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Kapitalismus

Schikane gegen Mieter? 14 Monate ohne Bad – doch der Vermieter klagt ihn raus

Schikane gegen Mieter? 14 Monate ohne Bad – doch der Vermieter klagt ihn raus
Die Einrichtung wurde entfernt, der Boden geöffnet, Leitungen standen heraus. Seit 14 Monaten kann der Bewohnner sein Bad nicht benutzen und hat kein Gas - er wird nun vom Vermieter geklagt. // Foto: privat
Ein Immobilienbesitzer möchte seinen Mieter loswerden - und klagt ihn. Er habe die Wohnung vor mehr als 20 Jahren so umgebaut, dass sie nun ein “Totalschaden” sei. Dabei hat der Vermieter selbst das Bad demontiert und zur Baustelle gemacht. Das Gas ist weg, Warmwasser gibt es nicht - seit 14 Monaten. Schikane und Zermürbung sei das, sagt der Mieter. Eine Richterin kommt vorbei und prüft, wo hier was nicht in Ordnung ist - im Beisein der streitenden Beteiligten. Wir durften dabei sein und nehmen dich hier mit.

Es ist wie ein Theaterstück. Nur ist das hier das echte Leben. Es treten auf: eine Richterin. Ein Immobilienbesitzer, der gleichzeitig Anwalt ist. Außerdem ein Mieter des Hauses und der Anwalt des Mieters. Dazu der Sohn des Hausbesitzers, ebenfalls Anwalt, die Frau des Mieters, und ein stiller Beobachter mit einem Notizblock. Ort: ein Mietshaus in einem Wiener Innenstadtbezirk.

Thema des aufgeführten Stücks: Der Vermieter hat den Mieter auf Kündigung des Mietvertrags geklagt. Er soll die Wohnung verlassen. Grund für die Kündigung sind vom Mieter vor 24 Jahren gemachte Umbauarbeiten in der Wohnung, die damals der Kategorie D entsprach. Mit Außenklo. Jetzt soll die Richterin feststellen, ob die vom klagenden Besitzer angeführten „unrechtmäßigen“ Änderungen an der Wohnung tatsächlich bestehen.

Vermieter klagt wegen Umbau vor 24 Jahren

Die Richterin erscheint. Vor der Wohnungstür erklärt sie, worum es hier heute gehen soll: Der Antragsgegner, also der Mieter, habe Arbeiten ohne Genehmigung ausgeführt. In einem Plan der Wohnung sind 11 Punkte aufgezeichnet, die sie nun Schritt für Schritt abarbeiten will. Fotografieren, ausmessen, begutachten, Aussagen der Beteiligten einholen und mündlich alles in ein Aufnahmegerät protokollieren. Zwei Stunden hat sie dafür veranschlagt. Die Richterin wird sie voll ausschöpfen.

Nötig sei das, weil der Mieter dem Vermieter den Zugang zur Wohnung entweder verweigert  oder er bei vorherigen Begehungen Teile der Wohnung mit Planen abgehängt habe. Es sei so nicht festzustellen gewesen, wie es dahinter aussieht. „Ich hatte bisher keine vollständige Besichtigung der Wohnung“, sagt der Vermieter. Deshalb hat er bei Gericht einen Antrag darauf gestellt. Heute wird dieser erfüllt.

Der Hausbesitzer lehnt am Stiegengeländer. Ihm gegenüber steht der von ihm Beklagte, sein Mieter, im Türstock der Wohnung. Die Arme hat er verschränkt, manchmal pocht sein Kiefer während die Richterin die Formalitäten klärt. Sie fragt, ob die Begehung einvernehmlich erfolgt, was beide Parteien bejahen.

Dann wendet sie sich an den Hausbesitzer: „Warum haben Sie heute keinen Baumeister mitgebracht?“ Er habe nicht erwartet, heute Zutritt in die Wohnung zu bekommen, antwortet der. Also habe er keinen beauftragt. Auch so etwas geht ja ins Geld. Die Richterin ist nicht begeistert. So könne sie nicht prüfen, ob Arbeiten fachlich korrekt durchgeführt worden sind.

