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Fortschritt
Klimakrise

Was können Windräder und warum stehen sie manchmal still?

Windrad-Ausbau in Österreich. Tauernwindpark in der Steiermark
Tauernwindpark in der Steiermark. Der Ausbau von Windrädern in Österreich geht bisher nur schleppend voran.

Österreich will ab 2030 nur noch Strom aus erneuerbaren Energien produzieren, etwa aus Windkraft. Dafür braucht es neue Windräder. Der Ausbau läuft schleppend. Warum das so ist und was Windkraftanlagen können.

Mehr Windräder braucht das Land. Bis 2030 will Österreich nur noch Strom aus erneuerbaren Energien produzieren. Doch der Ausbau läuft schleppend. Etwa bei den Windrädern. Im Westen Österreichs stehen exakt 0 Windkraftanlagen. Was Windräder können und warum sie manchmal stillstehen, erklären wir hier.

Warum stehen Windräder manchmal still?

Es erscheint widersinnig: An manchen Tagen stehen Windkraftanlagen still, obwohl ausreichend Wind weht oder es sogar stark bläst. Dafür kann es mehrere Gründe geben. Bei Sturmstärke müssen Rotorblätter aus dem Wind genommen werden, da sonst die Mechanik der Anlage beschädigt werden kann. Ist ein Windrad beschädigt oder muss gewartet werden, drehen sich die Rotoren auch nicht. Im Winter ist Eisschlag gefährlich: Drehen sich vereiste Rotorblätter, können sie Stücke von Eis abwerfen. Um Menschen und Tiere zu schützen, werden Windräder abgeschaltet.

Ein anderes Phänomen: Ein Windrad kann sich bei wechselnder Windrichtung nur etwa dreimal um die eigene Achse drehen. Sonst verheddern sich die Kabel im Inneren. „Dann muss ich die Anlage abschalten und wieder zurückdrehen“, sagt Alexander Hochauer. Er leitet das Unternehmen Windkraft Simonsfeld in Niederösterreich. „Und dann kann es auch sein, dass die Betreiber die Anlage abschalten.“ Manchmal komme es vor, dass das Stromnetz überlastet ist, weil gerade zu viel Strom eingespeist wird. „Dann muss runtergeregelt werden und die eine oder andere Anlage stehen“, sagt Hochauer. Um das zu vermeiden, müsste die Kapazität der Netze ausgebaut werden. „Die sind überhaupt nicht ausreichend. Das ist eines der grundlegenden Probleme derzeit“, sagt Hochauer.

Können Windräder und andere erneuerbare Energien unseren Strombedarf decken?

Es ist klar: „Weht kein Wind, produzieren Windräder keinen Strom“, sagt Alexander Hochauer. „Genauso ist es bei Photovoltaik-Anlagen, wenn die Sonne nicht scheint.“ Dann müssen andere Kraftwerke einspringen oder Strom aus dem Ausland eingekauft werden. Der stammt in Österreich dank günstiger Geografie oft aus Wasserkraft, anderswo häufig aus dreckiger Kohle und Gas oder Atomkraftwerken. „In der Praxis muss es immer eine Möglichkeit geben, Strom zu erzeugen, wenn Windanlagen nicht laufen können“, sagt Hochauer. Aber: Je mehr Erneuerbaren-Anlagen stehen, desto seltener müssen fossile Kraftwerke einspringen. „Die Kapazität für Strom aus erneuerbarer Energie ist bei weitem nicht ausgeschöpft“, sagt Hochauer.

Wie lässt sich Windenergie speichern?

Drehen Windräder besonders stark und produzieren so mehr Strom, als gerade benötigt wird, sind Pumpspeicherkraftwerke eine Lösung. Ihr Prinzip: Der überschüssige Strom wird genutzt, um Wasser in einen Stausee hinauf zu pumpen. Braucht es wieder mehr Strom im Netz und können Windräder oder andere erneuerbare Energien den nicht decken, wird das Wasser abgelassen. Turbinen erzeugen daraus Strom wie in einem gewöhnlichen Wasserkraftwerk. Batteriespeicher und Strom aus grünem Wasserstoff können in Zukunft eine große Rolle spielen, überschüssigen Strom aufzunehmen und in Zeiten der Flaute ins Netz zu speisen.

Wie viel Strom erzeugen Windräder?

Ein einzelnes modernes Windrad mit 5 Megawatt Leistung produziert jährlich Strom für rund 3.700 Haushalte in Österreich. Der Anteil der Windenergie am Strommix in Österreich betrug im Jahr 2020 laut der Regulierungsbehörde e-Control etwas mehr als 11 Prozent. Laut Branche stehen heute in Österreich 1.307 Windräder. Mehr als die Hälfte davon rotieren in Niederösterreich.

Warum steht im Westen Österreichs kein Windrad?

