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Kapitalismus
Demokratie

Argentiniens Präsident Javier Milei: Was ist Anarchokapitalismus?

Javier Milei Foto: Vox Espana/CC0
Der argentinische Präsident Javier Milei ist Vertreter des Anarchokapitalismus und wirkt wie eine Karikatur. "El Loco" ist laut, polternd und vertritt viele Ansichten, die vor allem der Aufregung dienen. Dabei lässt sich eine Verbrüderung aus Libertarismus und Rechtsextremismus ausmachen.

Javier Milei spricht sich für das aus, was er als den „schlanken Staat“ sieht. Das ist ein oberflächlicher Slogan. Eigentlich meint er damit aber einen kompletten Abbau staatlicher Aufgaben – und das vor allem bei Sozialleistungen. Damit steht er mit ultra-neoliberalen Kräften in einer Linie von den 70er-Jahren bis heute. 

Argentinien hat ohnehin eine enorme Ungleichheit des Wohlstands. Milei möchte für nicht-reiche Menschen nun die letzten Rettungsanker kappen. Wenn es nach ihm geht, kümmert sich der Staat um nichts mehr, als um Sicherheit und Justiz. Sonst ist jeder Mensch auf sich alleine gestellt. Das Ergebnis wäre eine Herrschaft der Reichen, die es sich mit ihrem Geld richten können. 
 

Purer Kulturkampf lässt Leere

Dabei stimmt es gar nicht, dass sich der Staat im Weltbild von Milei in nichts mehr einmischen soll. In Frauenrechte zum Beispiel soll sich der Staat nämlich natürlich doch einmischen. Er ist für ein Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen – sogar bei Vergewaltigungen. Das zeigt die Beliebigkeit und den Autoritarismus von Leuten wie Milei deutlich auf: Es geht nicht um Freiheit. Alle Leute sollen so leben, wie er es für richtig hält. 

Das bedeutet “unbegrenzte Freiheit” vor allem für die Reichen und rigide, beschränkende Gesetze für alle, die anders als Milei sind, sein müssen oder sein wollen – zum Beispiel Frauen.

Dabei spielt der Kulturkampf gegen Feminismus, gegen den Antirassismus und so weiter eine entscheidende Rolle. So abgeschmackt das ist, so sehr passt es in die Stoßrichtung des transnational agierenden Rechtsextremismus. Dieser Rechtsextremismus versteift sich komplett auf Kulturkampf. 

Damit lässt er eine Leerstelle, wenn es um Sozioökonomie geht. Und die füllt er mit autoritärem Libertarismus. Für diesen Rechtsextremismus ist die Basis der Gemeinschaft keine Nation, sondern eine “Kultur”. Die lässt sich noch weit willkürlicher bestimmen. Da gibt es auch von Seiten des Libertarismus Anknüpfungspunkte. Jeder für sich (aber gegen Frauen, Linke und “Kulturmarxisten”), ist das Motto.

Anarchokapitalismus: Populäre Nischen-Ideologie

Die Verbrüderung des Libertarismus mit dem Rechtsextremismus wirkt skurril, hat aber eine immer mächtigere Anhängerschaft. Menschen wie Peter Thiel oder Elon Musk repräsentieren diese Ideologie. Sie sind auch das Symptom einer Krise des traditionellen Neoliberalismus. Der war auf gesellschaftspolitischer Ebene auch offen für Globalisierung und progressive Ideen (zumindest latent, wie die Besetzung feministischer Forderungen zeigt). Dem wird nun eine autoritäre Variante gegenübergestellt, deren wichtigstes Element die Betonung sozialdarwinistischer Ideen ist. 

Das ist die gemeinsame Wurzel des historischen völkischen Faschismus und des ökonomischen Neoliberalismus. Man könnte also sagen, es kommt zusammen, was immer schon zusammengehört hat. Die Idee dahinter ist so klar wie zynisch: Manche Menschen haben es verdient zu leben – und manche nicht. Das wird anhand von ökonomischer Wertigkeit und/oder kultureller Zugehörigkeit bestimmt. 

In Anbetracht von Klimakrise und allen anderen sich auftürmenden Krisen ist offensichtlich und verständlich, dass alte (auch kapitalistische) Eliten ihre Vormacht und Führungsrolle (Hegemonie) verlieren. Anarcho-Kapitalist:innen, die Hardcore-Neoliberalismus und Kulturkampf verbinden, zeigen einen Weg zur Rettung des Kapitalismus auf. Und bekommen dafür in rechtsliberalen Zeitungen und Parteien auch in Europa Zuspruch. 

Das sollte hellhörig machen. Denn in Krisen auszusortieren, für wen es reicht und für wen es nicht reicht, ist ein sehr gefährlicher Weg. 

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