Wem gehören Österreichs Medien und warum ist das ein Problem?
Wenn man die Eigentümer Österreichs Medien aufzählen will, kommt man im Wesentlichen mit sehr wenigen Namen aus.
Die Kleine Zeitung, Die Presse, Die Furche, Antenne Steiermark, Antenne Kärnten und noch ein paar andere kleinere Medien sind in Besitz der Styria Media Group. Die wiederum ist im Besitz der Kirche. Der gehören auch die Niederösterreichischen Nachrichten zu 80 Prozent.
Die anderen 20 Prozent gehören der Raiffeisenbank. Die besitzt zudem rund die Hälfte der Anteile an der Tageszeitung Kurier und dem Magazin Profil.
Die anderen Anteile gehören der WAZ Ausland Holding GmbH und damit der deutschen FUNKE-Gruppe – und zumindest noch der Signa Holding GmbH von René Benko. Die ist inzwischen pleite, weswegen die Anteile der Signa zum Verkauf stehen. An manchen dieser Anteile wurde auch schon Interesse bekundet – von der Raiffeisenbank.
Bisher hielt Benkos Signa außerdem auch Anteile an der größten österreichischen Tageszeitung, der Kronen Zeitung. Nach dem Zusammenbruch des Signa-Imperiums ist Benko auch als Medieninvestor aus dem Spiel. Und auch die Funke Mediengruppe verkauft nach langem, teils erbittertem Streit ihren 50-Prozent-Anteil an der „Krone“ an die Familie Dichand. Damit liegt die „Krone“ erstmals seit 1987 wieder vollständig in österreichischer Hand – und zwar exklusiv bei einer der einflussreichsten Medienfamilien des Landes. die auf Platz 60 der Liste der reichsten Österreicher:innen steht. Wie genau Familie die Anteile verteilt ist noch offen, aber Christoph und Michael Dichand dürften laut aktuellen Berichten die Mehrheit übernehmen.
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Christoph Dichands Frau Eva Dichand ist Herausgeberin und Miteigentümerin des zweiten großen Boulevardblatts in Österreich: der Heute.
Das dritte Boulevardmedium oe24 gehört der Familie Fellner beziehungsweise einer ihr nahestehenden Person. Andere Familien, die wesentliche Teile unserer großen Medien besitzen, heißen Russ, Moser, Falk, Bronner, Cuturi, Dasch und Mateschitz.
Österreichs Medien und ihre Eigentümer: Warum ist das ein Problem?
Wer über Chefredaktion und Herausgeberschaft entscheidet, hat auch großen Einfluss auf die Berichterstattung in einem Medium. Dazu müssen sie nicht direkt in einzelne Entscheidungen eingreifen. Die Blattlinie und das von ihnen gewählte Personal gestalten, was veröffentlicht wird.
Wie weit Eigentümer:innen darüber hinaus direkt und indirekt eingreifen, ist von Haus zu Haus unterschiedlich und oft auch schwierig zu beurteilen. Möglichkeiten dazu gibt es jedenfalls – und Recherchen zeigen, dass sie wohl auch immer wieder genutzt werden.
Dabei haben Kirche, Banken und Reiche eigene Interessen, die sie verfolgen. Vermögens- oder Bankensteuern und kritische Berichterstattung über die eigenen Geschäfte und Verhaltensweisen gehören meist nicht dazu. Vielleicht wird vor Wahlen auch deshalb wenig darüber geredet.
Medien spielen eine wichtige Rolle in der Demokratie. Sie informieren Menschen und haben damit auch Einfluss darauf, wie wir die Welt sehen, bewerten und mitgestalten. Lesen die Bürger:innen von der Vermögenssteuer als “Schnüffelsteuer”, beeinflusst das, wie sie darüber denken. Lesen sie dauernd, dass Sozialbetrug ein großes Problem ist, glauben sie das – auch wenn es gar nicht so groß ist.
Außerdem kontrollieren Medien staatliche Institutionen. Sie sollen kritisch darüber berichten und Skandale und Machtmissbrauch aufdecken. Deswegen werden Medien auch die vierte Gewalt des Staates genannt.
Damit sie das sein und tun können, dürfen Vertreter:innen dieser staatlichen Institutionen nicht mitmischen. Die Raiffeisenbank gilt aber als die Haus- und Hofbank der ÖVP. Überreiche wie René Benko oder die Familie Dichand pflegen sehr gute Kontakte zu Politiker:innen. Immer wieder gibt es zumindest Anzeichen, dass nicht nur Eigentümer:innen die Politik beeinflussen wollen, sondern Politiker:innen auch versuchen, Medien zu beeinflussen.
Unter anderem deswegen ist Österreich in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit abgerutscht. Von Platz 7 im Jahr 2015 auf Platz 32 2024. Reporter ohne Grenzen Österreich sprach von Zuständen, die einer liberalen Demokratie zuwiderlaufen. 2025 hat sich Österreich wieder etwas verbessert auf Rang 22.
Das ist aber noch kein Grund zur Entwarnung, mahnt Reporter ohne Grenzen: Die Medienförderung sei zwar verbessert worden, “Boulevardmedien erhalten aber weiterhin den größten Teil der staatlichen Unterstützung, eine Förderung neuer und vor allem digitaler Medienvielfalt fehlt fast komplett.“ Von den Top 10 sind wir weit entfernt.
Wie werden wir wieder Vorreiter in Sachen Pressefreiheit?
Österreich ist ein kleiner und finanziell schwieriger Markt für Medien. Um die Medienvielfalt und die Demokratie zu stärken, brauchen wir ein sinnvolles Medienförderungsgesetz. Das sollte stärker als heute journalistische Qualität und Vielfalt, statt Auflagen und Medienkonzerne fördern. Damit sollte es auch kleinere Medien absichern, die im selben schwierigen Markt auch noch neben spendabel überförderten Konzernriesen überleben müssen. Und auch nicht-profitorientierte Medien brauchen mehr Absicherung.
Teure Inserate können und sollten sich Regierungen hingegen sparen. Mit solchen wird hierzulande vor allem der profitorientierte Boulevard finanziert. Politiker:innen haben sich dabei zumindest laut Vorwürfen auch mutmaßlich gefällige Berichterstattung gekauft. Bewahrheitet sich das, wäre es nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch gesetzlich verboten. Auf jeden Fall schafft es problematische Abhängigkeiten und Anreize.
Wenn man von einer vielfältigen Medienlandschaft spricht, darf auch der ORF nicht fehlen. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist das größte Gegenmodell und die wichtigste Absicherung zu einer Medien-Oligarchie. In Österreich muss er dafür aber stärker demokratisiert und unabhängiger von Parteipolitik gemacht werden. Er gehört uns allen, keiner Regierung. Aber die entscheidet in der Realität über seine Führungsebene, Finanzierung, Aufgaben und Rechte.
Bisherige Bemühungen für Verbesserungen in diesen Bereichen sind spärlich. Klar gesagt: sie genügen nicht. Auf höherer Ebene könnten beispielsweise Vertreter:innen der Bevölkerung direkt und per Los in den Publikumsrat entsandt werden.
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