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Fortschritt
Klimakrise

Die Grafik mit den 10 Dingen, die du für das Klima tun kannst, die gerade alle teilen, erklärt

Was kann man als Einzelperson für das Klima tun? Mit Hilfe der Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU) wurde dazu eine neue, internationale Studie veröffentlicht. Für diese wurden etwa 7.000 andere Studien ausgewertet und zusammengefasst. Die daraus entstandene Grafik der 10 Dinge, die am meisten Treibhausgase (CO2-Äquivalente) pro Kopf einsparen können, wurde in den Sozialen Medien in den letzten Tagen viel geteilt. MOMENT hat die Grafik nicht nur übersetzt, sondern versucht auch, ein paar Fragen zu klären, die dazu immer wieder auftauchen.
 
Grafik aus einer Studie der Universität für Bodenkultur, die Maßnahmen zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks untersucht hat. Weniger Fliegen, Verzicht auf ein Auto, erneuerbare Energien und Öffentlicher Verkehr führen die Liste an.

Die Originalgrafik aus der Studie (Quelle: BOKU Wien)

„Jeder kann durch Veränderungen des eigenen Konsumverhaltens zu einer jährlichen CO2 -Reduktion von bis zu 9 Tonnen beitragen“, meldet die BOKU auf ihrer Webseite als Ergebnis der Studie. Aber stimmt das? Der durchschnittliche Verbrauch eines Menschen in Österreich liegt zwischen etwa 8 Tonnen CO2-Ausstoß, wenn man nur die direkten Auswirkungen seiner Handlungen ansieht und über 14 Tonnen, wenn man auch den Anteil an der Produktion der verbrauchten Güter dazu rechnet. Einsparungsmöglichkeiten von 9 Tonnen wären also durchaus ein riesiger Beitrag im Kampf gegen die Klimakatastrophe.

Eine Möglichkeit, die Grafik falsch zu verstehen ist, wenn man nicht weiß, dass sie jeweils Mittelwerte („Median„) aus unterschiedlichsten Szenarien darstellt. Die Spannweiten sind in der englisch verfassten Studie jeweils genauer angegeben und sind zum Teil wirklich groß.  

Wer außerdem die Werte der zehn Maßnahmen zusammenzählt, wird merken, dass insgesamt sogar mehr als die versprochenen 9 tCO2 eingespart werden könnten. Das liegt daran, dass man nicht alle Maßnahmen gleichzeitig setzen kann. Ein Leben ohne Auto kann man etwa nicht mit einem Leben mit einem Elektroauto kombinieren.

1. Ein Leben ohne Auto

Angenommen man hat ein Auto, dann ist der Verzicht darauf im Mittelwert die beste Einzelmaßnahme, die man für den persönlichen CO2-Ausstoß setzen kann. Der tatsächliche Effekt ist natürlich davon abhängig, welches Auto und welches Fahrverhalten man aufgibt. Am meisten Vorteile bringt es laut der Studie, wenn man als jemand, der viel mit einem SUV gefahren ist, damit aufhört und natürlich so viele Wege wie möglich mit Zu-Fuß-Gehen ersetzt. Jeder vierte österreichische Haushalt hat übrigens schon heute kein eigenes Auto.

Ein wichtiger Aspekt dieser Maßnahme ist aber trotzdem politisch und nicht persönlich. Raum- und Verkehrsplanung sowie der Ausbau der Rad-Infrastruktur, Nahversorgung und das Öffi-Angebot spielen eine große Rolle dafür, ob man das Auto aufgeben kann, und können von einzelnen Menschen nur minimal beeinflusst werden (siehe: „Zersiedelung: Die Probleme mit dem Haus auf der grünen Wiese„).

2. Ein Umstieg auf Elektroantriebe

Dass die Grafik die Mittelwerte darstellt, merkt man beim Umstiegs auf batteriebetriebene Elektrofahrzeuge besonders empfindlich. Im Vergleich sieht es auf den ersten Blick so aus, als würde man nach einem Umstieg auf ein Elektroauto fast so wenig CO2 ausstoßen, wie gar kein Auto zu fahren. Das stimmt natürlich nicht (und man kann auch nicht beides gleichzeitig tun). Ein Leben mit elektrobetriebenen Fahrzeugen könnte sogar deutlich mehr als die angegebenen 1,95 Tonnen CO2 einsparen (bis zu 5,4). Aber es könnte auch das Gegenteil von gut sein.

