weltweit zeigen: Die Teilnehmer:innen waren im Vergleich zu vorher weniger gestresst und hatten ein geringeres Burn-Out-Risiko. Sie fühlten sich gesünder und waren glücklicher. Denn wer kürzer arbeitet, hat auch mehr Zeit für Familie und Hobbys. Gleichzeitig sinkt die Produktivität nicht, wie oft befürchtet wird. Das liegt daran, dass Menschen nur über einen begrenzten Zeitraum produktiv arbeiten können.

Von einer kürzeren Arbeitszeit profitieren aber nicht nur die Mitarbeiter:innen. Unternehmen haben dadurch motivierte Mitarbeiter:innen, die seltener krank sind. Und solange die kürzere Arbeitszeit nicht verpflichtend ist, haben Unternehmen, die sie trotzdem verkürzen, einen Vorteil am Arbeitsmarkt: “Die besten Leute, um die sich jeder reißt, die kommen jetzt zu uns”, sagt der Geschäftsführer einer oberösterreichischen Firma, die auf eine 30-Stunden-Woche umgestellt hat, im Gespräch mit MOMENT.

#3 Frauen profitieren besonders von einer Arbeitszeitverkürzung

 

Sich um Kinder kümmern, Angehörige pflegen, den Haushalt erledigen: Es sind vor allem Frauen, die diese unbezahlte Arbeit leisten. Sie arbeiten deswegen viel häufiger in Teilzeit als Männer. Dadurch verdienen sie weniger und sind oft ökonomisch von ihren Partnern abhängig. Und ihre Pension ist auch deswegen um fast 40 Prozent niedriger als die von Männern.

Würde man bei gleichen Löhnen die generelle Arbeitszeit senken, könnten Frauen häufiger in Vollzeit arbeiten oder wären zumindest weniger weit davon entfernt. Das würde bedeuten, dass sie automatisch mehr Geld verdienen. Und weil Männer ebenfalls kürzer arbeiten würden, hätten sie mehr Zeit für unbezahlte Arbeit. Das würde eine gerechtere Aufteilung zumindest einfacher ermöglichen und den Gender Pay Gap kleiner machen.

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