Richterliche Begehung: Alles hat seine Ordnung

Den Mieter fragt sie, warum er vorab angekündigt hat, dass heute ein Kamerateam des ORF vorbeikommen wollte. Das Team ist heute doch nicht erschienen. „Warum haben sie die verständigt?“, fragt die Richterin. „Das muss man einfach publik machen, wie hier mit Mieter:innen umgegangen wird“, antwortet er. Die Richterin sagt, sie nehme das zur Kenntnis.

Dann folgt eine erste Pause, in der sie das zuvor Gesagte in ihr Diktiergerät einspricht. Das läuft hier wie bei Verhandlungen vor Gericht. Dann treten nacheinander alle in den engen Vorraum der Wohnung. Tief hängt hier ein Kristallleuchter von der Decke, der ein bisschen zu groß für den Raum wirkt. Alle beugen sich nun über die mitgebrachten Pläne der Wohnung. Es herrscht etwas Uneinigkeit darüber, wo sich welche Tür, welche Wand und welcher Durchgang, die im Plan eingezeichnet sind, in der Realität befinden.

Dann geht es zu Punkt 1: Im Wohnzimmer fehlt eine Trennwand, die es laut Plan geben müsste. Die Begehung ergibt recht schnell: Die Wand ist nicht da. Die Richterin fotografiert das mit ihrer Digitalkamera. „Die Trennwand war nie da, seit ich hier lebe“, sagt der Mieter. Danach holt die Richterin ein Maßband aus der Tasche und misst die Breite des Durchgangs zum benachbarten Schlafzimmer. „Ich bin bei mehr als 90 Zentimetern, 93 Zentimeter“, sagt sie.

Dann meldet sich der Vermieter: „Messen Sie doch auch die Höhe!“. Die Richterin lehnt das ab. „Das ist nicht vom Antrag erfasst. Hier steht nichts von Höhe.“ So wird das noch öfter gehen. Der Hausbesitzer fragt, ob die Richterin nicht noch dies oder jenes ausmessen und begutachten möchte. Und sie wird antworten: „Ich hab es Ihnen schon gesagt: Wir machen das nach meinem Plan, den Sie beantragt haben. Es muss alles seine Ordnung haben.“

Mieter ist seit 14 Monaten ohne Bad und Gas

Es geht dabei um große Dinge und eher kleine. Manche Türen und Durchgänge wurden erneuert und seien zu schmal für so ein Gründerzeithaus: 70 statt 80 Zentimeter. Der Mieter sei schuld, dass die mehr als 100 Jahre alten Balken unter dem Badezimmer durchfeuchtet seien und jetzt ersetzt werden müssen. All das zusammen und noch mehr sind für den Vermieter Gründe genug, ihn aus der Wohnung zu klagen.

Was auch der Fall ist: Das Badezimmer ist seit 14 Monaten eine Baustelle. Die Wanne wurde rausgerissen, der Boden dann auch. Vom Hausflur aus wurde eine Zwischenwand in das Zimmer gerammt. Dort soll irgendwann einmal der Zugang zu einem Lift sein. Der ist allerdings noch Fantasie. Derweil stehen alle Arbeiten im Bad.

Es ist für den Mieter und seine Frau nicht zu benutzen. Ein dahinter liegendes Zimmer können sie ebenfalls nicht mehr bewohnen. In der schmalen Küche steht ein Bottich. „Hier ist unsere Waschgelegenheit“, sagt die Frau. Warmes Wasser gibt es nicht. Wenn sie duschen wollen, müssen sie zu Freund:innen gehen. Vier Elektroheizungen stehen verteilt in der fast 100 Quadratmeter großen Wohnung, von der ein erheblicher Teil kaum begehbar ist. Kalt ist es dennoch. Der Gasanschluss ist abgedreht.

Diesen Zustand hat der Hausbesitzer und Kläger selbst herbeigeführt. Aber: Das Bad, dessen Zugang von der Wohnung aus mit einer provisorischen Holzwand verbarrikadiert ist und nur vom Stiegenhaus durch eine provisorische Tür betreten werden kann, ist nicht Thema bei der Begehung.

Thema sind die Umbauten des Mieters von vor 24 Jahren. Ein weiterer Punkt dabei: Der Mieter baute eine Wanne im Bad ein. Darunter fehle allerdings eine Feuchtigkeitsabdichtung, behauptet der Vermieter. Mit der Folge, dass Wasser im Boden einsickern könne, was die Balken darunter morsch machen würde. In einem Sachverständigengutachten vom Juni 2024 wurde das bereits einmal geprüft. Dafür wurde auch die Decke der darunterliegenden Wohnung geöffnet.

