Was ist Windgas? Ein Greenwashing-Märchen enttarnt
Was ist Windgas?
Grundsätzlich ist “Windgas” ein PR-Begriff. Das verwendete Produkt ist in Wahrheit einfach Wasserstoff.
Die Idee dahinter ist einfach: Besonders bei erneuerbaren Energieträgern schwankt die Energieproduktion. Manchmal scheint nun mal keine Sonne, manchmal geht besonders viel Wind. Immer wenn zu viel Energie erzeugt wird, soll sie irgendwie zwischengespeichert werden für Phasen, in denen es zu wenig gibt. Im Fall von “Windgas” soll ein Überschuss vor allem aus Windenergie in einen Brennstoff umgewandelt werden. Das kann Wasserstoff oder eben auch künstliches Methan sein. Das nennt man dann auch “Power-to-Gas”.
Warum wird Windgas so stark beworben?
Positiv gesehen ist es eine Technologie, die schon heute tatsächlich funktioniert. Für die heutige Industrie hat es aber auch den verlockenden Vorteil, dass sich wenig ändern müsste, wenn man darauf setzt. Man könnte dafür bestehende Infrastruktur weiterverwenden. “Windgas” kann in Gasspeichern gelagert, in Pipelines transportiert und in Gaskraftwerken verbrannt werden. Das ist ein Pluspunkt vor allem auch für die Eigentümer:innen dieser Infrastruktur.
Der Begriff wird außerdem verwendet, weil er “grüner” klingt, als er zumindest derzeit wirklich ist. Er dient also dem Greenwashing.
Was ist das Problem mit Windgas?
Das Konzept von Windgas bzw. Wasserstoff geht nur auf, wenn man sehr viel überschüssige Energie hat. Bei der Umwandlung von Strom in Wasserstoff (und gegebenenfalls vor der Verwendung wieder zurück in Strom) geht nämlich sehr viel Energie verloren. Bei Windgas schätzt man etwa einen Umwandlungsverlust von 60 bis 80 Prozent (das ist viel mehr als bei der direkten Nutzung von Strom zum Beispiel in E-Autos). Um unseren derzeitigen Energiehunger mit diesen Technologien zu stillen, bräuchten wir also viel mehr Energie.
Mit fossilen Brennstoffen wäre dieser Schritt unsinnig. Gegen die Klimakrise hilft uns das alles nur dann, wenn diese Energie aus erneuerbaren und CO₂-neutralen Quellen kommt. Weltweit sind wir aber heute von einem Überschuss an erneuerbaren Energien weit entfernt: 80 Prozent werden nach wie vor aus Kohle, Erdöl und Erdgas erzeugt. Das in Wasserstoff umzuwandeln, wäre eine massiv klimaschädliche Energieverschwendung.
In Nischen dürften Wasserstoff bzw. Windgas trotzdem bedeutend werden. Der Ausbau der erneuerbaren Energie wird aber nicht schnell genug passieren können, damit “Windgas”, “Biogas” und andere als “grünes Gas” verkaufte Energieträger in großem Ausmaß die Klimakrise für uns lösen. Expert:innen warnen deshalb davor, sich von den Versprechen der Industrie beim Klimaschutz einlullen zu lassen. Der Ausbau alternativer Technologien würde sonst darunter leiden.
Wie entsteht Windgas?
Man verwendet Wind- und Sonnenenergie, um aus Wasser per Elektrolyse Wasserstoff zu erzeugen. Anschließend fügt man Biogas (aus Bio-Abfällen oder extra dafür hergestellten Biostoffen) oder CO₂ hinzu und speist es ins Gasnetz ein.
Das so entstandene “künstliche Methan” wird auch als “grünes Gas” verkauft. Beide Beimisch-Stoffe gibt es aber schlicht nicht in großem Ausmaß. Meist wird derzeit fossiles Erdgas beigemischt.
Was sind die Nachteile von Biogas?
Auch Biogas wird als “grünes Gas” bezeichnet. Aber auch Biogas ist keine nachhaltige Lösung. Denn es gibt nicht genug Bioabfall, um genug davon herzustellen. Die Alternative? Holz aus der Landwirtschaft. Das wird aber einerseits für andere Bereiche gebraucht. Andererseits würde vermehrtes Abholzen zu mehr Artensterben und weniger CO2-Speicherung führen.
Kann sich Windgas lohnen?
Windgas ist nicht die Antwort für eine Energiewende. Der Ausbau von schon heute funktionierenden Technologien wie Photovoltaik, Wind- und Wasserkraftwerken oder auch Geothermie und Wärmepumpen ist viel wichtiger.
Wasserstoff und Windgas kann aber in gewissen Bereichen sinnvoll sein, bleibt auf absehbare Zeit bestenfalls ein Nischenprojekt. Laut dem Physiker Florian Aigner, ließen sich damit Batterien ersetzen, die viel Power brauchen. Es könnte auch eine Möglichkeit sein, Flugzeuge klimaneutral zu machen. Hier gibt es noch keine funktionierenden Elektro-Alternativen. Aigner sagt, Wasserstoff sei wie der Champagner unter den Energieträgern: “Etwas ganz Tolles, das man gerne hat. Aber auch etwas, das sehr, sehr teuer ist. Wenn man es sich leisten kann, trinkt man mal Champagner. Man wäscht aber nicht sein Auto damit.”