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Ungleichheit

Neuseelands großer Schritt gegen den Gender Pay Gap in 3 Punkten erklärt

Frauen für vergleichbare Arbeit weniger zu bezahlen als Männer wird in Neuseeland verboten.

Das Parlament in Neuseeland hat vor wenigen Tagen ein Gesetz verabschiedet, das ein großer Schritt sein soll, um ungleiche Löhne für Männer und Frauen abzuschaffen. Dieser Unterschied wird „Gender Pay Gap“ (deutsch: „geschlechtsspezifisches Lohngefälle“) genannt.

Wir erklären die in drei Punkten, worum es geht.

#1 Was ist der Gender Pay Gap?

Das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen kommt durch sehr unterschiedliche Zutaten zustande. Die Größe des Unterschieds wird deshalb gerne heiß diskutiert.

Im einfachsten Fall bekommen Frauen für dieselbe Arbeit nicht denselben Lohn. Frauen haben aber auch durch die Verteilung von nicht-bezahlter Arbeit in unserer Gesellschaft Nachteile. So übernehmen sie immer noch viel öfter die Betreuung von Kindern und die Pflege von Angehörigen. Das führt zu Karrierepausen, Teilzeitanstellungen und auch zu Benachteiligung bei Beförderungen. Berufe, in denen viele Frauen arbeiten, werden schlechter bezahlt, als Berufe mit vielen tätigen Männern (und sogar in „Frauenberufen“ haben Männer öfter höhere Löhne und mehr Führungspositionen).

Wie auch immer man diese Faktoren bewerten möchte, das Ergebnis ist nicht zu leugnen: In Österreich haben erwerbstätige Frauen 37 Prozent weniger Bruttojahreseinkommen als Männer. Das macht sie anfälliger für Armut, sozial schlechter abgesichert und auch abhängiger von Beziehungen mit Männern (aktuelle Maßnahmen könnten das verschärfen).

Laut Statistik Austria ist mehr als die Hälfte des Gender Pay Gaps nicht einmal durch Faktoren wie Branche, Beruf, Bildung, Alter, Dauer im Unternehmen, Vertrag, Region, Unternehmensgröße und Arbeitszeit erklärbar. Der kleine Teil, der erklärbar ist, wird am deutlichsten von der Berufs- und Branchenwahl beeinflusst.

#2 Was ist das Neue am Gesetz in Neuseeland?

Das neue Gesetz sieht nicht nur vor, dass alle Menschen gleichen Lohn für die „gleiche Arbeit“ bekommen. Das hat das Land schon 1972 gesetzlich verankert (Österreich hinkte bis 1979 nach). Die Gesetzesänderung greift genau das Problem der Berufs- und Branchenwahl auf.

Nun soll „vergleichbare Arbeit“ gleich bezahlt werden. Das bedeutet: gleicher Lohn in Berufen, die ähnliche Fähigkeiten brauchen. Dazu legt das Gesetz auch fest, wie Berufe miteinander vergleichbar gemacht werden können und es wird den Menschen einfacher gemacht, einen solchen Vergleich einzufordern.

Die grüne Frauenministerin Julie Genter sagte dazu: „Es geht darum, die Ungerechtigkeit zu beseitigen, dass Frauen-dominierte Arbeitsbereiche weniger bezahlt bekommen als Männer-dominierte Arbeitsbereiche, wenn sie Arbeit machen, die einen ähnlichen Level an Fähigkeiten, Einsatz und Ausbildung benötigen. Weil das eine lange Geschichte hat, wirkt es für uns heute normal.“

#3 Kann das auch in Österreich kommen?

In einer Studie des Weltwirtschaftsforum belegt Österreich in der Kategorie „Gleicher Lohn für vergleichbare Arbeit“ nur Platz 108 der Welt. Neuseeland liegt in derselben Kategorie auf Platz 38. Das Land ist also nicht top, aber doch um einiges besser. Trotzdem geht die dortige Politik, nun also auch einen großen Schritt weiter als die österreichische.

Das Österreich folgt, ist derzeit nicht absehbar. Die politische Situation ist in Neuseeland anders. Die Regierung wird von der Sozialdemokratin Jacinda Ardern geführt. Sie hat eine Minderheitsregierung mit einer nationalistischen Kleinpartei gebildet, die von den Grünen geduldet wird. Dazu wurde das Gesetz durch eine Klage angestoßen, die die Benachteiligung von vor allem weiblichen Pflegekräften zum großen Thema gemacht hat. Es wird von Gewerkschaften und Unternehmensvertretern unterstützt.

In Österreich hat vor allem die rechtskonservative ÖVP als Regierungs- und stärkste Partei andere Vorstellungen von Frauenpolitik. Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) ist bekennende Nicht-Feministin. Sie meinte im „Standard“-Interview am Montag lediglich, man habe „ein genaues Auge darauf, dass bei vergleichbarer Arbeit und bei vergleichbarer Qualifikation auch gleich entlohnt wird“. Man habe ein Interesse „den Gender Pay Gap zu reduzieren“, Kollektivverträge seien aber Sache der Sozialpartner. Mit denen sei man im Kontakt, von einem Gesetz war aber keine Rede.

 

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