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Klimakrise

Windräder ja oder nein? Die absurde Volksbefragung in Kärnten

Windräder ja oder nein? Die absurde Volksbefragung in Kärnten
Der Windpark Handalm ist ein Windpark mit 13 Windrädern an der steirisch-kärntnerischen Grenze. In einer Volksbefragung soll die Kärntner Bevölkerung soll nun beantworten, ob sie ein Verbot solcher Windräder wollen. Absurd, sagt Lisa Wohlgenannt. Foto: Flexman, CC BY-SA 4.0 , via Wikimedia Commons
Am 12. Jänner 2025 wird Kärnten befragt. Kurz gesagt: Windkraft ja oder nein? Am Stimmzettel der Volksbefragung steht eine Frage, die länger und verwirrender ist. Und die ganz klar eine Richtung vorgibt. Über die Absurdität dieser Volksbefragung und ein altes Spiel der FPÖ.

„Soll zum Schutz der Kärntner Natur (einschließlich des Landschaftsbildes) die Errichtung weiterer Windkraftanlagen auf Bergen und Almen in Kärnten landesgesetzlich verboten werden?“ Am 12. Jänner 2025 sollen die Kärntner:innen das beantworten. 

Sowohl die Fragestellung als auch die gesamte Volksbefragung sind mindestens schwierig. Dass die FPÖ die Bevölkerung wieder einmal in die Irre führt, ist mehr als schwierig. 

Verwirrung um Fragestellung: „Nein“ für „Ja” zur Windkraft

Befürworter:innen von Windkraft müssen die Befragung über Windkraft mit „Nein“ beantworten und Gegner:innen mit „Ja“. Das ist verwirrend. Noch schwieriger ist aber: Es ist eine Suggestivfrage.

Es schwingt mit, dass Windkraft der Kärntner Natur schadet. Das kann ja niemand wollen. Damit wird eine bestimmte Antwort nahegelegt. Die Gefahr für die Natur geht aber nicht von Windkraft aus. Sondern von dem, was unter anderem mit Windkraft bekämpft wird: die Erderhitzung. Ob man die Kärntner:innen auch davor (und vor steigenden fossilen Energiepreisen) schützen soll, ist keine Frage.

Die Fragestellung zeigt das Problem an der gesamten Befragung. Es ist keine ehrliche Frage über eine schwerwiegende, seriöse Richtungsentscheidung, die man dem Volk überlässt. Es ist manipulative Stimmungsmache: Der Versuch einer gelenkten Demokratie. Und wohl auch ein Vorgeschmack darauf, was die FPÖ meint, wenn sie von “mehr direkter Demokratie” spricht.

Volksbefragung zu Windkraft in Kärnten: Wie die FPÖ die Bevölkerung täuscht

Die rechten Oppositionsparteien FPÖ und Team Kärnten forderten ursprünglich eine Volksabstimmung zur Windkraft. Angesichts der fragwürdigen Qualität der Frage, ist es zum Glück aber keine “Abstimmung” geworden – sondern eine “Befragung”. Die ist im Gegensatz zur Volksabstimmung nicht rechtlich bindend. 

Das passt ins Bild. Rechte Parteien – wie FPÖ und Team Kärnten – machen gerne Stimmung gegen Klimaschutz. Indem sie den menschengemachten Klimawandel leugnen, Maßnahmen dagegen blockieren oder verzögern. Sie setzen auf Halbwahrheiten, Falschinformationen und verdrehte Tatsachen. Man könnte auch sagen: Sie täuschen und lügen. 

Windräder in Kärnten machen deinen Strom nicht teurer

So erzählt die FPÖ Kärnten beispielsweise, Windenergie würde den Strompreis in die Höhe treiben. Dabei ist Windenergie eine der günstigsten Energiequellen mit 4,3 bis 9,2 Cent/kWh bei Windrädern an Land. Im Vergleich: Sonnenenergie liegt zwischen 4,1 und 22,5 Cent/kWh, Braunkohle zwischen 15,1 bis 25,7 Cent/kWh, Gas zwischen 15,4 bis 32,6 Cent/kWh. Bei Gasturbinen, die 2024 gebaut wurden und 2035 angeblich von Erdgas auf Wasserstoff umgestellt werden sollen, liegt der Preis zwischen 20,4 und 35,6 Cent/kWh. 

Ja, neue Energieanlagen brauchen neue Netzanschlüsse und die kosten Geld. Das ist aber nicht nur bei Windkraft so, sondern bei allen Energieformen. Und davon brauchen wir mehr, denn der Energiebedarf steigt. Auch in Kärnten.

Steigender Energiebedarf spricht für Windkraft in Kärnten

Laut Industriellenvereinigung (IV) wird sich der Energiebedarf Kärntens bis 2040 verdoppeln. Unter anderem deswegen setzt sie sich gegen das Verbot der Windkraft in Kärnten ein – in einem doch eher ungewöhnlichen Bündnis mit Arbeiterkammer, Gewerkschaft und Wirtschaftskammer. 

Dann hilft auch nicht mehr, dass Kärnten aktuell in Österreich Vorreiter bei den Erneuerbaren ist. Denn am Ende der Energiewende ist man noch lange nicht. Die FPÖ verwendet den Vorsprung aber gerne als Argument gegen den Ausbau der Windkraft in Kärnten. Mit dem geforderten Verbot würde sie ihn aber verspielen, statt ihn zu nutzen – und damit auch die Unabhängigkeit der Bevölkerung sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Und sie gefährdet genau das, was sie vorgibt schützen zu wollen – die Natur. 

