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Kapitalismus

Die Leerstandsabgabe erklärt: Wie hoch soll sie sein?

Das Bild zeigt ein leeres Zimmer, an dessen Ende Fenster zu sehen sind. Licht scheint durch die Fenster in den Wohnraum. Bebildert wird ein Artikel zur Leerstandsabgabe.
Potenziell 650.000 Wohnungen stehen in Österreich leer. Die Leerstandsabgabe könnte helfen. Foto: Raya Mal/Unsplash
Die Mieten werden immer teurer. Einerseits, weil Städte wachsen und Wohnraum knapp ist. Andererseits, weil die Teuerung die Preise antreibt. Und: weil viele Wohnungen und Häuser leer stehen. Kann die Leerstandsabgabe daran was ändern?

Was ist die Leerstandsabgabe?

Die Leerstandsabgabe ist eine Abgabe auf leerstehenden Wohnraum. Vermieten Besitzer:innen ihre Immobilien nicht, müssen sie diese Abgabe bezahlen. So sollen Eigentümer:innen motiviert werden, Wohnraum auch für Wohnen zur Verfügung zu stellen.

Wie viele Wohnungen stehen in Österreich leer?

Verlässliche Zahlen zu Leerstand in Österreich gibt es nicht. Ein Indiz ist jedoch, ob in einer Wohnung eine Person einen Wohnsitz gemeldet hat oder nicht. In etwa 650.000 Wohnungen in ganz Österreich ist das nicht der Fall. Es gibt jedoch Wohnungen, in denen Menschen zwar gemeldet sind, aber nicht wohnen und umgekehrt.

Genaue Zahlen könnten verpflichtende Leerstandsmelder bieten, wie das in der Schweiz und teilweise in Deutschland der Fall ist.

Braucht es eine Leerstandsabgabe?

Durch die Leerstandsabgabe wird es unattraktiver, Wohnraum leer stehen zu lassen. Sie hilft also dabei, dass Immobilien tatsächlich den vorgesehenen Sinn erfüllen: Nämlich, dass Menschen darin wohnen. Sie soll preistreibenden Spekulationen entgegenwirken und helfen, Wohnraum leistbar zu halten.

Eine Leerstandsabgabe sorgt auch für mehr Verteilungsgerechtigkeit, denn vor allem das reichste Vermögenszehntel besitzt und vermietet Wohnraum. Dagegen wohnen Menschen mit niedrigem Vermögen hauptsächlich zur Miete.

Die Grafik zeigt, dass die reichsten Einkommenszehntel der Bevölkerung Wohnraum vermieten, während die unteren Einkommenszehntel zum größten Teil mieten.

Während Menschen mit wenig Einkommen zum größten Teil mieten, vermieten nur die reichsten Einkommenszehntel.

Ein weiteres Argument für eine Leerstandsabgabe ist, dass es nachhaltiger ist, bestehenden Wohnraum zu nutzen als neuen zu bauen. Gerade in Österreich ist der Bodenverbrauch viel zu hoch.
Gegner:innen einer Leerstandsabgabe sehen sie als Eingriff in private Eigentumsrechte.

Gibt es in Österreich eine Leerstandsabgabe?

Es gibt in Österreich bereits Leerstandsabgaben: In Vorarlberg, Tirol, Salzburg und der Steiermark.

Im Zuge der Präsentation eines Wohnbaupakets, um die strauchelnde Baubranche anzukurbeln, hat die Regierung in Aussicht gestellt, Ländern die Einhebung von Leerstandsabgaben zu erleichtern. Es könnten also weitere und höhere Abgaben folgen.

Wie hoch ist die Leerstandsabgabe?

Die Leerstandsabgabe ist in den österreichischen Bundesländern unterschiedlich hoch. Nach den entsprechenden Gesetzen kann sie zwischen 3,60 Euro pro Quadratmeter bis hin zu 35,00 Euro pro Quadratmeter im Jahr variieren.

Dabei liegt sie in der Steiermark bei maximal 10 Euro pro Quadratmeter und Jahr.

In Salzburg hängt die Höhe der Abgabe von der Größe der Wohnung ab und liegt zwischen 20,00 und 35,00 Euro pro Quadratmeter.

Auch in Tirol hängt die Abgabe von der Nutzfläche des Wohnraums ab und liegt zwischen 3,60 Euro und 20,00 Euro pro Quadratmeter und Jahr. Berücksichtigt wird in diesem Bundesland auch der Wohnungsdruck. Wo dieser besonders hoch ist, ist auch die Abgabe höher. Zu diesen sogenannten Vorbehaltsgemeinden zählen unter anderem Hall in Tirol, Innsbruck, Ischgl, Kufstein oder St. Anton am Arlberg. Der Preis pro Quadradmeter schwankt hier zwischen 7,20 Euro und 40 Euro im Jahr.

