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Sollten wir aufhören, Straßen zu bauen?

Klimaschützer:innen jubeln: Der Bau des umstrittenen Lobau-Tunnels wurde gestoppt. Aber unser Verkehrssystem ist trotzdem immer noch viel zu sehr auf Auto und LKW ausgerichtet. Wir haben drei Argumente, die gegen den Bau neuer Straßen sprechen. 

#1 Mehr Straßen bedeuten mehr Autos

Vom Straßenausbau versprechen sich viele, dass Straßen durch neue Anbindungen vom Stau befreit werden. Insgesamt betrachtet ist aber das Gegenteil der Fall: Breitere Straßen und zusätzliche Verbindungen sorgen dafür, dass noch mehr Menschen ins Auto steigen. Das Phänomen ist unter dem Namen “induzierter Verkehr” bekannt. 

Im Fall der mittlerweile gescheiterten Bauvorhaben rund um den Lobau-Tunnel zeigt eine Analyse der TU Wien, dass sie zum Anstieg des Wiener Autoverkehrs von über 83.000 Fahrzeugkilometern pro Tag geführt hätten. Die ein oder andere Straße mag etwas weniger Verkehr abbekommen, andere dafür umso mehr. Gleichzeitig hätten durch den Ausbau weniger Menschen öffentliche Verkehrsmittel benutzt. Die erhoffte Entlastung bleibt also aus, noch mehr Verkehr rollt durch die Stadt.

#2 Mit dem Bau neuer Straßen schaffen wir die Klimaziele nie

Der Verkehrssektor zählt zu den Sorgenkindern in Sachen Treibhausgas-Emissionen. Das größte Problem ist der Straßenverkehr: Laut Umweltbundesamt sind die Emissionen im Straßenverkehr von 1990 bis 2019 um knapp 75% gestiegen. Selbst im Krisenjahr 2020 blieben sie weit über den Werten von 1990. Das macht Fortschritte in anderen Bereichen zunichte. Insgesamt verursacht der Verkehr rund ein Drittel der Treibhausgase in Österreich.

Österreich überschreitet mit dem Verkehr jährlich die Ziele, die das Klimaschutzgesetz vorgibt. Eine Besserung verspricht der Ausbau des öffentlichen Verkehrsangebots und der Rad-Infrastruktur. Auch der Gütertransport muss vom LKW auf die Schiene. Mehr Autobahnen machen jedoch genau das Gegenteil attraktiv. Und für den Umbau auf ein modernes Verkehrswesen fehlt dann auch noch das Geld, wenn Österreich weiterhin Milliarden in Straßen investiert.

 
Die treibhausgasemssionen sind seit 1990 um 75% gestiegen.

#3 Autoverkehr begünstigt Reiche

Österreich gibt jährlich 500 Millionen Euro allein für den Ausbau von Autobahnen und Schnellstraßen aus – das sind 70 Euro pro Erwachsenen. Noch einmal so viel kommt für den Erhalt dazu. Land- und Gemeindestraßen sind da nicht dabei. Von diesem Steuergeld profitieren aber nicht alle gleich. So hat fast die Hälfte der Haushalte im untersten Einkommensviertel gar kein Auto. Logisch, denn ein Auto ist teuer. Es kostet viel Geld in Anschaffung und Betrieb. Im obersten Einkommensviertel besitzt hingegen fast die Hälfte der Menschen zwei oder mehr PKW.

Hinzu kommt auch, wer unter dem Verkehr dann leidet. Teure Gegenden sind verkehrsberuhigt, billige Wohnungen liegen hingegen oft an stark befahrenen Straßen. Der Lärm und der Feinstaub, den eher die Reichen mit ihren PKW in die Luft blasen, müssen also eher die Armen ertragen und einatmen.

 
Eine Grafik, die zeigt, dass Ärmere viel seltener einen PKW oder mehr besitzen.

Das Auto steht in Österreich im Mittelpunkt. Besonders am Stadtrand oder in ländlichen Regionen sind Alltagsziele oft nur mit dem PKW erreichbar. Wer sich dort kein Auto leisten kann, ist von der sogenannten Mobilitätsarmut bedroht. Ohne Auto sind Menschen auf dem Land bei der Jobauswahl eingeschränkt und alltägliche Besorgungen sind schwieriger zu erledigen. Österreichweit sind 46% der Gemeinden nur unzureichend an Bus und Bahn angebunden.  Der politische Fokus auf das Auto schadet den Möglichkeiten vieler Menschen.

Auch in diesem Fall könnte man das Geld aus dem Straßenausbau sinnvoll anderweitig investieren. Wenn öffentliche Verkehrsmittel attraktiver ausgestaltet würden, würde auch das den bundesweiten CO2-Ausstoß deutlich senken.

 

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