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Arbeitswelt
Gesundheit

Angst und Stress: MitarbeiterInnen im Handel zwischen aggressiven KundInnen und schlechten Arbeitsbedingungen

MitarbeiterInnen im Handel müssen KundInnen oft auf die Maskenpflicht hinweisen. Viele sind aggressiv und nicht so entzückend, wie auf diesem Foto. Unsplash/David Veksler
Aggressive KundInnen, viele Krankenstände, unzählige Überstunden und anstrengende Corona-Hygienemaßnahmen. Bei MitarbeiterInnen im Handel ist die Belastungsgrenze erreicht. Die Gewerkschaft fordert einen Sicherheitsgipfel.

Im Dezember erzählte BILLA-Feinkostmitarbeiter Stefan (Name von der Redaktion geändert) MOMENT, wie KundInnen immer öfter Corona-Sicherheitsmaßnahmen missachten und aggressiv zu den VerkäuferInnen sind. Etwa vier Monate später ist die Lage schlimmer geworden, sagt er: “Die KundInnen sind sehr aggressiv geworden. Wenn ich etwa auf die Maskenpflicht hinweise, bekomme ich oft böse Wortmeldungen und Beschimpfungen.” Zwar würden die meisten KundInnen die Corona-Maßnahmen einhalten, aber jene, die sie missachten, seien deutlich ungehaltener.

Hälfte der MitarbeiterInnen im Handel beklagt aggressive KundInnen

Stefan ist mit seiner Beobachtung nicht allein. Immer mehr MitarbeiterInnen im Handel beklagen aggressive KundInnen. Das ergibt eine aktuelle Umfrage der Gewerkschaft GPA unter 3.772 MitarbeiterInnen im Handel. Das Ergebnis: Mehr als die Hälfte beklagt sich über aggressive KundInnen.

Corona-Maßnahmen führen zu vielen Konflikten

Das Missachten der Corona-Maßnahmen führt nicht nur zu Streit mit KundInnen – die MitarbeiterInnen müssen deshalb oft um ihre Sicherheit fürchten. Fast ein Drittel der Befragten gab in der Umfrage an, dass siie sich am Arbeitsplatz durch die Maßnahmen ihres Betriebs nicht sicher und geschützt fühlt. Besonders fehlten den MitarbeiterInnen verpflichtende und wöchentliche Tests (die es offenbar bei 40% gar nicht gab) und ausreichende Beschränkungen der Kundenzahl im Geschäft. 

Die Befragten konnten bei der Umfrage auch persönliche Erlebnisse schildern – und etwa 1.000 taten das auch. Unter anderem ist hier zu lesen: “Viele kommen ohne Masken, sind aggressiv mir und meinen Kolleginnen gegenüber und NIEMAND hält sich an den 2 Meter Sicherheitsabstand. Jeder kommt uns sehr nahe, da ja niemand von 2 Meter aus beraten werden möchte.” Oder: “Es ist auch eine große psychische Belastung ständig Angst zu haben, von jemanden verbal attackiert zu werden, nur weil man sich an Vorschriften hält.“ 

MitarbeiterInnen im Handel beklagen enorme Belastung

Dem Personal im Handel setzen vor allem auch die schlechter werdenden Arbeitsbedingungen zu. In vielen Filialen wird längst auf ein personelles Minimum gesetzt. In der Realität führt dies zu ständigen Dienstplan-Änderungen, wackelnden Urlaubsplänen und zahlreichen Überstunden, da irgendjemand spontan einspringen muss, wenn jemand ausfällt. Einen Personalmangel beklagten über 45% der Befragten und nur rund ein Drittel meint, dass die Urlaubsplanung und die Arbeitszeiteinteilung hinhauen würden. Auch hierzu gab es zahlreiche Kommentare wie jenen: “Wir brauchen mehr Personal, wir arbeiten seit Monaten am Limit dabei haben wir noch keine längeren Urlaube oder Krankenstände gehabt – sollte das auch noch eintreffen, dann erleiden wir ein Chaos.“

Fast zwei Drittel der MitarbeiterInnen im Lebensmittelhandel klagen über großen Stress.

Gewerkschaft fordert Sicherheitsgipfel für Handel

Die Gewerkschaft würde sich gerne mit VertreterInnen der Bundesregierung und der Wirtschaftskammer zu einem Sicherheitsgipfel für die Handelsangestellten zusammensetzen.

So soll die Regierung mehr Kontrollen im Handel durchführen und dafür sorgen, dass KundInnen die Corona-Sicherheitsmaßnahmen einhalten. In manchen Filialen wurden längst private Sicherheitskräfte beauftragt. Weiters sollen die MitarbeiterInnen im Handel auch möglichst bald geimpft werden. Und freilich braucht es mehr Personal und eine faire Bezahlung, sowie eine Sicherstellung, dass alle Überstunden auch wirklich abgegolten werden. Außerdem sollen ArbeitgeberInnen die Kosten für psychologische Hilfe übernehmen oder Supervisionen einführen – denn viele sind durch die vielen aggressiven KundInnen psychisch enorm belastet. 

Die Gewerkschaft sagt, die Gefährdung der MitarbeiterInnen sollten alle ernst nehmen – nicht nur aus moralischen Gründen.“Dem großen Zusammenhalt der Beschäftigten ist es vielerorts zu verdanken, dass der Betrieb weiter aufrechterhalten werden kann”, sagt Anita Palkovich, GPA-Wirtschaftsbereichssekretärin im Handel. “Es ist nicht übertrieben aufgrund der aktuellen Lage von einer Gefährdung der sicheren Versorgung zu sprechen.“

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