Der Effekt hängt unter anderem davon ab, wie der Strom produziert wird (zum Beispiel ob mit Kohle oder Windenergie). Aber eine Verschlechterung ist ein E-Fahrzeug natürlich auch dann, wenn man vorher vielleicht gar kein Fahrzeug hatte oder einfach viel weniger gefahren ist. Alle Verbesserungen im Verkehr der letzten Jahrzehnte werden zum Beispiel dadurch ausradiert, dass immer mehr Fahrzeuge gekauft werden und pro Person auch immer mehr gefahren wird.

3. Eine Langstrecken-Flugreise weniger

Kurz und knapp: Viele Menschen reisen gar nie mit dem Flugzeug und können deshalb auch gar nicht darauf verzichten. Ein Drittel der österreichischen Bevölkerung fliegt nie, weitere 50% nur einmal im Jahr. Nicht ganz jedeR Fünfte fliegt aber gleich mehrmals im Jahr. Eine Langstrecken-Reise weniger zu machen (hin und zurück) kann da im Schnitt 1,9 Tonnen CO2 einsparen, und auch die Mittelstrecke schlägt mit einem Schnitt von 0,6 Tonnen CO2 immer noch deutlich an.

Das mit dem Verzichten auf Flüge (auch Transportflüge) müssen wir Menschen aber noch üben: In der Coronakrise kam der Flugverkehr zwar zum Erliegen, davor raste die Industrie aber von einem Passagierrekord zum nächsten.

4. Erneuerbare Energie nutzen

Erneuerbare Energien zu nutzen ist im Grunde zumindest in Österreich vielleicht einer der einfachsten Beiträge, um den eigenen CO2-Abdruck zu verkleinern. Schließlich kann man im Web mit wenigen Klicks und binnen weniger Minuten auf Ökostrom-Anbieter wechseln. Je nach Anbieter kann man dabei sogar Geld sparen. Natürlich ist für den tatsächlichen Effekt aber auch wichtig, wie genau der neue Hersteller die Energie erzeugt. Woher der Strom deines Anbieters kommst, siehst du übrigens auf der Stromrechnung – dort muss das nämlich stehen.

Sogar noch mehr als den Anbieter zu wechseln, kann es sogar bringen, wenn man die Energie selbst erzeugt (etwa mit Solaranlagen am eigenen Dach) – aber wer etwa in einer Mietwohnung lebt, kann das nicht selbst entscheiden. Und wie viel die Eigenproduktion dem Klima wirklich bringt, ist auch von vielen Faktoren abhängig. Eine Solaranlage in einem schattigen Graben könnte mehr Strom zur Herstellung brauchen, als sie je produzieren kann.

5. Fahr mit den Öffis

Wer auf das Auto verzichtet und auf Öffis umsteigt, kann dadurch im Schnitt etwa 0.98 Tonnen CO2 einsparen. Die StudienautorInnen erklären, dass das ebenso wie der Umstieg auf „aktive Verkehrsmittel“ (also alle, die mit Körperkraft betrieben werden – wie Fahrräder oder die eigenen Beine) aber natürlich vor allem für kürzere Alltagswege möglich ist. Für die meisten von uns sind das aber auch die meisten Wege, die sie zurücklegen. Besonders in Städten setzen bereits viele Menschen auf Öffis, da diese dort auch am besten ausgebaut sind. Zwei Drittel der Wiener Haushalte haben zum Beispiel bereits eine Jahreskarte. Daran sieht man aber auch, dass es nur bedingt eine „individuelle“ Entscheidung ist. Die politischen Rahmenbedingungen von gut ausgebauten Öffis müssen dazu auch erst einmal stimmen. Wir können und müssen sie von den Verantwortlichen aber auch fordern.

6. Renovierungen und Modernisierungen

Die eigene Wohnung oder das eigene Haus zu renovieren steht natürlich wegen der Eigentumsverhältnisse und finanziellen Möglichkeiten nicht jedem unbegrenzt offen. Wenn es möglich ist, baulich dafür zu sorgen, dass zum Beispiel heizen oder Klimaanlagen möglichst unnötig werden, kann das aber viel bringen. Auch hier ist die Politik gefragt – mit Vorschriften und Förderungen im privaten Bereich, aber auch Anpassungen dort, wo staatliche Einrichtungen die Immobilien besitzen (öffentliche Gebäude, Gemeindebauten etc.).

