Wie rechtsextreme Terroristen sich darstellen wollen, und wie Medien nicht mitspielen können
Seit dieser Woche wird der Prozess gegen den Terroristen von Halle verhandelt.
Neben der unmittelbaren Tat ist RechtsterroristInnen vor allem die Inszenierung ihrer selbst wichtig. Auch der Attentäter von Halle spricht davon, dass die Übertragung genauso wichtig war, wie die Tat selbst. Dementsprechend war er mit einer Kamera ausgerüstet und lieferte einen Livestream auf Facebook.
Das ist kein neues Muster, die rechtsextremen Terroranschläge der letzten Jahre gleichen einander in vielerlei Hinsicht. Nicht nur ideologisch, sondern auch in der Ausführung. Dazu gehört ein Manifest, das Ankündigen bzw. Andeuten der Tat in den sozialen Netzwerken und eben die Liveübertragung. Dazu gehört auch, dass der Prozess als weitere Möglichkeit der Selbstinszenierung genutzt wird. Ziel ist es ein bleibendes Bild und einen bleibenden Spruch zu hinterlassen. Diese dienen wiederum den nächsten potenziellen TerroristInnen als Vorbild und zirkulieren als Bilder, die leicht in den sozialen Medien geteilt werden sollen.
Spiel nicht mitspielen
Wie können seriöse Medien mit dieser Situation umgehen? Wie kann man über den Prozess berichten ohne unfreiwillig in die Selbsinszenierungsfalle der Rechtsextremen zu tappen? Wie wird man nicht Mittel zum Zweck rechtsextremer Propaganda?
Erstens ist es wichtig den RechtsterroristInnen nicht (unfreiwillig) zum Helden zu machen. Er möchte Ruhm und den bekommt er vor allem über sein Bild und seinen Namen. Beides kann und darf ihm medial verweigert werden.
Die neuseeländische Premier Ministerin Jacinda Ardern hat hier mit dem Terroristen von Christchurch ein nachahmenswertes Beispiel gesetzt. Sie hat bewusst verweigert ihn zu nennen und gemahnt, dass andere ihrem Beispiel folgen. Der Name ist zum Verständnis der Tat unerheblich. Auch das unverpixelte Bild ist nicht relevant zum Verständnis der Tat.
Zusammenhänge erklären
Zweitens ist es wichtig, nicht nur sensationsheischend über die Tat zu berichten, sondern Zusammenhänge zu erklären. Die Tat von Halle ist weder isoliert, noch ein extremer Einzelfall. Vielmehr bestehen hier ideologische Zusammenhänge zu anderen Terroranschlägen, rechtsextremen Gruppen und sogar in breitere Diskurse. Ideologie und Strategie muss präzise beschrieben und eingeordnet werden.
Drittens ist es wichtig den Fokus immer wieder auch auf die Opfer zu legen. Das sind in erster Linie die Todesopfer und ihre Familien und FreundInnen. Das sind aber auch jene Menschen, die bedroht wurden und Todesangst hatten. Das sind auch jene Menschen, die ZeugInnen der Tat wurden und traumatisiert sind. Wie gehen Medien und wie geht eine Gesellschaft mit den Opfern rechtsextremer Gewalt um? Bekommen sie eine Stimme und werden dadurch zu aktiven AkteurInnen oder nicht?
Die Todesopfer von Halle heißen übrigens Jana und Kevin. Mit heutigem Stand geht die Antonio Amadeu Stiftung von mindestens 208 Todesopfern rechtsextremer Gewalt in Deutschland seit der Wiedervereinigung aus, wenngleich die Dunkelziffer viel höher sein dürfte. Das älteste Opfer war 85 Jahre alt, das jüngste Opfer war noch nicht einmal geboren.