Steiermark-Wahl: Die FPÖ ist nicht der Nordstern der Politik, pfeift endlich auf sie
Es ist immer wieder dasselbe ermüdende wie traurige Schauspiel: Nach einer geschlagenen Wahl laufen aller herum wie aufgescheuchte Hühner und vor der Wahl haben sie schon alle Angst vor dem Ergebnis, bevor nur eine Stimme abgegeben ist. Genau das ist – auch nach der Landtagswahl in der Steiermark – das Problem.
Die Steiermark-Wahl hat ein überzeugend klares Votum zu Gunsten der FPÖ gebracht. Die ÖVP stürzt ab. Die SPÖ stagniert nach unten. Die anderen Parteien sind irrelevant, wenn es um den Aufstieg der FPÖ bei den Wahlen geht, da ihre Wähler:innen null Überschneidungsfläche haben.
Man möchte jedes Mal wieder die Vertreter:innen der beiden, neben der FPÖ verbliebenen, Volksparteien schütten und sie fragen, was sie sich eigentlich vorgestellt haben. Wie kann man nach dem x-ten Versuch dasselbe zu tun, ernsthaft glauben, dass es dieses Mal sicher anders ausgeht?
„Wähl uns, damit alles gleich bleibt“
Dieses Trauerspiel zieht sich nun schon über Jahre. Es ist völlig absehbar, wie es weitergeht, wenn man genau diese Strategie weiter fährt: in den harmlosest vorstellbaren Worten zu versprechen, den Status Quo zu halten. Je radikaler die FPÖ wird, desto nichtssagender werden die anderen Großparteien. “Bitte wählt uns! Mit uns wird es nur ein bisserl schlechter.” Wer soll das wählen?
Man sitzt dem falschesten Kurzschluss auf, dass die FPÖ hauptsächlich wegen rechten Policy-Inhalten und nicht wegen eines diffusen Gefühles gewählt wird. Der Wunsch der Zerstörung und irgendeiner Veränderung des Status Quo, weil der als unerträglich empfunden wird.
Konkrete Maßnahmen entscheiden keine Wahl
Politik funktioniert nicht zuallererst über Policy. Das mag für 9%-Parteien und ihr hochgebildetes Special-Interest-Publikum gelten. Es kann aber nicht der Anspruch einer Partei sein, die Mehrheiten organisieren will.
Policy ist selbstverständlich wichtig für seriöse Politik und es ist absolut richtig, ein durchgerechnetes und von Expert:innen ausgearbeitetes Programm zu haben, das man ab Tag eins umsetzen kann. Nur muss man erstmal in diese Machtposition kommen. Und niemand wird gewählt, weil er einen Sub-Paragraphen im Mediengesetz ändern will. Auch wenn der bestimmt sehr wichtig ist.
Das Versprechen der FPÖ braucht eine Gegenerzählung
Man wird für ein Gefühl und ein Versprechen gewählt. Das Versprechen der FPÖ ist Zerstörung. Sie verspricht, über das Land zu walzen und all die Institutionen und Menschen(gruppen) kaputt zu machen, die sie für ein diffuses Unwohlsein verantwortlich macht.
Selbstverständlich ist das falsch, gespickt von Verschwörungsglauben und aberwitzigen Kulturkämpfen, die sich der Realität entziehen. Selbstverständlich ist es gefährlich: für den Sozialstaat, für die Demokratie, für Minderheiten, Frauen und Arbeitnehmer:innen.
Deswegen ist es ja so tragisch, dass die großen Parteien immer wieder denselben nicht funktionierenden Schmus versuchen. Statt den Status Quo aufzugeben und eine neue Idee wie Zukunft funktionieren kann zu formulieren. Wirklich niemand interessiert sich für den x-ten Anzugs-Menschen, der irgendwas von Sachzwängen und halbgaren Kompromissen fabuliert. Ein Demokratietheorie-Seminar als Wahlkampagne ist auch abgenutzt, vor 10 Jahren hat man die FPÖ noch ein wenig zurecht stutzen können, mittlerweile hat es sich verbraucht.
Sich nicht an der FPÖ messen
Das größte Problem ist, dass man jeden kleinen politischen Schritt an der FPÖ misst. Damit hat sie schon gewonnen, bevor sie irgendwas gesagt oder getan hat.
Was sagt die FPÖ dazu?
Hilft das der FPÖ?
Was wird die FPÖ damit machen?
Es ist völlig egal, solange man befindet, dass es politisch richtig ist. Im Moment ist die FPÖ aber der Nordstern der Politik der Anderen. Wann haben die großen Parteien aufgehört, eigenständige Politik zu machen und sind zu Angst-Cheerleaderinnen der FPÖ geworden?
Ein Bild von der Zukunft
Wer der extremen Rechten wirklich beikommen will, fürchtet sich weder vor Wahlen noch vor Wähler:innen. Und der kopiert nicht in einer kompletten Selbstaufgabe eben jene extreme Rechte.
Wer nicht beantworten kann, wie radikal anders und besser die Zukunft in 5 oder 10 Jahren sein soll, der wird völlig zu Recht nicht gewählt. Denn sie wird ohne jeden Zweifel radikal anders sein, ob man will oder nicht. Wer völlig depolarisiert an Überschriften und dem Status Quo festhält, der wird mit ihm untergehen.
Die Zukunft gehört jenen, die sie jetzt skizzieren.