Wer ist Thomas Hitzlsperger? Deutscher Fußball-Meister und Pionier für schwule Fußballer
Der Fußball hat eine schwierige Geschichte mit Homophobie und LGBTQIA-Fußballer haben es immer noch schwer. Thomas Hitzlsperger ist einer der ersten Fußballer, der ein Coming-out als homosexuell hatte.
Der Juni ist Pride Month. Wir stellen deshalb bemerkenswerte LGBTQIA-Persönlichkeiten aus aller Welt vor. Und weil in dieser Woche auch die Fußball-Europameisterschaft beginnt, verbinden wir die beiden Anlässe. Heute geht es um Thomas Hitzlsperger. Er war der erste prominente, männliche deutsche Fußballer, der offen und öffentlich über seine Homosexualität gesprochen hat. Weitere wichtige Personen der Community findest du hier.
Hitzlsperger ist heute Vorstand beim Klub VfB-Stuttgart. Als Spieler spielte in den Top-Ligen in Deutschland, England und Italien. Er wurde mit Stuttgart deutscher Meister, wurde 52 mal in der deutschen Nationalmannschaft eingesetzt, war dabei auch ihr Kapitän und erreichte Platz 3 bei der Weltmeisterschaft 2006 und Platz 2 bei der Europameisterschaft 2008.
Thomas Hitzlspergers Coming-out nach der Karriere
Sein Coming-out in der Öffentlichkeit hatte er allerdings erst nach seiner Karriere als aktiver Fußballer bei einem Interview 2014 in der Zeit. Den beteiligten Journalist:innen vertraute er das bereits über zwei Jahre davor an. Sie rieten ihm, zu warten.
Wie mutig und wichtig der Schritt von Hitzlsperger war, zeigt sich daran, dass es auch 7 Jahre später noch keinen aktiven Profi in Deutschland gibt, der offen homosexuell ist. Auch wenn das prominente deutsche Fußball-Magazin 11Freunde im Februar über 800 deutsche Fußballer:innen für eine Aktion vereinen konnte, die möglicherweise homosexuellen Teamkolleg:innen versprachen: „Ihr könnt auf uns zählen!„
Foto: Stefan Baudy/CC BY-SA 2.0
Homosexualität im Fußball: Eine schwierige Geschichte
Hitzlsperger war aber nicht der erste Fußballer überhaupt, der sein Coming-out hatte. Für männliche Fußballer ist es aber sehr ungewöhnlich, ihre Homosexualität offen leben zu können. Ein Coming-out ist riskant. Nicht unwesentliche Teile des Fußballgeschäfts und der den Sport umgebenden Kultur gelten – wie große Teile der Gesellschaft – als homophob.
Während es eine zunehmende Anzahl an Fangruppen gibt, die bewusst für Toleranz und gegen Diskriminierung eintreten, sind auch schwulenfeindliche Sprechchöre noch immer ständiger Begleiter am Fußballplatz und im Stadion. Dementsprechend selten wagt dann ein homosexueller Mann im Fußball den Schritt an die Öffentlichkeit. 2011 sorgte der schwedische Amateur Anton Hysen immer noch für internationales Medieninteresse, weil er sich als homosexuell outete. 2013 beendete der in England spielende US-amerikanische Fußballer Robbie Rogers mit seinem Coming-out seine Karriere, spielte später aber wieder aktiv als Profi in den USA.
Als der erste bekanntermaßen homosexuelle Profi gilt der Engländer Justin Fashanu. Der in jungen Jahren erfolgreiche Fußballer erklärte 1990 noch während seiner Karriere in der Presse, schwul zu sein. Seine Erfahrung gilt als abschreckendes Beispiel und seine Geschichte war kompliziert und endete schrecklich.
Fashanu wurde von seinen Trainern beschimpft, die schon Jahre vor seinem Coming-out von seiner Homosexualität erfuhren. Nach dem Coming-out wurde er auch durch seine Familie geächtet und mit Skandalgeschichten durch die Öffentlichkeit gezogen. Er verließ deshalb England in die USA. Jahre später erhob dort ein 17-jähriger Vorwürfe gegen Fashanu, er habe ihn im betrunkenen Zustand vergewaltigt. Fashanu floh nach medialer Vorverurteilung zurück nach England, wo er untertauchte und Suizid beging. Er bestritt die Tat noch in seinem Abschiedsbrief. Der Schwarze Mann schrieb aber darin auch, er befürchte, dass er in den USA als homosexueller Mann keinen fairen Prozess bekomme.
Coming-outs sorgen immer noch für Medieninteresse
In Österreich gibt es bisher keinen offen homosexuellen Profi-Fußballer. Der Steirer Oliver Egger hat den Schritt als Erster und bisher einziger Kicker gewagt. Er spielt beim FC Gratkorn als Amateur und leitet unterstützt vom Österreichischen Fußball Bund (ÖFB) die Ombudsstelle „Fußball für Alle“ gegen sexuelle Diskriminierung.
Im Frauen-Fußball ist der Umgang etwas normaler. Auch prominente Spielerinnen können da eher zu ihrer Identität stehen. In Österreich hatte etwa Viktoria Schnaderbeck als erste ein Coming-out als lesbische Frau. Sie erreichte mit dem Nationalteam den sensationellen dritten Platz bei der EM 2017.