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Kapitalismus

Wohnbaupaket: Der Teufel steckt im Detail

Wohnbaupaket: Der Teufel steckt im Detail
Am 28. Februar 2024 präsentierten Bundeskanzler Karl Nehammer (r.), Vizekanzler Werner Kogler (m.), Bundesminister Johannes Rauch und Bundesminister Magnus Brunner (l.) am Pressefoyer das Wohnbaupaket.
Das Baupaket der österreichischen Regierung ist verkündet. 2,2 Milliarden sollen den Wohnbau ankurbeln. Schon vorab wurde viel diskutiert und gefordert. Ist das Ergebnis leistbar, treffsicher und nachhaltig?

Die Baubranche strauchelt. Seit 2022 ist der Bauboom im gewerblichen Bereich vorbei. Die erhöhten Zinsen führen dazu, dass weniger gebaut wird. Sowohl im privaten und gewerblichen als auch im gemeinnützigen Wohnbau. Vor allem letzteres ist ein Problem. „Der fehlende soziale Wohnbau von heute ist die Mieterhöhung von morgen“, sagt Leonard Jüngling, Ökonom und Wohnexperte beim Momentum Institut.

Weniger Wohnbau ist auch eine Gefahr für die Arbeitsplätze in der Branche, für die Gesellschaft, die sich die Wohnungen immer weniger leisten können und für die Wirtschaft gesamt. Ein Eingriff der Politik ist gefragt.

Nun ist es da: Das Wohnbaupaket der Regierung.

Was beinhaltet das Wohnbaupaket?

Es sollen rund 25.000 leistbare Wohnungen geschaffen werden: Etwa 20.000 dieser Wohnungen sollen neu gebaut werden. 10.000 davon sollen als Eigentum erworben werden können. 10.000 sollen Mietwohnungen sein. Weitere 5.000 sollen saniert werden und dadurch wieder auf den Wohnungsmarkt kommen. Laut Regierung bedeute das Wohnraum für etwa 44.000 Menschen.

Eine Milliarde Euro soll bis 2026 in den sozialen Wohnbau investiert werden. 220 Millionen davon für Sanierungen, 390 Millionen für neu gebaute Mietwohnungen und 390 Millionen für neu gebaute Eigentumswohnungen. Um damit nicht Zersiedelung zu fördern, sind im Neubau nur mehrgeschossige und verdichteter Wohnbau förderbar. Für eingeschossige Reihenhäuser gibt es kein Geld.

Die Spekulationsfristen werden für diese neuen Wohnungen von 15 auf 25 Jahre verlängert. Haben Mieter:innen also eine Wohnung gekauft, können sie diese 25 Jahre lang nicht um mehr Geld weiterverkaufen. Tun sie das, muss der Gewinn an die Bauvereinigung abgegeben werden.

Zusätzlich soll es Unterstützung geben, wenn jemand privat ein Eigenheim baut. Die Regierung streicht beim ersten Eigenheim die Grundbucheintragungsgebühr sowie die Pfandrechtseintragungsgebühr (für die ersten 500.000 Euro). In Summe können sich Hausbauer:innen damit bis zu 11.500 Euro sparen. Außerdem sollen die Länder günstige Kredite vergeben können und können Abgaben auf leerstehende Wohnungen einfordern.

Außerdem wird der Wohnschirm um 60 Millionen Euro auf 125 Millionen im Jahr 2024 aufgestockt. Dieser hilft Mieter:innen in Not und beugt Delogierungen vor. Auch einen Handwerker- und Sanierungsbonus und Zuschüsse für thermische Sanierungen wird es geben.

Ist das Paket sozial treffsicher?

Das Momentum Institut befürwortet, dass eine Milliarde Euro in den gemeinnützigen Wohnbau fließt. Nach den Ökonom:innen des Thinktanks bräuchte es allerdings noch mehr Geld. Sie kritisieren auch, dass die Hälfte der neu gebauten Wohnungen verkauft werden sollen und damit in privaten Eigentum übergehen. Damit stehen sie den folgenden Generationen nicht mehr als leistbare Mietwohnungen zur Verfügung.

Außerdem kritisieren sie die Förderung von Eigenheimen. Dabei gewinnen vor allem Top- und Gutverdiener:innen. „Letztlich zahlt der ‚Hackler‘ mit seinen Steuern damit seinem viel besserverdienenden Chef das Haus“, heißt es. Auch wenn diese mit der Abschaffung zweier Gebühren niedriger ausgefallen ist als es ursprünglich mit Eigenheimbonus, Abschaffung der Grunderwerbsteuer oder der Absetzbarkeit von Kreditzinsen diskutiert wurde.