Ergebnis: An den Balken unter dem Badezimmer seien keine Schäden, Vermorschung oder Schwammbefall zu erkennen. Aber an der Stelle, wo irgendwann einmal der Zugang zum Aufzug sein soll, seien zwei Balken morsch. Sie müssten verstärkt werden, die Sturzschalung sei wiederherzustellen und ein neuer Fußboden müsse errichtet werden.

„Diese Maßnahmen sind wegen Gefahr im Verzug dringend umzusetzen“, heißt es im Gutachten. Dazu entspreche die vom Besitzer eingezogene Trennwand weder den Bestimmungen des Brandschutzes noch von Wärme- und Schallschutz. Auch der Gaszählerkasten entspreche nicht den Anforderungen und müsse woanders untergebracht werden. Ohne diese Maßnahmen „ist weder das Bauvorhaben zum Aufzugseinbau noch der Wohnungsumbau bewilligungsfähig“.

Hausbesitzer: Mieter ist schuld, dass nichts weitergeht

Seitdem passierte nichts. Der Hausbesitzer sagt: Bevor er etwas tue, müsste der Mieter erst einmal die Feuchtigkeitsabdichtung einbauen. Er sei dafür verantwortlich und er müsse das auch machen. Eine Einigung war bisher nicht möglich. Der Mieter berichtet, bei einem Gerichtstermin habe der Vermieter gesagt: Das Einzige, was er unterschreibe, sei die Auflösungsvereinbarung mit dem Mieter.

Inzwischen ist er darüber hinausgegangen: Im August dieses Jahres brachte er die Kündigungsklage gegen den Mieter ein. Wer sie liest, muss den Eindruck bekommen: Beim Mieter handelt es sich um einen widerborstigen Geist, der seinem Vermieter absichtlich schaden will.

Von „rücksichtslosem, anstößigem und grob ungehörigem Verhalten“ ist dort die Rede. Von „vorsätzlich falschen Angaben“. Der Mieter „trachtet danach, dem Kläger Schaden zuzufügen und ihm Schlechtes zu tun“, steht in der Schrift. Das Wort arglistig kommt sehr oft vor: “Arglistige Täuschung”, “arglistige Behauptung”, “arglistig erschlichene Zusatzvereinbarung”.

Kurz gefasst seien die Umbauten in der Wohnung nicht ordnungsgemäß bei der Baubehörde eingereicht worden, moniert der Vermieter. Wenn sie eingereicht wurden, seien sie nicht korrekt ausgeführt worden. In seiner Kündigungsklage spricht der Besitzer von einem „Totalschaden“ der Wohnung.

Der Mieter habe eine Gutachterin dazu gebracht, die Umbauten der Wohnung als bewilligungsgemäß und den Vorschriften entsprechend zu bescheinigen. Es steht noch mehr in der Klage. Die Vorwürfe werden persönlich und sie wiegen schwer. Der Mieter sagt: „Wer die Anklage liest, bekommt den Eindruck, ich sei ein schlimmer Mensch.“

In einem Gespräch vor der Begehung der Richterin versucht er zu erklären, wie es zu den Umbauten kam. Es habe den damaligen Bestimmungen entsprochen, die Baumeister hätten das abgewunken. Und überhaupt: Das Haus befand sich damals noch in Familienbesitz. Es herrschte Einvernehmen. Im Jahr 2008 kaufte der jetzige Besitzer das Haus. Nach und nach entzündeten sich die Konflikte. Die Klage jetzt sei bereits das 10. Verfahren, das beide gegeneinander führen würden.

Der Streit darum, ob eine Tür ein paar Zentimeter zu schmal ist, kann jetzt dazu führen, dass der Mieter seine Wohnung verliert. Während er gleichzeitig seit 14 Monaten kein Bad mehr hat, keine Heizung, kein warmes Wasser. Weshalb ihn jeder Mensch, dem er das zeigt, als erstes fragen würde: „Wie können Sie da wohnen?“ Wofür der Vermieter verantwortlich sei und was den Gerichten laut Mieter egal zu sein scheint. „Du bist hilflos“, sagt er.