7. Ernähre dich vegan

Auch wer Fleisch- und Tierprodukte isst – wie ich – muss sich gestehen: Diese Art der Ernährung ist ein echtes Problem für unseren Planeten. Sich nach guten Alternativen umzusehen und diese Produkte zumindest möglichst selten zu essen, ist ein wichtiger persönlicher Beitrag zum Klimaschutz. Die dafür beste Ernährung ist vegan – also der komplette Verzicht auf alle tierischen Produkte. Denn pflanzliche Nahrungsmittel sind fast immer mit weniger Energie-, Platz- und Ressourcenverbrauch herstellbar als tierische. (siehe: „Wie viel Treibhausgas produziert dein Essen eigentlich?„)

8. Nutze eine Wärmepumpe

Wärmepumpen, bei denen vereinfacht gesagt Rohre weit in die Erde verlegt werden und mit etwas Strom die höheren Temperaturen dort ins Haus pumpen, sind ein recht klimafreundlicher Weg, um zu heizen – und zu kühlen (in diesem aktuellen „Erklär mir die Welt“-Podcast wird das Prinzip erklärt). Natürlich sind auch hier Eigentumsverhältnisse, Anschaffungspreis und Aufwand ein Hindernis, die die Maßnahme nicht gerade zur einfachsten und am weitesten verbreiteten Handlung für einzelne Personen machen.

9. Richtig und mit dem richtigen Gerät kochen

Bei diesem Punkt geht es nicht nur darum, mit ein paar besseren Töpfen zu kochen. Es geht auch darum, richtig zu kochen, darauf zu achten, was man kocht, wie die Energie dafür erzeugt wird, ob man energieeffiziente Küchengeräte hat und ob man mit seinem Kochgeschirr richtig umgehen kann. All das ist nicht banal, aber im Vergleich relativ günstig und machbar. Wer sich damit beschäftigt, kann damit zu einer merkbaren Senkung des eigenen CO2-Ausstoßes beitragen.

10. Heize mit erneuerbaren Energien

Die Möglichkeiten, beim Heizen etwas zu ändern, sind nicht immer ganz so einfach wie etwa beim Umstieg des Stromanbieters. Wie bei den Renovierungen hängt auch hier viel von politischen Förderungen und Vorschriften sowie den Eigentumsverhältnissen ab. Dazu braucht es anders als beim Strom oft auch aufwändige Umbauarbeiten.

Zusammenfassung

Es ist wichtig, herauszufinden, welche Maßnahmen im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe wirklich etwas bringen (oft wird das ganz falsch eingeschätzt). Diese Grafik hilft uns ziemlich eindrucksvoll zu verstehen, dass unser eigenes Verhalten im Kampf gegen die drohende Klimakatastrophe nicht egal ist. In der Studie findet man übrigens noch viele andere mögliche Maßnahmen, die im Schnitt vielleicht weniger bringen, aber eben auch ein bisschen was und im Einzelfall vielleicht sogar mehr.

Gleichzeitig vereinfacht die Grafik natürlich einige Aspekte sehr stark, die in der Studie selbst oft auch angesprochen werden. Die 9 Tonnen maximale Einsparung sind zum Beispiel ein sehr theoretischer Wert, den fast niemand so einfach erreichen kann (andere Menschen, die zwanzig Mal im Jahr um den Globus jetten, würden sich bei dieser Menge hingegen sehr leicht tun, aber dann trotzdem noch viel zu viel verbrauchen).

Außerdem darf man bei der Frage nach den Möglichkeiten des einzelnen Menschen auch nicht übersehen, dass unser Verhalten nicht immer eine freie und unabhängige Entscheidung ist. Es hat immer auch mit politischen Rahmenbedingungen und finanziellen Möglichkeiten zu tun. Auch die müssen wir deshalb immer mitgestalten.

Ganz so einfach, dass jedeR von uns nur rasch eine 10-Punkte-Checkliste abarbeiten müsste, ist es also leider nicht. Und die Politik und Wirtschaft können sich deshalb auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Für sie hat die Studie am Schluss deshalb auch eine Reihe an Handlungsvorschläge parat, die weit über die Möglichkeiten des einzelnen Menschen hinausgehen.

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