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Arbeitswelt

Spar dir die Spenden-Heuchelei, liebe Politik

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Die Spenden-Shows von Politiker:innen vor Weihnachten lenken davon ab, dass Armut politisch mit einfachen Maßnahmen zu beseitigen wäre. Barbara Blaha sagt: Moment mal.

Zu Weihnachten ist die SCHÖNSTE Zeit des Jahres. Und Weihnachten ist die Zeit der großen Heuchelei.  Politiker:innen laufen von Spendengala zu Spendengala, weil … “die armen Kinder” Politisch passiert das Gegenteil: „Union fordert Stopp der Grundsicherung„.
 

Spenden statt Politik

Kennen wir ja: Als Kanzler einmal im Jahr Spenden sammeln, aber eigentlich finden: Arme sind ja selber schuld. „Wenn ich zu wenig Geld hab, geh ich mehr arbeiten“, sagt Herr Nehammer im Burger-Video.

Schauen wir uns die Fakten an: 1,5 Millionen Menschen in Österreich leben in echter Armutsgefahr: Jeder Fünfte davon ist ein Kind. Über 200.000 Menschen sind in Österreich so arm, dass sie nicht einmal jeden Tag eine warme Mahlzeit auf den Tisch bringen können. 

Wen Armut besonders betrifft

2 Gruppen trifft es besonders schlimm: 

  1. Alleinerziehende – und ihre Kinder

Jede 8. Familie ist eine Ein-Eltern-Familie: In den allermeisten Fällen ist es die Mama, die sich allein um die Kinder kümmert. „Wenn ich zu wenig Geld hab, geh ich mehr arbeiten“? Ja, wie denn? Gerade am Land kannst du dich als Alleinerzieherin brausen gehen: Da haben nur 4 von 10 Kindergärten lang genug offen, dass sich eine Vollzeitstelle neben den Kindern ausgeht. Also nicht zuletzt deshalb: Jede zweite alleinerziehende Mama arbeitet Teilzeit. Aber wer nur Teilzeit arbeiten kann, verdient zum Leben nicht genug. Die Konsequenz: Eine von zwei Alleinerziehenden – und ihre Kinder –  sind arm. Das könnte man ändern: Indem man ausreichend Kindergartenplätze schafft, damit auch die alleinerziehende Mama eine Chance auf einen Vollzeitjob hat. 

  1. Arbeitslose – und ihre Kinder

Wer seinen Job verliert, verliert über Nacht auch die Hälfte des Familien-Einkommens. Die Fixkosten halbieren sich aber nicht. 9 von 10 Arbeitslosen landen mit ihrem Arbeitslosengeld unter der Armutsgefährdungsschwelle. Am Anfang retten einen da vielleicht noch die Ersparnisse, aber die sind, wenn es überhaupt welche gibt, bald mal aufgebraucht: Je länger die Arbeitssuche dauert, desto schwieriger die finanzielle Lage. 

Selbst ausgesucht hat sich das fast niemand: Drei von vier Arbeitslosen wurden gekündigt oder aufgrund betrieblicher Umstände arbeitslos, für die sie selbst nichts können. Die Teuerungskrise drückt Arbeitssuchende noch tiefer in die Armut. Denn das Arbeitslosengeld wird im Gegensatz zu anderen Sozialleistungen nicht an die Inflation angepasst. So verlieren Arbeitssuchende jedes Monat Kaufkraft. Das durchschnittliche Arbeitslosengeld ist deshalb heute 14,8 Prozent weniger wert als noch vor einem Jahr.
 

Niedriges Arbeitslosengeld ist noch niedriger als oft gesagt

Dazu kommt: nicht das letzte – meistens beste – Einkommen wird zur Berechnung des Arbeitslosengelds herangezogen. Sondern das Gehalt von vor einem Jahr. Und das geht so: Wie viel man verdient, das weiß die Sozialversicherung ja anhand der Beiträge, die der Arbeitgeber jedes Monat abliefert. Aber diese Beiträge können ein Jahr lang “berichtigt” werden, um kurzfristige Lohnschwankungen auszufiltern. 

Und die Sozialversicherung nimmt eben dieses “Berichtigungsjahr” aus, deshalb bemisst sich das Arbeitslosengeld am Gehalt von vor ein bis zwei Jahren. In Zeiten ungebremster Inflation macht das natürlich einen riesigen Unterschied, für Arbeitssuchende eine Katastrophe.

Während manche Sozialleistungen mit der Teuerung mitwachsen, ist das bei Arbeitslosengeld und Notstandshilfe also nicht der Fall. Das kann man ganz leicht ändern: Und das Arbeitslosengeld mit den Preisen Schritt halten lassen. Das wäre eine einfache, politische Entscheidung.
 

Armut ist teuer, nicht die Bekämpfung

Aber … ich höre die Frage schon kommen: Wer soll das bezahlen?! Die richtige Frage wäre: Wieso leisten wir uns diesen Zustand überhaupt? Also nochmal: Wer Arbeit sucht oder alleinerziehend ist, hat ein hohes Risiko arm zu werden … oder bitterarm zu sein. Jedes fünfte Kind in Österreich wächst in einer armen Familie auf.

Und diese Kinderarmut lassen wir uns richtig was kosten. Wer arm ist, ist weniger gesund; wer arm ist, hat weniger Chancen, gut durch die Schule zu kommen. Und wer arm ist, hat später ein höheres Risiko, arbeitslos zu werden.  

Die Kosten für all das – schlechtere Gesundheit, schlechtere Bildung, schlechtere Chancen am Arbeitsmarkt … diese Kosten beziffert die OECD mit 17,2 Milliarden Euro. Das sind fast 4 Prozent unserer Wirtschaftsleistung. Unser gemeinsamer Staatshaushalt verliert so 5,6 Milliarden, weil ihm Einkommenssteuern und Sozialabgaben entgehen –  und er im Gegenzug mehr Sozialleistungen finanzieren muss: 700 Millionen Euro

Armut abschaffen, Geld sparen

Dieses Geld blasen wir jedes Jahr raus – statt Sozialhilfe, Arbeitslosengeld, Notstandshilfe und Mindestpension endlich dauerhaft über die Armutsgrenze zu heben. Statt Kindergärten zu bauen und gemeinnützigen Wohnbau anzuschieben. 

Aber, natürlich: Dann wäre unser Sozialstaat endlich armutsfest. Dann könnte die Politik nimmer jedes Jahr zu Weihnachten herumheucheln. Oder wie es Willi Resetarits mal so schön gesagt hat: Würde die Regierung ihre Arbeit tun, dann bräuchten wir kein Licht ins Dunkel.

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