Sie sind die Letzten im Haus – alle anderen sind ausgezogen

Es sei immer gleich abgelaufen – auch bei anderen, jetzt ehemaligen Mieter:innen: „Er kommt und fragt, ob man ausziehen möchte. Dann sagt man nein und die Probleme beginnen“, sagt der Mieter. Eine Beschwerde hier, eine Anzeige da. Besitzstörungsklagen, weil jemand am Außenklo ein Vorhängeschloss angebracht hat. Mit Ende November seien er und seine Frau die letzten verbliebenen Mieter:innen im Haus.

In Wien gehen viele Immobilien-Unternehmen mit Schikanen gegen Alt-Mieter:innen vor. „Ausmieten“ nennt man das. MOMENT.at berichtete mehrfach darüber. Manche Firmen gehen dabei so dreist vor, dass die Stadt Wien jetzt eingeschritten ist. Sie hat gegen vier Firmen selbst bei Gerichten und der Schlichtungsstelle für mietrechtliche Angelegenheiten Anträge auf dringend notwendige Erhaltungsmaßnahmen in ihren Liegenschaften gestellt. Bisher musste das von betroffenen Mieter:innen selbst ausgehen – sonst passierte nichts.

Kommen die Besitzer:innen – die Stadt spricht dabei selbst von „Immobilien-Spekulanten“ – dem nicht nach, droht die Zwangsverwaltung durch eine vom Gericht dafür bestimmte Person. Sie beauftragt dann die Arbeiten auf Kosten der Besitzer. Auch der Mieter in diesem Haus hofft darauf. 

Für ihn ist der Fall klar: „Das Ziel vom Besitzer ist, das Haus leer zu bekommen.“ Mittel der Wahl sei jetzt eben die Kündigungsklage wegen der Umbauten im Jahr 2000. Der Besitzer habe von den Änderungen wissen müssen. Sie seien ihm mehr als zehn Jahre lang egal gewesen, meint er. Erst als er auf die Idee gekommen sei, dass man mit dem Haus mehr machen könnte, vielleicht auch mehr Geld, fiel ihm das offenbar auf.

Mehr machen aus so einem Haus, heißt oft: Sanieren, ausbauen, dann neu vermieten oder verkaufen. Wogegen nichts zu sagen ist. Wohnungen werden gebraucht, gute Wohnungen sind begehrt, Häuser kosten etwas, auch Immobilienunternehmen sollen Geld verdienen. Wogegen etwas zu sagen ist: Die Methoden, mit denen manche von ihnen vorgehen, um ihre alten Mieter:innen loszuwerden. 

Bauarbeiter gehen auch heute schon ein und aus in dem Gebäude. In einer der vielen bereits leerstehenden Wohnungen erledigen sie schwer definierbare Arbeiten. Arbeiter seien am Tag vor der richterlichen Begehung auch im Bad des Mieters gewesen, berichtet der. Sie hätten den Auftrag gehabt, ein wenig für Ordnung zu sorgen: Fensterbretter abwischen und sowas. Außerdem hätten sie die teils kaputten Glühbirnen im Stiegenhaus ausgetauscht.

Solche kosmetischen Arbeiten würden immer gemacht, kurz bevor offizielle Stellen Vertreter:innen vorbeischicken, um mal nachzuschauen, wie es im Haus aussieht. „Der Versuch, es zu behübschen“, nennt das der Mieter. Seitens von ihm, seiner Frau und ihrem Anwalt fallen folgende Worte im Laufe der Begehung sehr häufig: Schikane, Zermürbungstaktik, skurril.

Baustelle seit über einem Jahr: Es staubt im Bad

Die Begehung führt die Truppe nun in das völlig verstaubte und nicht zu benutzende ehemalige Badezimmer. Die dort vonseiten des Hausbesitzers, Vermieters und Anwalts in eigener Sache eingebaute Zwischenwand bildet übrigens den schmalsten Durchgang in der Wohnung: Ganze 63 Zentimeter misst die Richterin hier zwischen alter Ziegelwand und neu angebrachter Porenbetonwand.

