Faire Putzfirma: “Möchte nicht genauso scheiße behandeln, wie ich behandelt wurde”

Vor vier Jahren, mitten in der Corona-Pandemie, gründete der Berliner Marius Baumgärtel seine Putzfirma. Doch die “Queere Haushaltshilfe” sollte mehr sein als ein Dienstleister für saubere Wohnungen und Büros. Dort arbeiten queere Menschen wie er. Baumgärtel wollte Arbeitsplätze schaffen, die Safe Spaces für queere Menschen sind, sagt er zu MOMENT.at. “Und für Menschen, die Diskriminierungserfahrung haben und einfach keinen Bock mehr auf schlechte Arbeitgeber.”
Diskriminierung, schlechte Behandlung, fehlende Anerkennung. Für Putzkräfte ist das Alltag. Das will Baumgärtel ändern. Beim Start der Queeren Haushaltshilfe im Juni 2020, “wollte ich es so viel besser machen. Ich habe gesagt: Ich möchte nicht genauso scheiße behandeln, wie ich behandelt wurde”, sagt der 33-Jährige. Queeren Kund:innen soll es leichter fallen, jemanden zum Saubermachen in die eigene Wohnung und den privaten Nahebereich zu lassen. Die Vorstellung, die Reinigungskraft könnte Überzeugungen der Kund:innen verurteilen: das fällt bei der Queeren Haushaltshilfe weg.
Kaum Anerkennung für Putzkräfte – dabei geht nichts ohne sie
Putzen ist kein angesehener Beruf. Das liegt für Marius Baumgärtel vor allem daran, wie auf Reinigungskräfte geschaut wird: nämlich von oben herab. “Dabei sollten wir die Menschen gut behandeln, die sich bücken, um unseren Dreck wegzumachen.” Was Menschen leisten, die Operationssäle desinfizieren und in Kindergärten saubermachen oder die nachts Büros durchwischen, werde viel zu wenig beachtet und erst recht nicht anerkannt. “Es sind Menschen, die wir gar nicht wahrnehmen, weil sie nachts arbeiten oder im Verborgenen”, sagt Baumgärtel.
Aber: “Für unsere Gesellschaft ist Reinigungsarbeit eigentlich die entscheidende Arbeit.” Nur in einem sauberen Behandlungssaal, kann ein Arzt erfolgreich operieren. Die Reinigungskraft im Krankenhaus trägt mit am meisten zum Wohle der Gesellschaft bei. Das berechneten britische Forscher:innen schon vor 15 Jahren: Für jeden Euro an Gehalt für die Putzkräfte, gibt es 10 Euro an gesellschaftlichen Wert zurück. Ohne Putzkräfte “funktioniert eine ganze Stadt nicht mehr”, sagt Baumgärtel.
Geht raus in die Welt und sagt den Menschen, was sie gut machen bei der Arbeit, gerade den Reinigungskräften.
Dafür wünscht sich Baumgärtel mehr Anerkennung und mehr Wertschätzung. “Geht raus in die Welt und sagt den Menschen, was sie gut machen bei der Arbeit, gerade den Reinigungskräften.” Bei ihnen gelte bisher vor allem: Nicht geschimpft ist genug gelobt. “In unserer Branche ist es üblich, dass das Ausbleiben einer Beschwerde ein Kompliment sein soll”, sagt Baumgärtel. “Das ist viel zu wenig positives Feedback, das geht besser.”
Seinen Mitarbeiter:innen bei der “Queeren Haushaltshilfe” zahle er übertarifliche Löhne. Er habe sogenannte Moondays eingeführt. “Menschen, die Schmerzen aufgrund der Periode haben, bekommen einen Tag frei, da reicht ein Anruf am Morgen, bei voller Bezahlung natürlich.” Menschen, die nicht der christlichen Religion angehören, bekommen an den drei höchsten Feiertagen ihrer Religion frei. Er nehme sich Zeit für seine Mitarbeiter:innen. Regelmäßig führe er Feedbackgespräche.
“Ich möchte zeigen, dass es möglich ist, Menschen gut zu behandeln und trotzdem Gewinne zu machen”, sagt Baumgärtel. Das scheint bisher aufzugehen. Die Queere Haushaltshilfe hat inzwischen zwei Dutzend Mitarbeiter:innen. Für Baumgärtel Beweis dafür: “Ich muss nicht als Arbeitgeber Menschen schlecht behandeln, damit es läuft. Ich kann auch mit Menschen richtig gut umgehen und es läuft erst recht.”