Dürren, Stürme, Hochwasser: Die Klimakrise trifft auch Kärnten bereits hart

Die Folgen der Erderhitzung sind bereits schmerzlich spürbar – weltweit, in Österreich und auch in Kärnten. Dürren, Hagel, Frost, Stürme und Überschwemmungen. 2022 verursachten solche Wetterphänomene in Kärntens Landwirtschaft Schäden von 170 Millionen Euro.

Allein in den vergangenen zwei Jahren gab es mehrere Hochwasser, die statistisch gesehen nur alle 30 bis 100 Jahre vorkommen sollten. Im August 2023 führen starke Überschwemmungen zu Erdrutschen, Evakuierungen, Feuerwehreinsätzen und fordern sogar Menschenleben. Ein Jahr später: Wieder schwere Regenfälle. Flüsse treten über die Ufer, Häuser und Straßenzüge werden überschwemmt. Hunderte Haushalte sind vorübergehend ohne Strom. Ein Ort von der Außenwelt abgeschnitten.

Solche Ereignisse, die durch die Klimakrise häufiger und extremer werden, zerstören die Natur und den Lebensraum von Mensch und Tier. 

Abhängigkeit von autokratischen Ländern für FPÖ kein Problem

Doch nicht nur im Sinne des Klimaschutzes braucht es Windkraft. Dass Kärnten den Großteil seines aktuellen Energiebedarfs selbst deckt, liegt an Wasserkraft und Biomasse. Aber der Bedarf steigt, und diese Quellen sind nicht endlos ausbaubar. 

Und es gibt noch ein weiteres Problem: Im Sommer wird durch diese erneuerbaren Quellen zwar viel Energie erzeugt. Im Winter ist man aber nach wie vor auf Öl und Gas angewiesen. Das macht uns abhängig von autokratischen Ländern wie Russland. Auch wenn die FPÖ gute Kontakte zu manchen dieser Autokraten hat, kann uns diese Abhängigkeit nicht egal sein.

Die FPÖ führt einen Kulturkampf

Wenn die FPÖ Themen wie die Windkraft hochspielt, geht es ihr nicht um die Natur oder Energieversorgung an sich, sondern um den Kulturkampf. Eine an sich harmlose Sachfrage wird zum Keil. Sie soll spalten. Sie wird zum Aufreger, um Stimmung zu machen und Stimmen zu fangen. Wie harmlos die Sachfrage ist, zeigen die Zahlen. 

Die FPÖ spricht von 500 neuen Anlagen, die gebaut werden sollen. Ein böses Windrad könne jede Kärntner Gemeinde treffen, behauptet sie. Die Realität ist: Nur 14 Windkraftanlagen sind in Kärnten in Betrieb (Stand Ende 2024). 46 weitere sind laut dem Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) genehmigt oder im Genehmigungsverfahren. Maximal doppelt so viele sollen es im Endausbau sein. Im Vergleich: Im wesentlich kleineren und stärker bebauten Wien stehen heute neun Windkraftanlagen. In Niederösterreich sind es 797. Im Burgenland stehen 461, in der Steiermark 118 Anlagen (Stand Jänner 2024). 

Nur sieben Gemeinden kommen überhaupt in Frage – weil sie hoch genug liegen und damit genügend Wind vorhanden ist. Dort sei auch bereits Infrastruktur vorhanden, schreibt die Kärntner Landesregierung in einer Aussendung. Gerade einmal 0,26 Prozent der Landesfläche kommen in Frage.

Der Naturschutz spielt bei Windkraft schon heute eine Rolle – auch das verschweigt die Volksbefragung. “Sensible Gebiete wie National- und Biosphärenparks, Landschaftsschutzgebiete, Gefahrenzonen oder militärische Sicherheitszonen und auch Siedlungsgebiete werden dagegen von vornherein für Windparks ausgeschlossen”, heißt es in einer Aussendung von Landeshauptmannstellvertreter Martin Gruber und Landesrat Sebastian Schuschnig.

Das Land, Demokratie und Klimaschutz verlieren

Natürlich stimmt eines: Ja, Berge und Wälder sind sensible Ökosysteme. Jeder Eingriff muss wohlbedacht sein. Klimaschutz muss im Einklang mit Naturschutz umgesetzt werden. Dass das der Fall ist, muss auch beim Bau der Windräder sichergestellt werden. Ein generelles Verbot richtet aber mehr Schaden an, als dass es der Natur oder irgendjemandem nutzt.

Es muss also differenziert betrachtet werden – und das wird es auch. Durch den Kulturkampf der FPÖ wird es aber zunehmend unmöglich, sachlich und faktenbasiert über ein Thema zu sprechen. Es ist ein altes, aber oft erfolgreich gespieltes Spiel der FPÖ. Wir kennen es vom Gendern, vom nie geforderten Nikolo-Verbot in Kindergärten oder der Verteidigung des Schweineschnitzels als identitätsstiftende Mahlzeit aller guten Österreicher:innen. Nun stehen auch die Windräder auf der Liste. Am 12. Jänner 2025 werden wir sehen, ob die FPÖ damit bei den Windrädern in Kärnten gewonnen hat. Das Land, die Demokratie und der Klimaschutz haben unterdessen schon verloren.

Anmerkung: In der ursprünglichen Version des Textes wurden die Zahlen der Windkraftanlagen in den Bundesländern der Statistik Austria mit Stand 2023 verwendet. Nach Hinweis eines Lesers wurden aktuellere Zahlen der IG Windkraft verwendet, denen zufolge in der Steiermark 118 Anlagen stehen (Stand Anfang 2024).

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