Hilfe für Firmen in der Corona-Krise: "Da fühle ich mich verhöhnt!"
Dem Catering-Unternehmer Andreas Fuith bricht wegen des Coronavirus gerade das gesamte Geschäft weg. Er will jetzt keine MitarbeiterInnen entlassen. Von Politik und Wirtschaftskammer fühlt er sich im Stich gelassen. Unterstützt würden am Ende nur die Großen.
Die Coronavirus-Epidemie trifft uns alle, viele bedroht sie in ihrer Existenz. Dem Catering-Unternehmer Andreas Fuith bricht gerade das gesamte Geschäft weg. Er will die Krise durchstehen, ohne MitarbeiterInnen entlassen zu müssen. Von Politik und Wirtschaftskammer fühlt sich der Firmenchef im Stich gelassen. Er fürchtet, dass am Ende nur die großen Firmen unterstützt werden.
Knall in der Gastronomiebranche. Noch ist nicht einmal absehbar, wie sehr sich die Corona-Epidemie auf die österreichische Wirtschaft auswirkt. Das Catering-Unternehmen DO&CO hat aber schon einmal „Hunderte“ MitarbeiterInnen zur Entlassung angemeldet. Die Gewerkschaft spricht davon, dass mehr als 1.000 Angestellte freigesetzt werden sollen. Eine bezeichnende Aussage kam am Freitag von DO&CO-Chef Attila Dogudan: Wie viele MitarbeiterInnen nun tatsächlich betroffen sind, könne er im Moment gar nicht sagen.
MOMENT: Der Branchenriese DO&CO entlässt schon jetzt MitarbeiterInnen. Was halten Sie von diesem Schritt?
Andreas Fuith: So einen Umgang mit Mitarbeitern verurteile ich und lehne ich ab! Ich finde, als Unternehmer liegt es in meiner Verantwortung gemeinsam einen Weg durch diese Krise zu finden. Die andere Variante ist, dass ein Unternehmer sagt: Ihr seid mir alle egal. Schleicht’s euch, ich schmeiß euch jetzt raus. Das ist die DO&CO-Variante. Ich habe 28 Mitarbeiter. Die haben Kinder, die haben Existenzen. Und denen möchte ich auch in zwei Monaten noch ins Gesicht schauen können.
MOMENT: Sie betreiben das Catering-Unternehmen Festwirte. Wie schlimm ist die Situation für Ihr Unternehmen?
Fuith: Wir erleben eine Flut an Stornierungen, das Geschäft ist um 90 Prozent eingebrochen. Eine kleine Veranstaltung haben wir jetzt noch, ansonsten wäre es schon komplett gekracht. Der März wäre eigentlich ein starker Monat. Aber in wenigen Tagen sind uns jetzt 100.000 Euro weggebrochen, bei einem Jahresumsatz von zwei Millionen. Das gefährdet das Unternehmen.
MOMENT: Was tun Sie, damit Sie jetzt keine ihrer MitarbeiterInnen entlassen müssen?
Fuith: Kurzarbeit ist eine Möglichkeit, da könnten wir bei den Mitarbeitern bis auf maximal zehn Prozent der Arbeitsleistung herunterfahren, die Differenz übernimmt das Arbeitsmarktservice. Ich habe mit Gewerkschaft und AMS deswegen gesprochen. Das braucht aber einen Vorlauf von 6 Wochen. Das ist viel zu lange. Es soll aber am nächsten Dienstag etwas kommen, damit wir schneller auf Kurzarbeit zugreifen können. Wir müssen die Firma jetzt mindestens anderthalb Monate durch dieses schwierige Fahrwasser bringen – und zwar möglichst, ohne die Mitarbeiter freizusetzen.
MOMENT: Wie halten Sie mit bei einem Einbruch von 90 Prozent Ihren Betrieb aufrecht?
