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Kapitalismus
Ungleichheit

Trump zahlt kaum Steuern? Reiche in Österreich auch nicht – und wir wissen zu wenig über sie

Donald Trump zahlt lächerlich wenig Einkommensteuer. Doch wie ist das in Österreich? Wieviel Steuern zahlen die MilliardärInnen hierzulande? Und was wissen wir eigentlich über den Reichtum in Österreich?

US-Präsident Donald Trump hat 2016 und 2017 gerade einmal 750 Dollar an Einkommensteuern bezahlt. In 10 der 15 vorangegangenen Jahre hat der selbst ernannte Milliardär sogar überhaupt keine Einkommensteuer bezahlt. Das hat die New York Times Ende September aufgedeckt. Viele Menschen glauben, dass das vor allem mit der besonders neoliberalen Natur des US-Kapitalismus zu tun hat. Aber ist es in Österreich wirklich so anders?

Der Reichtum ist versteckt

Das Problem in Österreich beginnt schon damit, dass wir kaum etwas über den Reichtum und die Reichen im Lande wissen. Damit ist es auch schwierig, die Steuern einzuschätzen. So ist etwa schlichtweg nicht bekannt, wie die Vermögensungleichheit in Österreich genau aussieht. Sichtbar wird das Problem etwa bei der österreichischen Vermögensstudie „HFCS 2014“, die 2017 erschienen ist.

Dort wurde das Vermögen des reichsten Haushalts in Österreich mit „nur“ rund 40 Millionen Euro angegeben – viel zu wenig. Das Problem: Die Studie beruht auf freiwilligen Selbstauskünften von zufällig ausgewählten Haushalten. „Die ganz Reichen werden so nicht erfasst“, erklärt Vermögens-Experte Schnetzer Matthias Schnetzer von der Arbeiterkammer Wien.

Freiwillig sagen sie nichts

Denn dass gerade die reichsten Haushalte als Stichprobe ausgewählt werden, wäre ein enormer Zufall. Schnetzer nennt noch ein weiteres Problem: „Bei den besonders Reichen gibt es eine höhere Tendenz zur Teilnahmeverweigerung.“

Trotz dieser Einschränkungen stellt sogar die aktuelle HFCS-Studie vom Jänner 2019 fest, dass die ärmere Hälfte (!) der Bevölkerung nicht einmal vier Prozent des Gesamtvermögens besitzt. Was das Vermögen betrifft, kommt eine erste realistische Annäherung wohl vom Wirtschaftsmagazin Trend, das jährlich eine Liste der 100 reichsten ÖsterreicherInnen veröffentlicht.

 

Unfassbare Summen

Allein die Familien Porsche und Piech kommen im aktuellen Trend-Ranking vom Juni dieses Jahres auf knapp 35 Milliarden Euro. Das ist knapp das Tausendfache (!) der HFCS-Studie. Auf den Plätzen folgen Brause-Milliardär Dietrich Mateschitz (14,7 Milliarden) und Novomatic-Eigentümer Johann Graf (5,75 Milliarden). Bereits auf Platz sechs mit 4,3 Milliarden Euro rangiert übrigens Krone-Investor und Kurz-Vertrauter René Benko.

Insgesamt dürfte allein das reichste Prozent der Bevölkerung rund 41 Prozent des Gesamtvermögens besitzen. Zu diesem Schluss kommen unter anderem die beiden Ökonomen Benjamin Ferschli und Rafael Wildauer. Sie sind Co-Autoren der Studie „Bestände und Konzentration privater Vermögen in Österreich“, die im September 2017 von der AK Wien gemeinsam mit der Linzer Johannes Kepler Uni veröffentlicht wurde. Auch Vermögens-Experte Schnetzer bestätigt diese Einschätzung: „Es gibt in Österreich eine kleine Vermögenselite, die dem Rest der Bevölkerung eindeutig davonzieht.“

 
Vermögen in Österreich ist enorm ungleich verteilt

Superreiche besitzen mehr als eine halbe Billion Euro

Insgesamt besitzt allein das reichste Prozent der privaten Haushalte in Österreich laut dieser Studie rund 534 Milliarden Euro – mehr als eine halbe Billion. Um diese Summe einschätzen zu können: Die gesamten Ausgaben der Republik Österreich für das Jahr 2020 betragen laut Budget heuer 102,39 Milliarden Euro – weniger als ein Fünftel der Summe, die das reichste Prozent der Bevölkerung besitzt.

Die Steuern auf Vermögen sind in Österreich dagegen sogar im internationalen Vergleich extrem niedrig. So tragen vermögensbezogene Steuern im Durchschnitt der 37 OECD-Staaten rund 5,6 Prozent zum gesamten Steueraufkommen bei. In Österreich sind es dagegen gerade einmal 1,3 Prozent. Zum Vergleich: In den USA waren es im Jahr 2015 insgesamt 10,4 Prozent, in Großbritannien sogar 12,5 Prozent.