Mit Ende 2021 standen in Niederösterreich 735 Windräder, im Burgenland 427. Dagegen gibt es kein einziges Windrad in den drei westlichen Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Liegt das nur an der Landschaft? „Natürlich, in Tälern können sie Windräder nicht so effektiv betreiben wie auf Ebenen“, sagt Hochauer. Dennoch gebe es auch in Salzburg, Tirol oder Kärnten, wo derzeit auch nur zwei Windräder stehen, gute Standorte, um Wind zu ernten. „Das Hauptargument der Gegner von Windkraftanlagen ist das Landschaftsbild“, sagt Hochauer. Wenn die Energiewende gelingen soll und bis 2030 Strom zu 100 Prozent aus Erneuerbaren kommen soll, „darf das aber kein Kriterium mehr sein“. Dazu kommt: Ein Windrad kann man schön finden oder nicht. Aber die Folgen der Klimakrise mit Dürren und Unwettern zerstören die Landschaft nachhaltig.

Wie lange dauert es, ein Windrad zu errichten und was kostet das?

Um die Energiewende zu schaffen, müssten jährlich 100 bis 150 neue Windräder gebaut werden. „Ein Windrad kostet 7 bis 8 Millionen Euro“, sagt Alexander Hochauer, „das ist also sehr kapitalintensiv“. Doch der Ausbau verläuft aus anderen Gründen schleppend: Genehmigungsverfahren für den Bau der Anlagen dauern aus Betreibersicht sehr lange. „Viele unserer Projekte, die wir vor zehn Jahren begonnen haben, sind noch immer nicht abgeschlossen“, sagt Hochauer.

Ein Problem dabei: Über die Dauer der Verfahren entwickelt sich die Technologie weiter. Will man dann ein modernes Windrad am ausgewählten Standort bauen, „braucht es wieder ein neues Verfahren“, sagt Hochauer. Und das heißt: alles wieder auf Anfang. „Das ist untragbar“, sagt er. Laut ihm sei es möglich, innerhalb von zwei Jahren ein Windrad zu bauen. Warum die Verfahren noch so lange dauern? Es gibt einen gewissen Personalmangel bei beteiligten Behörden. Bei zahlreichen Projekten liegen lange Verfahren aber auch daran, dass den Behörden nicht alle Unterlagen geliefert werden oder die Öffentlichkeit zu spät eingebunden wird.

Was leisten moderne Windräder?

Wer einen Blick auf Österreichs Windkraft-Landkarte wirft, sieht schnell: Windräder, die zu Beginn des Jahrtausends gebaut worden sind, leisten deutlich weniger als moderne Anlagen. Damals waren 500 kW Leistung stark, heute kann ein einzelnes an Land gebautes Windrad bis zu 5 MW leisten. Allein in den vergangenen zehn Jahren „hat sich die Leistung der Windräder vervierfacht“, sagt Alexander Hochauer.

So können Windräder immer höher gebaut werden, ohne dass die Statik leidet. Eine Regel dabei laute: „Mit jedem Meter Höhe steigt die produzierte Menge Strom um ein Prozent.“ Auch die Rotorblätter werden immer länger. Die Anlagen wandeln den Wind immer effizienter in Strom um. Was alte wie neue Windräder gemeinsam haben, sind drei Rotorblätter. „Das ist aus wissenschaftlicher und mathematischer Sicht einfach die beste Form“, sagt Hochauer. Mit drei Blättern liefen die Räder am ruhigsten und ernteten am effektivsten den Wind.

Wie schädlich sind Windräder für die Umwelt?

Windräder sind für Klima und Umwelt natürlich verglichen mit fossilen Energieträgern sehr gut. Aber wie alle Energieformen sind sie nicht ganz ohne Probleme. Nach rund 20 Jahren hat ein Windrad ausgedient und muss erneuert werden. Sehr viele Windräder kommen inzwischen an das Ende ihres Lebenszyklus. Die Rotorblätter von Windrädern sind aus Verbundwerkstoffen gefertigt, die sich nur schwer bis gar nicht recyclen lassen. „Das gibt es derzeit noch nicht in ausreichendem Maße“, sagt Hochauer. Bisher wurden ausgediente Rotoren vor allem „thermisch verwertet“, also verbrannt.

Aber: „Es gibt bereits Recycling-Anlagen, die die Rotorblätter vollständig verwerten können“, sagt Hochauer. Und es gibt vielversprechende Ansätze, die Rotoren wiederzuverwenden, etwa um damit Brücken zu verstärken. Windräder, die noch funktionsfähig sind, werden abgebaut, verkauft und an anderer Stelle weiterverwendet. Damit könne „die Lebensdauer maximal ausgenutzt werden“, erläutert Hochauer.

Betonfundamente können ausgebrochen und beim Bau von Wegen verwendet werden. „Man muss die Materialien aber dort wiederverwenden, wo es Sinn macht”, appelliert Windkraft-Unternehmer Alexander Hochauer. „Sonst muss man sich den Vorwurf gefallen lassen, hier nur sein Gewissen beruhigen zu wollen.“

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