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Klimakrise

Warum Wohnstraßen Blumen brauchen

Wien macht bunt: Wohnstraßen sollen auch optisch als solche erkennbar werden, und zwar durch aufgemalte Blumen. Die ersten "Blumenstraßen" gibt es im 15. Bezirk. Was das bringt? Menschen, die sich trauen, auf die Straße zu gehen. Immerhin sind Wohnstraßen nicht für Autos da.
Wiens 190 Wohnstraßen waren schon vor der neuen Bemalung ein Ort der Begegnung – zumindest theoretisch. Autos müssen auf Wohnstraßen in Schrittgeschwindigkeit fahren, RadfahrerInnen dürfen gegen die Einbahn unterwegs sein und Kinder auf der Fahrbahn spielen. Aber wer geht, läuft und spielt auf der Straße, wenn rundherum Autos fahren? Immerhin gehören die Autos auf die Straße und die Menschen auf den Gehsteig. Oder?

„Wir wollen, dass sich die AnrainerInnen ihren Platz aktiv nehmen“, sagt Theresa Vonach aus dem Büro der Vizebürgermeisterin über Wiens Wohnstraßen. Auf den Asphalt gemalte Blumen sollen AutofahrerInnen jetzt daran erinnern, dass sie hier langsam fahren müssen. Und Menschen dazu anregen, sich draußen zu treffen. Denn, so Vonach: „Wohnstraßen müssen optisch erkennbar sein, damit sie auch als Ort der Begegnung genützt werden.“

 
Im 15. Bezirk wurden Wohnstraßen mit Blumen bemalt. Vogelperspektive auf die Marktgraf-Rüdiger Straße, die zu einer Spielzone umfunktioniert wurde.

Die Straßenbemalungen sollen Menschen auf die Straße locken und AutofahrerInnen zum Bremsen bringen. Foto: Reinhard Glössl

„Autos sind nur zu Gast“

Die Initiative zu den „Blumenstraßen“ kommt von „Space and Place“, einer Organisation zur urbanen Raumgestaltung. „Die FußgängerInnen haben auf Wohnstraßen Vorrang. Autos sind hier nur zu Gast“, sagt Brigitte Vettori von „Space und Place“.

Das erste Wiener „Wohnstraßen-Grätzel“ mit solchen „Blumenstraßen“ liegt im 15. Bezirk. Hier existieren gleich sieben Wohnstraßen in unmittelbarer Nähe, wie die neu bemalte Markgraf-Rüdiger-Straße. Die Wohnstraßen wurden von der Künstlerin Julia Scharinger-Schöttel mit Blumen bemalt, Unterstützung gab es vom 15. Bezirk. Und die „Blumenstraßen“ sollen auch genutzt werden: Das Team von „Space and Place“ ruft auf seiner Webseite zu Wohnstraßen-Events auf.

 
Im 15. Bezirk gibt es das erste Wiener "Wohnstraßen-Grätzel". Der Stadtplan zeigt die Ausdehnung des Grätzels von der Volkergasse bis zur Löschenkohlgasse Ost hinter der Wiener Stadthalle.

Das erste Wiener „Wohnstraßen-Grätzel“ liegt im 15. Bezirk; Weitere sollen folgen. Bild zur Verfügung gestellt von „Space and Place“

Superblocks, blaue Böden, Klimastraße

Andere europäische Städte zeigen, dass Stadtleben und Wohlfühlen zusammenpassen können: In Barcelona etwa gibt es sogenannte „Superblocks“, in den FußgängerInnen und RadfahrerInnen Vorrang haben. Autos dürfen zwar fahren, aber nur mit 10 km/h. Auf der Straße gibt es Grünpflanzen, Kinder-Spielbereiche, Bänke und Tische laden zum Plaudern und Kaffeetrinken ein.

 

Lissabon wiederum macht immer mehr Straßen autofrei und bekennt dabei Farbe: Autofreie Straßen sind knallblau gestrichen, FußgängerInnen dürfen sich hier frei bewegen.

ttps://twitter.com/jen_keesmaat/status/1282423927986421760

 

Und Berlin probiert’s zumindest: Im Stadtteil Friedrichshain gibt es die erste „Klimastraße“, die der Naherholung dienen und den AnwohnerInnen mehr Platz geben soll. Kfz und Fahrräder müssen draußen bleiben, Pflanzen und Menschen sind willkommen. Das Konzept „Klimastraße“ gibt es aber vorerst nur auf Probe.

 

Und Wien?

Brigitte Vettori wünscht sich eine Ausweitung des Blumen-Projekts vom 15. Bezirk auf ganz Wien. „Es wäre schön, wenn es in jedem Bezirk ein oder zwei „Wohnstraßen-Grätzel“ gäbe“, sagt sie. Und fügt hinzu: „Auch in anderen Bezirken wünschen sich immer mehr Menschen Wohnstraßen.“

Auf lange Sicht soll Wien also menschenfreundlicher werden. Was „auf lange Sicht“ in diesem Zusammenhang bedeutet, will man seitens der Stadt nicht beantworten. Immerhin steht bald eine Wahl an – und wie es dann mit den langfristigen Zielen weitergeht, kommt auf die nächste Stadtregierung an.

 

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