Österreich ist bei Reichensteuern super-neoliberal

Diese Staaten, die als besonders neoliberal gelten, kassieren also fast zehnmal so viel Steuern von den Superreichen wie Österreich. „In kaum einem anderen OECD-Land ist das Steueraufkommen aus vermögensbezogenen Steuern kleiner als in Österreich“, kritisiert auch Vermögens-Experte Schnetzer. „Österreich ist dafür bekannt, dass die Reichen im Steuersystem kaum zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen werden.“

Ob und wie viele Steuern einzelne Superreichen jeweils bezahlen, ist schlichtweg unbekannt. Nur ganz selten kommen einzelne Details ans Tageslicht. So wurde etwa 2014 bekannt, dass René Benkos Signa-Konzern Investments in Österreich steuerschonend über eine luxemburgische Firma abgewickelt hatte. Die Gewinne aus dem Investment waren in Luxemburg steuerfrei.

 
Steuerbetrug

Manchmal wird auch direkt betrogen: So haben reiche SteuerbetrügerInnen allein im sogenannten Cum-Ex-Skandal einen Schaden von 183 Millionen Euro für die österreichischen SteuerzahlerInnen verursacht. Global könnten es sogar bis zu 55 Milliarden Euro sein. Doch meistens ist das nicht einmal notwendig. So hat sich etwa US-Präsident Donald Trump im Wesentlichen eines bekannten Steuertricks bedient.

Trump hat schlicht Gewinne gegen Verluste gegengerechnet. Das Zustandekommen dieser „Verluste“ ist allerdings teilweise höchst dubios: So hat Trump allein 26 Millionen Dollar an „Beratungshonoraren“ ausbezahlt. Die „Berater“ waren dann aber teils sogar Mitglieder seiner Familie – unter anderem wohl auch Ivanka Trump, seine eigene Tochter. Und Gewinne mit Verlusten gegenzurechnen, das ist auch in Österreich legal.

Ganz legale Steuertricks

Wie das geht, erklärt etwa die Wirtschaftskammer (WKO) ihren Mitgliedern. Für einige Verluste gibt es in Österreich sogar einen eigenen „Verlustausgleich“, der bereits automatisch von der Bank durchgeführt wird. Für andere „kann der Verlustausgleich über die Steuererklärung erfolgen“, so die WKO. Ein Ausgleich ist übrigens auch möglich, wenn Gewinne oder Verluste im Ausland entstanden sind – wo das für das Finanzamt wohl oft nicht so einfach zu überprüfen ist.

„Die Reichen leisten sich die besten Vermögensverwalter und Steuerberater, um jedes kleinste legale Steuerschlupfloch auszunützen“, kritisiert AK-Experte Schnetzer. Aus Leaks und Untersuchungen sei zudem bekannt, dass reiche Menschen deutlich öfter in internationale Steuersümpfe ausweichen: „Eine Studie aus Skandinavien hat gezeigt, dass die reichsten 0,01% der Bevölkerung im Durchschnitt sogar ein Viertel ihrer Steuerschuld entziehen“, so Schnetzer.

Satte Mehrheiten für Millionärssteuern

Derzeit gibt es in Österreich weder eine Vermögensteuer noch eine Erbschaftssteuer. (Siehe: Ein wichtiges Buch in 7 Punkten: Wie die Reichen wieder zahlen) Umfragen zur Zustimmung zu solchen Steuer kommen oft auf sehr unterschiedliche Ergebnisse. Kein Wunder: Viele Menschen haben Angst um ihre kleinen Ersparnisse, wenn nach einer „Erbschaftssteuer“ gefragt wird. Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn konkret nach Millionärssteuern gefragt wird. Denn hier sind die Ergebnisse eindeutig.

Eine satte Mehrheit von 64 Prozent der Bevölkerung in Österreich wünscht sich die Besteuerung von Vermögen ab einer Million Euro. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts IFES vom Februar 2020. Auch für die Besteuerung von Millionenerbschaften gibt es klare Mehrheiten unter den 1000 Befragten. Hier sind es sogar 66 Prozent, die eine Besteuerung für gerechtfertigt halten. Nur folgerichtig, dass im Gegenzug überwältigende 77 Prozent der Befragten sagen, dass MillionärInnen „eher zu wenig“ Steuern bezahlen.

Doch wieviel Vermögensteuer wäre genug? Oftmals wird eine Superreichen-Steuer von einem Prozent gefordert. Doch seien wir ehrlich, das ist bestenfalls ein Mini-Beginn: Einem Milliardär würden dann sogar völlig tatenlos immer noch 990 Millionen Euro bleiben. Sein Vermögen würde trotz Steuer in Wirklichkeit weiter wachsen. Sinnvoll wäre zweifellos eine breite Debatte, welche Obergrenze für Vermögen wir als Gesellschaft eigentlich akzeptieren wollen. Denn die Reichtümer dieser Gesellschaft sollten auch für die Gesellschaft eingesetzt werden – und nicht in den Taschen einiger Superreicher verschwinden.

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