Um die Branche anzukurbeln, forderten die Wirtschaftskammer und die Gewerkschaft Bau-Holz einen Eigenheimbonus von bis zu 100.000 Euro. Viel Geld für die Taschen von Besserverdiener:innen, um damit Zersiedelung zu betreiben. Naturschutzorganisationen, Ökonom:innen und sogar Teile der Baubranche selbst hielten den Vorschlag für zu teuer, nicht treffsicher und nicht nachhaltig.

Beim tatsächlichen Paket verzichtete die Regierung auf diese Idee. Dafür lobt nun das Momentum Institut, dass die Bundesländer gegen Wohnungsleerstand vorgehen und Abgaben erheben können. Wer Wohnungen länger leer stehen lässt, statt sie zu vermieten, kann besteuert werden. Solche Wohnungen dienen der Spekulation und treiben die Preise und unnötige Bodenversiegelung in die Höhe.

Ist das Baupaket nachhaltig?

Um die Probleme der Bodenversiegelung anzugehen, fehlt neben dem aktuellen Paket eine verbindliche Bodenschutzstrategie. Das kritisiert auch die Bundeskammer der Ziviltechniker:innen. Erst kürzlich haben sie das Positionspapier „Klima, Boden & Gesundheit“ herausgegeben.

„Österreich ist fertig bebaut“, sagt die Vertretung der Planer:innen in der Baubranche, „und es ist absolut notwendig, dass bereits bebaute Flächen sinnvoll genutzt werden und jegliche weitere Bodeninanspruchnahme nun eingeschränkt wird.“

Die Bauwirtschaft ist Klimasünderin und Teil des Problems, schreiben sie in dem Papier. Der Bau- und Gebäudesektor macht laut Bericht des UN-Umweltprogramms 38 Prozent der globalen Treibhausgas-Emissionen aus. Dementsprechend groß ist hier der Hebel, um Emissionen einzusparen.

Damit die Baubranche das schafft und klimafit wird, hat die Kammer einen Maßnahmenkatalog zusammengestellt. Darin geht es um den Bodenverbrauch, um Energie, die Wiederverwendung von Rohstoffen und ebenfalls um soziale Gerechtigkeit.

Boden zu verbrauchen, dürfe nicht rentabler sein, als Boden zu schützen. Sanierung und Umbau solle vor Neubau gereiht werden. Dazu müsse es unter anderem Grenzwerte beim Bodenverbrauch für Länder und Gemeinden geben, und eine Reform des Finanzausgleichs und der Kommunalsteuer. Ebenso mahnt die Kammer, dass Leerstand nicht rentabel sein darf. Und die Mehrkosten für erhöhte Anforderungen an klimafreundliche Gebäude dürfen nicht auf finanziell schwächere Bürger:innen zurückfallen.

Ein Teil davon steht im Baupaket der Regierung. Doch längst nicht alles. Was ist damit?

Das könne alles noch umgesetzt werden, wenn die Details des Baupakets nun final ausgearbeitet werden, sagt der Präsident der Bundeskammer der Ziviltechniker:innen, Daniel Fügenschuh. Er zeigt sich aber wenig optimistisch: „Man könnte sich erträumen, dass alles noch möglich ist, was wir fordern. Vermutlich werden einige Dinge aber fehlen.“

Klar sei allerdings, dass die 5.000 Sanierungen nicht ausreichen, um die Ziele der Sanierungsoffensive zu erreichen. Das Ziel ist drei Prozent. „Es müssten doppelt so viele Wohnungen oder Gebäude saniert werden, um diese Kennzahlen zu erreichen“, mahnt Fügenschuh.

Außerdem kritisiert er, dass mit der Ausschüttung der Wohnbau-Milliarde keine qualitätssichernden Maßnahmen verbunden sind. Man solle über qualitätssichernde Verfahren wie Wettbewerbe oder Gestaltungsbeiräte sicherstellen, dass Projekte bestmöglich und nicht so günstig wie möglich umgesetzt werden.

Bei der Frage, ob das Baupaket nachhaltig ist, geht es also um die finale Ausgestaltung. Ob Fügenschuh mit seiner Befürchtung recht behält, dass große Aspekte fehlen werden, wird sich zeigen.

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