Man kann auch das skurril nennen: Nicht der vom Mieter gemachte Umbau hatte die schmalsten Durchgänge zur Folge – sondern der, den der Besitzer selbst beauftragt hat. Der Durchgang wurde schon im Gutachten vom Juni als zu schmal notiert. Der Hausbesitzer sagt in seiner Klage: Das sei deswegen, weil der Mieter eine Wand, entgegen des Planes, um 10 Zentimeter versetzt habe.

Weiter im Drama: Die Richterin, der Besitzer, sein Mieter und dessen Anwalt sowie der Sohn des Besitzers zwängen sich aus dem engen Bad mit dem noch engeren Durchgang. Die Jacke des Sohns vom Besitzer ist großflächig verstaubt, auch vom Hosensaum sticht weißes Granulat ins Auge. „Und sie müssten mal seine Schuhe sehen“, sagt die Frau des Mieters. Offensichtlich hat der junge Mann sich bei der Begehung irgendwo ungeschickt angelehnt. Seine Kleidung ist jetzt ein Fall für die Reinigung.

Auch der Anwalt des Mieters hat einen handflächengroßen weißen Fleck auf dem Jackett. „A Wahnsinn, wie staubig es dort ist“, sagt er scheinbar an die Frau des Mieters gerichtet, aber neben der Richterin stehend. Die Worte sind wohl eher für ihre Ohren bestimmt. Der Anwalt scheint generell ein Talent dafür zu haben, in den richtigen Momenten Sätze zu sagen, die den anderen deutlich machen sollen, wie er das hier findet: Zermürbung, Schikane, skurril.

„Sind Ihnen irgendwo Risse aufgefallen, Herr Kollege?“, fragt er den Hausbesitzer und Anwalt, als sich die Gruppe an den Wänden und Decken der Wohnung auf die Suche nach Schäden macht. Denn in seiner Klage macht der Vermieter auch geltend, dass sich über Mauern und Verputz Risse ziehen würden, die der Mieter zu verantworten hätte.

Fortsetzung folgt: Im Dezember wird Klage verhandelt

So richtig fündig werden sie nicht. Obwohl die Richterin wirklich bemüht ist. „Da sehe ich einen ganz feinen Riss, Herr Dr.“, sagt sie zum Vermieter. Ob sie den aufnehmen solle, fragt sie. „Ich brauche kein Foto“, antwortet der kleinlaut. Inzwischen wirken alle sichtlich erschöpft von diesem Schauspiel. Am Ende trommelt die Richterin alle in die viereinhalb Quadratmeter kleine Küche zusammen und fragt: „Wie geht’s jetzt weiter?“

Es entspinnt sich ein Streit um die Kostenübernahme für den Antrag auf Besichtigung der Wohnung. Der Anwalt verlangt, dass der Mieter die bei ihm angelaufenen Kosten übernimmt: 1.000 Euro. Er nennt das ein Angebot. Die Richterin sagt: „Das ist doch kein Angebot.“ Sie verstehe den Besitzer nicht ganz. „Ich dachte, Sie wären an einer einvernehmlichen Lösung interessiert“, sagt die Richterin zum Besitzer. 

Aber nein. Offenbar will der Besitzer, dass der Mieter die Kosten komplett trägt. Und die Kündigungsklage läuft sowieso weiter. „Dieses weitere Verhalten wird in die Beweiswürdigung einfließen“, diktiert die Richterin noch in ihr Aufnahmegerät. Dann gehen alle in den Vorraum. Der Hausbesitzer und sein Sohn ziehen ihre staubigen Schuhe an und verlassen ohne viele Worte die Wohnung. Der Anwalt des Mieters hilft der Richterin in ihren Mantel. Sie verabschiedet sich kühl. 

Zurück bleiben der Mieter, seine Frau und ihr Anwalt. Mehr oder weniger ratlos. Der Vorhang fällt, Applaus gibt es nicht. Die Fortsetzung des Stücks ist bereits in Vorbereitung: Im Dezember treffen sich Mieter und Vermieter vor Gericht. Dann wird über die Kündigungsklage verhandelt. Bis dahin ist nicht zu erwarten, dass der Mieter ein funktionierendes Bad und Gasanschluss hat. Es ist aber auch nicht zu erwarten, dass er aufgibt und auszieht, wie es der Hausbesitzer nachdrücklich verlangt.

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    Kommentare 1 Kommentar
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  • frizzdog
    25.11.2024
    eindeutig zu viele anwälte auf der welt und in badezimmern
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