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Kapitalismus

Konzerne stützen, die Steuern verweigern? Was als Steuersumpf gilt, macht einen riesigen Unterschied

Österreichs größte Bördenunternehmen haben entweder nur eine oder gleich 173 Firmen in Steuersümpfen.

Sollen Firmen, die ihre Gewinne in Steuersümpfen vor dem österreichischen Staat verstecken, in der Krise trotzdem mit Staatshilfen unterstützt werden? „Nein“, sagt die österreichische Regierung dazu. Zumindest wird das öffentlich behauptet. Das Problem: Das dazu passende Gesetz, das die Grünen in der Koalition mit der ÖVP vereinbaren konnten, trifft Steuerverweigerer-Konzerne in Wirklichkeit so gut wie gar nicht.

Die Grundlage des Gesetzes ist die Schwarze Liste der Europäischen Union. Darauf stehen Länder, die im Kampf gegen Steuerkriminalität und -verweigerung besonders schlecht mit der EU zusammenarbeiten. Es sind allesamt Nicht-EU-Staaten, weil die EU sich nicht gegen eigene Mitgliedsstaaten wendet.

Das ÖVP-geführte Finanzministerium war in die Entwicklung des Gesetzes eingebunden. Ein Sprecher sagte gegenüber MOMENT zum ursprünglichen Antrag: „Die Anknüpfung an die europäische Definition ist sinnvoll, da diese allgemein anerkannt ist.“ 

Was das Finanzministerium aber auch wissen muss: so gut wie keines der Geschäftsmodelle, mit denen Unternehmen ihre Beiträge zum österreichischen Gemeinwesen schmälern, ist mit dieser Liste erfasst. Wie viele Unternehmen nun vom neuen Gesetz betroffen sein könnten, behauptete man im Ministerium zum Zeitpunkt des parlamentarischen Entschließungsantrags nicht abschätzen können.

Das ist die Liste der 12 Steuersümpfe auf der Schwarzen Liste der EU:

Durch Steuerverweigerung von multinationalen Konzernen entgehen dem österreichischen Gemeinwesen jährlich geschätzte 1,3 Milliarden Euro. Der Großteil der Gewinne wird dazu aber innerhalb Europas verschoben. Wer sich nun an der EU-Liste orientiert, weiß deshalb, dass er diese Vorgänge nicht verhindert. Eine Niederlassung in Malta, wie zum Beispiel die hier von uns beschriebene Konstruktion des Möbelriesen XXXLutz, ist vom Gesetzesentwurf zum Beispiel nicht betroffen. 

Ausmaß viel größer

Das MOMENTUM Institut hat sich angeschaut, welchen Unterschied es macht, was man als Steuersumpf zählt. Geht man nach dieser EU-Liste, haben sogar die 20 größten, österreichischen Börsenkonzerne (die im ATX gehandelt werden) insgesamt nur eine einzige Beteiligung an einem Unternehmen in einem Steuersumpf.

Nimmt man andere, weniger handzahme Listen als Grundlage, ändert sich das Bild radikal. In den schlechtesten Ländern im Steuersumpf-Ranking der Organisation „Tax Justice Network“ hätten die ATX-Konzerne zum Beispiel 173 Beteiligungen. Auch wenn man sich stattdessen die 39 Steuersümpfe einer Liste der Anti-Armuts-Organisation Oxfam ansieht, halten ATX-Unternehmen insgesamt 173 Beteiligungen. Die Zahl ist nur zufällig dieselbe, im Einzelnen unterscheiden sie sich deutlich.

Es ist bemerkenswert, dass nicht alle ATX-Unternehmen gleichermaßen an solchen Konstruktionen beteiligt sind. Während manche Konzerne tatsächlich gemäß allen drei Listen gar keine Beteiligungen an Steuersumpf-Töchtern halten (Verbund, AT&S, FACC, S IMMO, und in zwei Rankings auch die Post), liegt der Rekordwert der Firma Immofinanz sogar bei 44 Beteiligungen.

 

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