Fuith: Zuerst einmal klassisch: Wie bauen Überstunden und Urlaub ab. Und dann hoffen wir, dass es möglich sein wird, in Kurzarbeit zu gehen. Wenn’s ganz blöd läuft, muss ich aber doch vorsorglich Mitarbeiter beim Frühwarnsystem des AMS anmelden. Auch wenn ich selbst nicht annehme, dass ich wirklich jemanden entlassen muss. Aber dann muss ich auch schauen, dass meine Leute versorgt sind. Da ist Vertrauen da. Sie wissen, dass ich ihnen in den Bereichen helfen kann, wo ich mich auskenne und Kontakte habe.
MOMENT: Muss der Staat jetzt eingreifen, um Sie und vergleichbare Firmen und deren Arbeitsplätze zu retten?
Fuith: SPÖ und NEOS haben gefordert, jetzt die Zahlungen ans Finanzamt und die Beiträge für die Sozialversicherung auszusetzen. Aussetzen allein bringt uns aber nichts. Denn zahlen müssen wir Sie ja trotzdem.
MOMENT: Was tut die Wirtschaftskammer für kleinere Unternehmen wie Sie?
Fuith: Heute kam ein Mail der Kammer. Darin hieß es sozusagen „gute Nachrichten“. Wir sollen einen Antrag stellen auf Herabsetzung oder Stundung von SVA; und sie würden es wahrscheinlich schaffen, die Zahlung der Verzugszinsen darauf bis zum Jahresende auszusetzen. Da fühle ich mich verhöhnt, wenn ich so ein Mail bekomme. Das Austria Wirtschaftsservice hat Garantien von 10 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Hier wird nur auf die schon bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten verwiesen – kein Wort von Lösungsvorschlägen.
MOMENT: Fühlen Sie sich im Stich gelassen?
Fuith: Wir kleine und mittlere Unternehmen (KMU) erinnern uns noch immer gut an die Finanzkrise 2009. Die großen Firmen haben reihenweise Veranstaltungen abgesagt, das hat uns schwer getroffen. Gerettet hat man dann die Banken. Den Kleinunternehmen hat man weder leichter Kredite gegeben, noch ihnen günstigere Konditionen eingeräumt.
Wenn ich das im Hinterkopf habe und dann so ein Mail der von der Kammer bekomme, dann fürchte ich: Wir werden wieder die Banken retten, dazu einige „wichtige“ Unternehmen. Den KMU dagegen werden wir großzügig einräumen, ihre Beiträge bis Jahresende nachzuzahlen – und sonst nichts.
MOMENT: Was müsste passieren, damit Ihr Unternehmen und Ihre Branche diese Krise überstehen können?
Fuith: Das meiste, was wir als KMU an Abgaben und Steuern zahlen, sind Lohnnebenkosten. Wenn man den Unternehmen hier unter die Arme greift, Zahlungen aussetzt, erlässt oder reduziert, dann hilft das. Ich bin nicht optimistisch: Ich glaube, die Realität wird anders aussehen. Aber wenn wir die Mitarbeiter behalten möchten, dann brauchen wir bei den Lohnabgaben Hilfe.
MOMENT: Wäre es aus Ihrer Sicht möglich, die kommende Wirtschaftskrise durchzustehen, ohne dass ArbeitnehmerInnen reihenweise ihre Jobs verlieren und kleine Unternehmen Pleite gehen?
Fuith: Da möchte ich den deutschen Politiker Gregor Gysi zitieren: Wenn ich ein sexualerotisches Verhältnis zum Sparen habe, dann wird das Geld nicht zur Verfügung stehen. In einer Krise müssen Anreize gesetzt und Erleichterungen geschaffen werden. Derzeit wäre genug Geld da. In der Krise hat sparen keinen Sinn, weil sonst die reale Wirtschaft in die Knie geht. Dann musst du das Nulldefizit über Bord werfen. Das ist etwas, was die Politik machen muss. Sie muss die Rahmenbedingungen der Wirtschaft bestimmen, damit die Menschen leben und atmen können!