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Arbeitswelt

Was ist eine Jobgarantie?

Kann man Menschen das Recht auf eine Arbeit sicher versprechen? Das ist die Idee hinter einer Jobgarantie. Was das ist, und was es braucht, damit die Idee gut ist, erklärt Top-Wirtschaftswissenschafter Max Kasy ganz einfach.

In unserer Wirtschaft sind viele Leute arbeitslos, manchmal für Monate oder Jahre. Das kann ziemlich schlimm sein. Weil man nichts verdient, weil man keine Leute trifft und keinen Tagesrhythmus hat. Weil man vielleicht nichts Sinnvolles zu tun hat. Weil andere Leute manchmal auf einen herabschauen. Muss das so sein? Warum sollen nicht alle, die einen Job wollen, auch einen bekommen?

Das ist die Idee einer Jobgarantie, die in letzter Zeit oft diskutiert wird: Alle, die einen Job wollen, sollen auch einen bekommen – vom Staat garantiert. In den USA, aber auch ein Europa, kursieren viele Vorschläge für so eine Jobgarantie. Die Hoffnung ist, dass so eine Garantie ein Sicherungsnetz für alle schafft und die Wirtschaft stabilisiert, weil auch in einer Rezession alle weiter einen Job bekommen können. Und wenn sie einen Job haben, haben sie auch Geld, das sie ausgeben können. 

Die Hoffnung ist auch, dass so ein Programm sehr beliebt sein kann, und die Jobs sinnvolle Dinge ermöglichen – vom Umbau unserer Wirtschaft im Kampf gegen die Klimakrise bis zur Betreuung unserer Alten.  

Es gibt problematische Vorläufer der Jobgarantie

Das klingt ja erstmal sehr verlockend, und es spricht auch viel für so einen Vorschlag. Aber wir müssen aufpassen, was genau mit einer Jobgarantie gemeint ist. So was Ähnliches wie eine Jobgarantie hat es schon öfter gegeben, und das war nicht gerade schön. Die Idee, dass „faule Hände nichts essen“ sollen, hat schon viel Schaden angerichtet.

In England wurden in früheren Jahrhunderten Arbeitslose und Obdachlose in Arbeitshäuser geschickt. Diese Arbeitshäuser waren wie Gefängnisse organisiert, und sollten die Armen zu unterwürfigen IndustriearbeiterInnen erziehen. Im 20. Jahrhundert haben viele Diktaturen missliebige Bevölkerungsgruppen in Zwangsarbeitslager geschickt. 

Aber so weit zurück muss man nicht blicken. Von den USA und Großbritannien bis Deutschland und Frankreich verwenden seit den 1980ern verschiedene PolitikerInnen das Sprichwort von “Welfare to Workfare”. Die Idee ist, den Wohlfahrtsstaat (“Welfare”) durch “Aktivierung” für den Arbeitsmarkt (“Workfare”) zu ersetzen. Statt Arbeitslosenversicherung und Pensionen und staatlichen Leistungen sollen Druck durch das Arbeitsmarktservice und Zuschüsse zu schlecht bezahlten Jobs dazu führen, dass alle einen bezahlten Job haben.

Jobgarantie mit den richtigen Bedingungen

Eine Jobgarantie ist nicht ganz dasselbe wie “Welfare to Workfare”. Wir müssen aber genau schauen, was mit einer Jobgarantie gemeint ist. Das „Kleingedruckte“ ist entscheidend.

Drei Elemente sind bei einer guten Jobgarantie sehr wichtig. 

  1. Eine Jobgarantie muss freiwillig sein. Niemand soll eine Absicherung verlieren, weil sie oder er einen garantierten Job nicht annimmt – sonst macht die Garantie den Leuten das Leben nur schwieriger. 
  2. Die garantierten Jobs müssen angemessen bezahlt werden. Wenn die Bezahlung weniger ist als bei anderen ähnlichen Jobs, führt sie sonst nur dazu, dass die Löhne weiter nach unten gedrückt werden. 
  3. Die Jobs müssen sinnvoll sein – sowohl für das Selbstbewusstsein der Betroffenen, als auch für die breitere Gesellschaft.

Unter diesen Bedingungen kann eine Jobgarantie sehr sinnvoll sein, und Betroffenen eine wirtschaftliche Absicherung, sinnvolle Betätigung, und sozialen Anschluss ermöglichen. Sie sollte aber nie das sonstige Sicherungsnetz ersetzen. Ein Grundeinkommen ist etwa auch dann sinnvoll, wenn es eine Jobgarantie gibt. Als Absicherung für alle ermöglicht sie es, “Nein” zu sagen. 

Unser Projekt in Gramatneusiedl

In Gramatneusiedl in Niederösterreich wird gerade eine Jobgarantie ausprobiert. Dort bekommen alle, die länger als 12 Monate arbeitslos sind, die Möglichkeit, einen garantierten Job anzunehmen. Die Teilnahme ist freiwillig, die Jobs werden entsprechend üblichen Löhnen (Kollektivvertrag) bezahlt, und die TeilnehmerInnen können selber ihren Job mitentwickeln, damit der auch sinnvoll ist.

Einige andere ForscherInnen und ich sind dabei, dieses Programm zu untersuchen. Wir werden TeilnehmerInnen die früher und später drankommen miteinander vergleichen, und werden auch vergleichen was in Gramatneusiedl passiert damit was in anderen ähnlichen Orten in Niederösterreich passiert. Wir sind schon gespannt was dabei herauskommt!

Mehr zum Projekt in Gramatneusidl:

 
Cover zur Rubrik "Erklärs mir doch ganz einfach" mit Max Kasy zeigt ein Foto von Max Kasy auf grünem Hintergrund

Der österreichische Top-Wirtschaftsprofessor Max Kasy erklärt normalerweise StudentInnen in Oxford und Harvard die Wirtschaft. MOMENT fordert ihn in der neuen Serie „Erklärs mir doch ganz einfach“ heraus, komplizierte Konzepte und Begriffe in verständliche Sprache zu übersetzen.

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