Wieso wir nicht “Klimaurlaub” sagen sollten
Nix “Sommer, Sonne, Kaktus”
Urlaub klingt nach Entspannung unter Palmen, nach tropischer Meeresluft. Was das spanische Arbeitsministerium verkündet hat, ist das Gegenteil. Der “bezahlte Klimaurlaub”, wie deutschsprachige Medien es nennen, soll ab sofort in Kraft treten, wenn der Arbeitsweg durch Extremwetterereignisse zur Lebensbedrohung wird. Arbeitnehmer:innen dürfen dann Zuhause bleiben. Mit Urlaub hat das nichts zu tun.
Sprache schafft Wirklichkeit. Durch Wörter wie “Klimaurlaub” oder “Erderwärmung” wird die Klimakrise samt ihren Auswirkungen beschönigt. Auch der ewig diskutierte Begriff “Klimawandel” ist viel zu sanft für das, was sich gerade abspielt: Stürme in den USA, Flutkatastrophe in Spanien, Überschwemmungen in Österreich. Das 1,5 Grad Ziel wurde heuer mit einer Durchschnittstemperatur von 1,55 Grad überschritten. Wir steuern aktuell auf rund 3,1 Grad Erderhitzung zu. Überschwemmungen, Brandkatastrophen und Dürren werden Millionen Menschen das Leben kosten. Wegen steigendem Meeresspiegel, Wüstenbildung und andere Folgen der Klimakrise werden wir weniger Lebensraum und landwirtschaftliche Fläche haben. Die Lebensmittelsicherheit wird gefährdet. Es drohen Kriege um die Lebensgrundlagen. Das ist kein Urlaub. Das ist harte Arbeit für uns alle.
Arbeit trotz Überschwemmung
Auf den Straßen steht der Schlamm, die Garagen unter Wasser. Das ist, was übrig bleibt. Mindestens 227 Menschen dürften im Oktober bei der Flutkatastrophe in Valencia ums Leben gekommen sein. Es war eine Jahrhundertflut.
Lokalen Behörden wurde vorgeworfen, die Warnung erst um Stunden zu spät an die Bewohner:innen weitergegeben zu haben. Die Alarmstufe rot sei deutlich früher bekanntgegeben worden.
In wenigen Stunden regnete es so viel, wie üblicherweise in einem ganzen Jahr. Die südwestlich gelegenen Dörfer rund um Valencia standen unter Wasser.
Trotzdem verpflichteten viele Unternehmen ihre Arbeitnehmer:innen zum Dienst. Sie stehen jetzt unter scharfer Kritik. Die Klimakatastrophenfreistellung soll Arbeitnehmer:innen in Zukunft schützen.
Gibt es “Klimaurlaub” in Österreich?
Auch Teile Österreichs waren einen Monat zuvor geflutet und verschlammt. Züge fielen aus, Niederösterreich wurde zum Katastrophengebiet erklärt. In Österreich liegt das Wegrisiko bei den Arbeitnehmer:innen. Sie müssen “alles Zumutbare unternehmen”, um in die Arbeit zu kommen, so die Arbeiterkammer.
Ob die Arbeitnehmer:innen also den Weg antreten, ist davon abhängig, ob die Strecke zugänglich ist. Nicht von Warnungen der Wetterbehörde. Spanien hat das mit der neuen Verordnung also deutlich klarer geregelt.
Katastrophenfreistellung statt „Klimaurlaub“
Bis zu vier Tage bekommen Arbeitnehmende in Spanien ab jetzt frei, wenn Behörden Katastrophenwarnungen aussprechen. Ist eine Verlängerung der Freistellung notwendig, werden die Gehälter vom Staat finanziert. Auch Gewerkschaften können die Arbeit in Zukunft stoppen, um Arbeitnehmer:innen zu schützen.
Das spanische Arbeitsministerium will das im “grünen Recht” verankern und im kommenden Jahr eine Verordnung zum Schutz vor den Auswirkungen der Klimakrise am Arbeitsplatz beschließen.
Ein ähnliches Gesetz gibt es auch in Kanada. Weitere könnten folgen. Noch einmal: Dass es das braucht, ist traurig. Dass es das gibt, ist gut. Aber nennen wir es bitte nicht “Urlaub”.