In Vorarlberg orientiert sich die Höhe der Abgabe am Anteil an Leerstand in der Gemeinde. In Gemeinden, in denen bei mehr als 30 Prozent der Wohnungen keine Meldung als Hauptwohnsitz
vorliegt, sind bis zu 18,50 Euro zu bezahlen (maximal jedoch 2.775,00 Euro). In Gemeinden, bei denen bei mehr als 15 Prozent der Wohnungen kein Hauptwohnsitz angemeldet sind, sind es höchstens 14,10 Euro (maximal 2.115,00 Euro). Bei Gemeinden mit weniger als 15 Prozent ohne Hauptwohnsitz sind es 820 Euro (maximal 1.230,00 Euro). 

Alle bestehenden Abgaben sind vergleichsweise niedrig. Sie müssten laut Expert:innen erhöht werden, um das Verhalten von Vermieter:innen zu ändern.

Spekulation mit Wohnungen: Wieso lohnt sich Leerstand?

Leerstand gibt es unter anderem, weil auf steigende Werte spekuliert wird. Eigentümer:innen halten Immobilien zurück, Wohnraum wird knapp und der Preis steigt. So lassen sich die Immobilien zu einem späteren Zeitpunkt teurer verkaufen. Wenn bereits Menschen darin wohnen, ist das Verkaufen oft schwieriger. Der steigende Wert kann die möglichen Einnahmen aus den Mieten übertreffen.

Wie hoch sollte die Leerstandsabgabe sein?

Um diesen Wohnraum-Spekulationen etwas entgegen zu setzen, sollte die Leerstandsabgabe laut Momentum Institut mindestens so hoch sein wie die Wertsteigerung der Immobilie. Das wäre im vergangenen Jahrzehnt ab einer Abgabe von 200 Euro pro Quadratmeter und Jahr der Fall gewesen.

Die Grafik zeigt, wie sich der Wert von Immobilien seit 2015 gesteigert hat und mögliche Leerstandsabgaben. Aber einer Leerstandsabgabe von 200 € pro Quadratmeter ist sie höher als die Wertsteigerung der Immobilien.

Erst ab einer Leerstandsabgabe von 200 Euro pro Quadratmeter ist die Abgabe höher als die Wertsteigerung der Immobilien der vergangenen Jahre.

Bei 650.000 leeren Wohnungen könnte der Staat damit bis zu 12,3 Milliarden Euro pro Jahr einnehmen. Wobei das die Obergrenze ist, da wegen der schlechten Datenlage in dieser Berechnung keine Ausnahmen berücksichtigt wurden.

Die Grafik zeigt wie viele Immobilien in welchen Bundesländern potenziell leer stehen und wie viel Geld damit eingenommen werden kann. In Vorarlberg sind es 28.879 Wohnungen und Häuser, wodurch etwa 0,5 Milliarden Euro eingenommen werden können. In Tirol 68.391 Wohnräume und 1,3 Milliarden Euro. In Salzburg 46.454 und 0,8 Milliarden Euro. In Oberösterreich 92.729 und 19,9 Milliarden Euro. In Niederösterreich 133.967 und 2,8 Milliarden Euro. In Kärnten 53.104 und 1,0 Milliarden Euro. In der Steiermark 101.498 und 1,9 Milliarden Euro. In Burgenland 23.277 und 0,5 Milliarden Euro. In Wien 104.729 und 1,5 Milliarden Euro.

Mit einer Leerstandsabgabe von 200 Euro pro Quadratmeter könnte der Staat bis zu 12,3 Milliarden Euro pro Jahr einnehmen.

Was gilt als Leerstand?

Das ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt. In Tirol ist eine Leerstandsabgabe fällig, wenn ein Gebäude, eine Wohnung oder sonstige Teile von Gebäuden über einen durchgehenden Zeitraum von sechs Monaten nicht als Wohnsitz verwendet werden.

In Salzburg und der Steiermark müssen Eigentümer:innen Abgaben zahlen, wenn an mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr kein Wohnsitz gemeldet ist.

Gibt es Ausnahmen bei der Leerstandsabgabe?

Die Bundesländer haben Ausnahmen der Leerstandsabgabe festgelegt. Das sind zum Beispiel:

  • Wohnungen, die gewerblichen an Gäst:innen vermietet werden.
  • Wohnungen, in denen selbständige Tätigkeiten mit Kundenkontakt ausgeübt werden wie bei Ärzt:innen oder Psychotherapeut:innen.
  • Wenn Personen Betreuung brauchen und beispielsweise in eine stationäre Einrichtung wechseln und deswegen die Wohnung nicht mehr nutzen.
  • Wohnungen, die Pfleger:innen zur Verfügung gestellt werden.
  • Eine Wohnung in einem Wohnhaus mit höchsten zwei Wohneinheiten – sofern die Eigentümer:innen die andere Wohnung als Hauptwohnsitz nutzen.
  • Wohnungen, die aus Sicherheits- oder gesundheitlichen Bedenken nicht bewohnbar sind und bei denen eine Instandsetzung wirtschaftlich nicht zumutbar ist

Diese Ausnahmen gelten nur, wenn die Wohnungen auch keinen anderen Personen zur Nutzung überlassen – also vermietet – wird.

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