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Ungleichheit
Kapitalismus

So kann man Kriegsprofite abschöpfen: 4 häufige Mythen über die Übergewinnsteuer aufgeklärt

Der Krieg in der Ukraine sorgt weltweit für steigende Preise. Bei manchen Unternehmen kommt es so zu Gewinnen, mit denen sie nicht rechnen konnten, weil sie dafür nichts geleistet haben. Diese Kriegsprofite lassen sich abschöpfen. Mit einer Übergewinnsteuer könnte man Maßnahmen gegen die Folgen der Krise finanzieren. Immer wieder führen Konservative falsche Argumente dagegen ins Feld. Momentum-Ökonom Jakob Sturn klärt vier der häufigsten Mythen auf.

Als die heimischen Energiekonzerne OMV und Verbund im letzten Monat ihre Gewinne für das zweite Quartal 2022 veröffentlichten, staunte so manche:r nicht schlecht. Allein im ersten Halbjahr 2022 erzielte der Verbund einen Gewinn von EUR 933 Mio., das ist eine Steigerung von 152% gegenüber dem Vorjahr. Der Mineralölkonzern OMV machte rund EUR 3,4 Mrd. Gewinn, eine Steigerung von 105%.  

Grund für diese enormen (Über-)Gewinne sind aber nicht kluge Investitionsentscheidungen aus der Vergangenheit, sondern der Krieg in der Ukraine. Dieser führt zu großen Unsicherheiten an den Rohstoffmärkten und diese treiben wiederum den Preis in die Höhe. Während sich also Konsumentinnen bei einer Inflationsrate von 9,2 Prozent immer weniger leisten können, schrauben Strom- und Mineralölkonzerne die Preise noch stärker nach oben. Sie sind Kriegsprofiteure und schreiben enorme Übergewinne, ohne dafür etwas getan zu haben.  

Das empfinden viele Menschen als ungerecht. Progressive Politiker:innen wollen diese Übergewinne deshalb besteuert sehen. Konservative warnen, weil sie um sich um Wirtschaftsstandort und zukünftige Investitionen sorgen. Einer wissenschaftlichen Überprüfung halten die meisten Argumente gegen die Übergewinnsteuer jedoch nicht stand.  
 

Mythos #1: Gewinne sind immer gut 

Gewinne sind dann gut, wenn sie erstens auf einer klugen Investition beruhen, und zweitens langfristig nicht zu hoch sind. Wenn Gewinne langfristig hoch sind, ist das eher ein Zeichen von mangelndem Wettbewerb.  

Denn – so die Theorie – Gewinne in einem Sektor locken andere Anbieter:innen an, die den Preis des Produktes so lange drücken, bis der Preis den Kosten für das zuletzt produzierte Stück entspricht. Einen Gewinn erzielen dann nur mehr jene, die kostengünstiger produzieren können.  

Aus diesem Grund sind auch Patente immer zeitbegrenzt. Man will jenen, die innovative Produkte oder Dienstleistungen entwerfen, einen begrenzen Zeitraum zugestehen, in denen nur sie diese Technologie verwenden dürfen. Damit sollen sich kluge aber finanziell riskante Investitionen lohnen. Ist dieser Zeitraum aber abgelaufen, dürfen alle die neue Technologie verwenden. Nachahmer:innen treten auf den Markt und drücken langfristig den Preis und die Gewinne der anderen.  

Mythos #2: Eine Übergewinnsteuer schmälert die Investitionen in der Zukunft  

Senkt eine nachträgliche Besteuerung den Anreiz, zukünftig etwas zu investieren? Die Theorie sieht das anders: Unternehmen entscheiden sich für Investitionen, wenn sie sich eine gute Rendite erwarten. Da Übergewinnsteuern ja nur auf Gewinne gelten, die auf keiner Investition, sondern auf Glück beruhen, bleibt die zukünftige Investitionsrendite gleich. Gerade deshalb ist die Übergewinnsteuer so eine effiziente Steuer. Sie muss bei zukünftigen Investitionen nicht einkalkuliert werden, denn sie gilt ja nur für jene Übergewinne, die entstanden sind, weil das Unternehmen vom Krieg profitiert.  

So bestraft die Steuer auch nicht jene Unternehmen, die wirtschaftlich klug gehandelt haben, sondern verteilt das Geld von jenen um, die ohne unternehmerische Leistung horrende Preise verlangen können. Und diese Preise können sie auch deshalb verlangen, weil Energie nun mal konsumiert werden muss, sei es beim Heizen oder im Verkehr. In der Wissenschaft bedeutet das: Die Nachfrage ist inelastisch. Auch bei einem hohen Preis, verringert sich die nachgefragte Menge kaum. 
 

Mythos #3: Eine Übergewinnsteuer führt zu noch höheren Preisen 

Die Gefahr, dass Unternehmen bei einer Übergewinnsteuer einfach noch höhere Preise verlangen, ist gering. Denn eine Übergewinnsteuer besteuert nicht jedes Produkt zusätzlich, wie etwa die Umsatzsteuer, sondern den Übergewinn, den das Unternehmen am Ende der Periode erzielt hat.  

Das Unternehmen hat die Preise seiner Produkte ja bereits vor der möglichen Übergewinnsteuer festgesetzt – und zwar so, dass der Gewinn möglichst groß ist. So ändert sich dieser Preis auch im Fall einer Übergewinnsteuer nicht. Der zuvor gesetzte Preis ist immer noch jener, der den höchsten Gewinn erzeugt.  
 

Mythos #4: Übergewinne sind schwer identifizierbar 

Übergewinne lassen sich grundsätzlich sehr einfach feststellen. Da Unternehmensgewinne ohnehin der Körperschaftssteuer unterliegen, wissen die Steuerbehörden sehr genau über die Gewinne der vergangenen Jahre Bescheid. Wenn man nun einen Durchschnitt der vergangenen Jahre bildet, kann man diesen mit den aktuellen Gewinnen vergleichen.  

Andere Staaten in Europa haben bereits eine solche Übergewinnsteuer. Griechenland etwa besteuert alle Übergewinne der heimischen Energieerzeuger mit 90%. Dabei vergleicht es die aktuellen Gewinne mit jenen des Vorjahres.  
 

Fazit

Eine Übergewinnsteuer ist deshalb so effizient, weil sie für die zukünftigen Investitionsentscheidungen eines Unternehmens irrelevant ist. Für die Einnahmenseite des Staates ist sie jedoch wichtig, um Maßnahmen gegen die Inflation zu finanzieren und den Konsument:innen die Mehrkosten, die sie nun durch den Krieg zu tragen haben, wieder abzugelten.  

 

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