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Demokratie
Ungleichheit

Friedrich Merz und das „Stadtbild“: Eine Kulisse des rechten Kulturkampfes

Friedrich Merz und das „Stadtbild“: Eine Kulisse des rechten Kulturkampfes
Friedrich Merz (CDU-Parteivorsitzender) (Foto: Steffen Prößdorf, CC BY-SA 4.0)
Friedrich Merz eifert mit seiner CDU der ÖVP unter Sebastian Kurz nach. Er betreibt eine Politik, die nur noch Kulturkampf betreibt. Das ist der Weg in die politische Bedeutungslosigkeit bei größtmöglichem Schaden. Ein Kommentar von Natascha Strobl.

Der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz verschärft nun also den von rechts geführten Kulturkampf. Er sehe ein Problem im Stadtbild, sagt er. Was er meint, sind Menschen, die im öffentlichen Raum sichtbar sind und als anders und schon allein deshalb als bedrohlich wahrgenommen werden. Und seine Lösung: Abschiebungen. Das Fremdenrecht als Raumplanung. Damit will er eine Alternative zur AfD sein. Er geht exakt denselben Weg, den die ÖVP in Österreich gegangen ist.

Die Strategie hinter der Debatte

Die deutschen Unionsparteien wissen selbstverständlich, was sie tun. Die Debatte um das angebliche Stadtbild ist ihnen nicht passiert, sie war kein „Fehler“ und sie ist auch nicht „verwirrend“. Sie ist genau das, was sie sein soll: Der Themenkomplex Migration und Asyl wird mit dem Thema Sicherheit vermischt und lebensnah in den Alltag der Menschen geholt. Die Botschaft ist klar: Die Probleme großer Städte sind einzig und allein auf Asylsuchende zurückzuführen. Und die großen Städte haben Probleme.

Es gibt auch Orte, die ganz real unsicher sind. Es wäre die Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass diese Orte sicher werden. Das verlangt aber eine Vielzahl an kleinen und großen Maßnahmen, die Geld und Zeit kosten und sich nicht für Kulturkämpfe eignen. Suchtkrankheiten bekämpft man nicht, indem man sie ignoriert, sondern durch Sozialarbeit, medizinische Hilfe, soziale Absicherung und das Zerschlagen von Netzwerken der organisierten Kriminalität. Besser und günstiger wäre die Vorbeugung. Und die hat etwas mit dem Wohnungsmarkt, dem Bildungssystem, der Unterstützung von Eltern und Kindern, dem Sozialstaat und einem einfachen Zugang zu Hilfsangeboten zu tun.

Die wahren Probleme bleiben unsichtbar

Auch das eignet sich nicht für Kulturkämpfe. All die aufgezählten Bereiche leiden unter den politischen Entscheidungen zu immer kleineren Budgets, hohen Hürden beim Zugang und einer Situation, in der es sich einige richten können und viele nicht. Würde man wirklich über Probleme reden wollen – auch über Probleme im Stadtbild –, dann müsste man den ganzen Komplex staatlicher und gesellschaftlicher Aufgaben aufrollen. Einerseits die Hilfe für Menschen in schwierigen Lagen und andererseits die Vorbeugung (auch für die allgemeine Sicherheit).

So bleibt ein schaler, seichter Kulturkampf, der nichts löst und nichts aufzeigt. Das ist aber genauso gewollt. Es geht bei Kulturkämpfen nur darum, ein vages negatives Gefühl auf eine an den Rand gedrängte Gruppe zu übertragen. Und dann wird immer dieselbe Platte aufgelegt: Jedes Problem in der Gesellschaft wird so zum Resultat der Asylpolitik erklärt. Es gibt scheinbar keine anderen echten Problemfelder mehr als Asyl und Migration.

Ein gefährliches Spiel für die Demokratie

Das ist nicht nur sachlich falsch, sondern schlicht respektlos gegenüber allen Leuten, die echte andere Probleme haben, die aber immer höchstens als Nebenschauplatz behandelt werden.

Es zahlt auch nur auf das Konto einer einzigen politischen Richtung ein – der extremen Rechten. Wenn Konservative glauben, sie könnten die extreme Rechte „ausrechtsextremen“, ist das ein fataler Irrglaube. Das ist genau das, was die ÖVP unter Sebastian Kurz versucht hat. Sie hatten den Vorteil, dass eine Person wie Kurz (Typ Schwiegermuttertraum / Heiratsschwindler) funktioniert. Friedrich Merz fehlt jede Form von persönlichem Charme. 

Unter diesen Umständen reicht diese Politik nicht einmal zu Etappensieg oder kurzfristigen Umfrage-Hochs. Stattdessen werden die Unionsparteien gleich zum Endergebnis dieser Politik springen. Die ÖVP ist nun 15 Prozentpunkte hinter der FPÖ. Eine Absolute der FPÖ ist auch nicht mehr vollkommen unrealistisch.

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