Rene Benko wurde verhaftet: Was jetzt wichtig ist
Es ist passiert: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft hat die Untersuchungs-Haft für René Benko beantragt. Der Signa-Gründer wurde festgenommen. Lange gedauert hat es. Es geschieht mehr als ein Jahr nachdem René Benkos Signa die größte Pleite der zweiten Republik hingelegt hat. Wird jetzt endlich aufgeklärt? Und sind die strafrechtlichen Fragen überhaupt die wichtigsten bei der Aufarbeitung des Signa-Modells?
Moment Mal!
Nach allem, was wir im vergangenen Jahr über den Fall Signa gelernt haben, ist diese Entwicklung nicht überraschend. Die Liste strafrechtlich relevanter Vorwürfe ist lang. Sie reicht zurück bis in die Zeit, als Sebastian Kurz noch Kanzler war. Damals soll Benko versucht haben, den damaligen Generalsekretär im Finanzministerium Thomas Schmid mit einem lukrativen Jobangebot zu bestechen.
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Warum ist Rene Benko in U-Haft?
Im Fokus der Verhaftung stehen aber andere Vorwürfe. Sie dürften vorrangig mit der Insolvenz zentraler Signa-Gesellschaften zu tun haben: etwa der Signa Holding GmbH, der Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG. Der zentrale Vorwurf: betrügerische Krida.
Das bedeutet konkret: einerseits soll Benko Vermögenswerte aus Signa-Gesellschaften hin in seine Einflusssphäre verschoben haben. Und das als die Insolvenz bereits absehbar war – zu Lasten der Gläubiger, die nach der Insolvenzeröffnung keinen Zugriff mehr darauf haben.
Andererseits soll Benko die wirtschaftliche Lage von Signa-Gesellschaften besser dargestellt haben, als sie tatsächlich war. So habe er trotz drohender Insolvenz frisches Geld von Gläubigern erhalten.
War es nur Rene Benko allein?
Beides ist bei Insolvenzen dieser Größenordnung leider häufig der Fall: einzelne Entscheidungsträger versuchen mit rechtlich fragwürdigem Verhalten zu retten, was nicht mehr zu retten ist. Besonders brisant am Fall Signa ist aber: René Benko selbst soll ja zuletzt in keiner operativen Funktion als Geschäftsführer oder Vorstand von betroffenen Gesellschaften tätig gewesen sein.
Es wäre also verwunderlich, wenn nur Benko selbst das getan hätte? Und nicht auch andere zentrale weitere Manager.
Etwa Manuel Pirolt, der in über 200 Gesellschaften im Signa-Geflecht als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen war.
Oder Marcus Mühlberger, der jahrelang Geschäftsführer der Signa Holding GmbH war. Auch gegen ihn wird schon seit längerem staatsanwaltlich ermittelt.
Denn auch, wenn Benko mutmaßlich als Mastermind und Bestimmungstäter gehandelt hat. Er konnte das nicht tun ohne Mitwirkung der offiziell und operativ tätigen Vorstände, Geschäftsführer und Aufsichtsräte.
Das Wesentliche nicht übersehen
Ob im Zuge des Strafprozesses letztlich mehr Licht ins Dunkel des Signa-Dickichts gebracht wird, bleibt abzuwarten.
Jedenfalls aber drohen durch die ganze Aufmerksamkeit für den Kriminalfall Benko die Facetten des Immobilien-Falls Signa in Vergessenheit zu geraten. Für die gesellschaftliche Aufarbeitung sind die aber wahrscheinlich wichtiger.
Denn auch wenn es am Ende zu Insolvenzverschleppung und -betrug gekommen sein sollte. Viele von Signas Geschäftspraktiken waren nach heutigen Wissensstand legal: etwa die aufwertungsbasierte Kreditfinanzierung des märchenhaften Signa-Wachstums.
Mehr Fokus auf Immo-Investment-Branche
Wenn es also darum gehen soll, den nächsten Benko in 15 Jahren zu verhindern, dann braucht es neue und strengere Regeln für Finanzierung und Besteuerung im Immobiliensektor. Denkbar wäre hier beispielsweise eine eigene Rechtsform für Immobiliengesellschaften einzuführen, die ihr Geld primär oder ausschließlich mit Immobilien verdienen – wie in Frankreich oder den Niederlanden. Das würde es erlauben, hier strengere Transparenzregeln vorzusehen und auch das Schließen von Steuerschlupflöchern im Bereich der Grunderwerbsteuer vereinfachen.
Dafür wird es aber notwendig sein, nicht nur die strafrechtlichen Aspekte von Signa und Benko im Blick zu behalten.
Korrekturhinweis, 27.01.2025: in der Textfassung wurde der unscharfe und nicht zutreffende Begriff der „Insolvenzverschleppung“ durch den korrekten Vorwurf der „betrügerischen Krida“ ersetzt.