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Ungleichheit

Drei Argumente für die Gesamtschule

Drei Argumente für die Gesamtschule
In der vergangenen Woche ist in Österreich die neue PISA-Studie angelaufen. 15- bis 16-Jährige müssen dabei ihr Wissen in den Bereichen Mathematik, Lesen, Naturwissenschaften und Finanzkompetenz unter Beweis stellen. Österreich schneidet in dieser Studie stets mittelmäßig ab. Wir haben drei Argumente, warum die Einführung einer Gesamtschule das zum Besseren ändern könnte.

#1 Gemeinsam lernen Kinder besser

Seit Jahrzehnten debattiert Österreich über die Einführung einer gemeinsamen Schule bis zur achten Jahrgangsstufe. Kritiker:innen der Gesamtschule behaupten, dass leistungsstärkere Schüler:innen durch vermeintlich Schwächere beim gemeinsamen Unterricht „ausgebremst“ werden. Doch der Tenor der Bildungswissenschaftler:innen spricht gegen diese neoliberale Denkschule: Lernschwächere Kinder profitieren eher von der Hilfe der “Besseren”. Die können wiederum ihre Fähigkeiten stärken, indem sie lernschwächeren Schüler:innen nachhelfen.

Dass eine Gesamtschule zu einer besseren Gesamtleistung der Schüler:innen führt, zeigt zum Beispiel Polen: Dort wurde 1999 die gemeinsame Mittelschule von der siebten bis zur neunten Klasse (die Volksschule daurt in Polen 6 Jahre) eingeführt. In Folge wurde Polen europaweit zum PISA-Aufsteiger Nummer Eins und liegt aktuell in allen Disziplinen auf dem dritten oder vierten Rang in Europa. Auch bei anderen PISA-Spitzenreitern, wie Finnland, Kanada oder Japan, wurde die Gesamtschule schon vor Jahrzehnten flächendeckend umgesetzt.

#2 Eine Gesamtschule sorgt für Bildungsgerechtigkeit

 
Eine Grafik

Das österreichische Bildungssystem ist ungerecht. Über die Schullaufbahn eines Kindes entscheidet weniger das Talent, sondern der soziale Status der Eltern. Je höher das Bildungsniveau der Eltern ist, desto eher besuchen Jugendliche eine Schule, die zur Matura führt. Jede:r fünfte 17-jährige, dessen Eltern nur über eine Pflichtschulausbildung verfügt, ist nicht mehr in Schulausbildung oder nach wie vor auf einer Pflichtschule. Zum Vergleich: Bei 17-jährigen mit Akademikereltern ist es jede:r Fünfundzwanzigste. Dass Bildung vererbt wird, zeigt auch eine OECD-Studie: Nur jedes fünfte Kind erreicht in Österreich einen höheren Bildungsabschluss als seine Eltern.

Eine Trennung zwischen AHS und Hauptschule oder Mittelschule zementiert diese Ungleichheit. Die Hauptschule ist zu oft kein Ort, an dem leistungsschwache Kinder gefördert werden, sondern lediglich der Sammelplatz für alle, deren Eltern ein niedriges Einkommen, Bildung oder einen Migrationshintergrund vorweisen. Eine gemeinsame Schule, die mehr Wert auf innerschulische Differenzierung (z.B. durch verschiedene Leistungskurse in einzelnen Fächern) legt, bietet gleiche Chancen für alle. Vor allem würde die soziale Durchmischung auch für weniger Klassenunterschiede sorgen und sowohl Klassismus als auch Rassismus schon im Kindesalter abbauen.

#3 Kinder brauchen mehr Zeit, um ihre Talente zu entfalten

Der Zeitpunkt der Einschulung in die Sekundarstufe ist ein ewiges politisches Streitthema. Dass Kinder im Alter von neun Jahren und deren Eltern schon vor der Entscheidung stehen, welchen Bildungsweg sie einschlagen, ist eine Zumutung. Darüber sind sich Bildungsforschung und Entwicklungspsychologie einig. Wer in der vierten Klasse einen Dreier in Mathematik bekommt, dem wird empfohlen, nicht auf die AHS-Unterstufe zu wechseln. Somit kann eine einzelne Note im Zeugnis der vierten Klasse den Weg zur Matura erschweren und verlängern. Das zeigen auch Zahlen: Laut Statistik Austria kamen im Schuljahr 2020/21 sieben von zehn Schüler:innen der AHS-Oberstufe aus der AHS-Unterstufe, lediglich 16,8 % aus der Mittelschule.

Österreich ist mit Deutschland das einzige OECD-Land, das Kinder in so einem frühen Alter in unterschiedliche Schulen schickt. Analysen der PISA-Ergebnisse zeigen immer wieder aufs Neue: Länder, in denen Kinder früh auf verschiedene Bildungswege aufgeteilt werden, weisen größere Leistungsunterschiede bei den später 15-Jährigen auf. Gleichzeitig ist die Gesamtleistung der Schüler:innen in diesen Ländern nicht besser. Es spricht demnach nichts dagegen, Kindern noch länger die Möglichkeit zu bieten, Lerndefizite aufzuholen und verborgene Talente und Interessen zu entdecken.

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