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Demokratie

Urlaub vom Urlaub

Dein Morgenmoment ist da.

 

Guten Morgen!

Urlaubsgrüße der anderen Art, Striezel, Kipferl, Brioche und Cornrows bringt der heutige Morgenmoment. Geschrieben von Sebastian Panny und Lukas Bayer.

#1 Möchtest du das teilen?

5.500 Euro brutto gibt es für einen Job bei einer steirischen Bäckerei. Doch seit zwei Jahren findet der niemanden für die Stelle, wie der Eigentümer in Medien wie in der Kleinen Zeitung beklagt. Die Leute, die dort nicht arbeiten wollen, kommen im Bericht nicht vor. Also hat MOMENT mit einem Bäcker gesprochen, der dort anfangen wollte. Der meint: „Nicht einmal für 5.500 Euro netto hätte ich den Job genommen.“

#2 Zitat des Tages

 
Was würden wir heute tun, wenn wir vor 15 Jahren ein Kohlekraftwerk beschlossen hätten, das jetzt gebaut werden dürfte?"

Nur weil ein Projekt vor Jahren Sinn ergeben hat, muss das nicht auch heute noch gelten. Wenn sich die Umstände ändern, sollte auch ein Umdenken stattfinden. Genau das fordern Expert:innen der Verkehrswissenschaft und Stadtplanung bei der Stadtstraße in Wien-Donaustadt. 

Der Lobautunnel war etwa ein zentraler Grund, warum die Stadtstraße in dieser Größe geplant wurde. Doch der Bau des Tunnels wurde mittlerweile von Umweltministerin Leonore Gewessler abgesagt. Auch das flächendeckende Parkpickerl, das ab März in Wien gilt, wurde nicht in die Umweltprüfung einbezogen. Für eine Straße in dieser Dimension sehen die Wissenschaftler:innen, die sich als “Scientists for Future” zusammengeschlossen haben, keinen Grund mehr. Sie fordern von der Stadt Wien vielmehr ein modernes Verkehrskonzept. Darin sollen öffentliche Verkehrsmittel sowie Infrastruktur für Radfahrer:innen und Fußgänger:innen den Vorrang erhalten.

Die Baustelle der Wiener Stadtstraße wurde monatelang von Aktivist:innen besetzt. Anfang Februar wurde sie von der Polizei geräumt. Auf eine Diskussion mit den Aktivist:innen wollte sich die Stadt Wien bis zuletzt nicht einlassen, sie hält am Bau der Stadtstraße fest.
 

#3 Hast du das gesehen?

 

Die Corona-Hilfen haben ein Loch in das öffentliche Budget gerissen. Das ist okay, schließlich sollten wir uns in einer Krise gegenseitig unterstützen. Doch wenn es darum geht, das Loch wieder zu stopfen, sollen plötzlich diejenigen, die weniger haben, mehr beitragen? Da sagt wohl nicht nur Barbara Blaha „Moment Mal!“ In der neuen Ausgabe der Videokolumne hat sie einige Vorschläge, wie wir die Kosten der Krise fair aufteilen können.

#4 Black History Month

Der Februar ist Black History Month bei MOMENT. Wir bringen täglich Biografien, Fakten oder Artikel über das Leben von Schwarzen Menschen in Österreich. Heute erklären wir, was hinter dem Begriff der kulturellen Aneignung steckt.

Mal ehrlich: Wusstest du, dass es Cornrows, eine spezielle Form der Flechtfrisur, bereits seit mehr als 5.000 Jahren gibt? Dass sie in afrikanischen Kulturen des 15. Jahrhunderts Auskunft über den Status der Träger:innen gaben? Oder dass sich versklavte Personen in Nordamerika durch ihre Cornrows eine Art Fluchtkarte geflochten haben, mit deren Hilfe sie von den Plantagen entkommen konnten?

Cornrows und ähnliche Frisuren haben für Schwarze Menschen eine große kulturelle Bedeutung. Sie werden dafür aber immer noch diskriminiert. Schwarze Frisuren gelten etwa oft als “unprofessionell”. Acht von zehn schwarzen Frauen geben zum Beispiel an, dass sie ihre Haare verändern müssen, um bei der Arbeit reinzupassen. In den USA wurde deswegen mittlerweile in 14 Bundesstaaten der CROWN-Act beschlossen, der Schwarze Menschen gegen Diskriminierung aufgrund ihrer Haare schützen soll.

Gleichzeitig werden Cornrows von Weißen Menschen immer häufiger als modisches Accessoire betrachtet und verwendet. Wenn sich Katy Perry Cornrows machen lässt und damit auftritt, bekommt sie damit Aufmerksamkeit und Geld – ohne darauf hinzuweisen, woher der Haarstil kommt. Der ursprüngliche kulturelle Kontext der Frisur und die Diskriminierungserfahrungen von Schwarzen Menschen geht dabei aber komplett verloren. 

Genau darum geht es bei der Diskussion um kulturelle Aneignung. Personen aus der Mehrheitsgesellschaft bedienen sich bei kulturellen Praktiken und nehmen sich heraus, was ihnen gefällt. Bei uns ist das häufig im Fasching zu sehen: Menschen verwenden andere Kulturen als Verkleidung oder praktizieren sogar Blackfacing zur eigenen Belustigung. Dass Menschen wegen dieser kulturellen Aspekte diskriminiert werden, spielt dabei keine Rolle mehr.

Das heißt natürlich nicht, dass man sich keiner anderen Kultur annähern kann, ohne gleich kulturelle Aneignung zu betreiben. Niemand muss ein schlechtes Gewissen haben, weil er oder sie sich daheim Sushi zubereitet. Schließlich gibt es auch im Gegensatz zur Aneignung auch kulturelle Anerkennung. Problematisch wird es aber, wenn man von anderen Kulturen profitiert und sich ihre Praktiken zu eigen macht. 
 

#5 Der Reihe nach

Bundeskanzler Karl Nehammer ist gerade auf Familienurlaub in Osttirol. Für einen wichtigen Tweet machte er am Mittwoch aber eine Ausnahme. Urlaub vom Urlaub sozusagen. „Dass ein Bundeskanzler persönlich einem Parteisekretär auf eine Polemik via Twitter antwortet, ist, glaube ich, eine Premiere“, meint dazu ZiB-Moderator Armin Wolf.
 
Worum es geht? Nehammer hat auf einen Tweet von SPÖ-Bundesgeschäftsführers Christian Deutsch reagiert. Dieser sieht in Nehammers Urlaub „Verantwortungsflucht“ und fordert Neuwahlen. Die ÖVP versinke in Korruption, Postenschacher und Machtmissbrauch, schrieb Deutsch.
 
Nehammers Antwort? „Lieber Herr Parteisekretär! Ihren polemischen & untergriffigen Tweet beantworte ich als Familienvater: Ich werde auch weiterhin einige wenige Tage im Jahr mit meiner Familie verbringen, so wie viele andere Menschen im Land auch – meine politische Arbeit leidet darunter nicht.“
 
Dabei gäbe es genug andere Themen: Etwa die neuen Vorwürfen gegen den ÖVP-Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka wegen Postenschacherei. Oder den fragwürdigen Umgangston der ÖVP gegenüber anderen Politiker:innen und der LGBTIQ-Community. Oder auch der Hexen-Sager eines früheren ÖVP-Beamten. Nicht zu vergessen: Die drohende Auslieferung von ÖVP-Klubchef August Wöginger an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft. Antworten Nehammers fehlen dazu allerdings.

Wir wünschen dir einen guten Start in den Tag!

Lukas und Sebastian

 
 

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