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Klimakrise

Warum sind Rechte für Umweltschutz aber gegen Klimaschutz?

Grafik NatsAnalyse - Analysen von Ideologie, Sprache und Frames von Natascha Strobl. NatsAnalyse Cover zeigt ein gezeichnetes Porträt von Natascha Strobl mit zwei Sprechblasen.
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Was Umweltschutz für jemanden bedeutet, hat mit seiner politischen Haltung zu tun. Für Rechtsextreme hat es mit ihrer Idee vom Volk zu tun.

Rechtsextreme setzen gerne auf Bilder in der Natur. Ein Spaziergang im Wald, eine Wanderung in den Bergen und das Bad in klaren Seen gehören zum Standardrepertoire der Selbstinszenierung (nicht nur Rechtsextremer). Umwelt- und Tierschutz spielen eine große Rolle im Selbstbild. 

Warum setzen sich dann Rechtsextreme nicht genauso stark für den Klimaschutz ein, der ja nur die logische Fortführung des Umweltschutzgedankens ist?

Umweltschutz ist nicht gleich Umweltschutz

Menschen mit unterschiedlicher Haltung meinen nicht zwingend dasselbe, wenn sie „Umweltschutz“ sagen. Dass eine intakte Umwelt schön und gut für den Menschen ist – natürlich. Aber warum das wichtig ist, ist in andere Gedankenwelten eingebettet.

Neoliberaler Umwelt- und Klimaschutz stellt den Nutzungsgedanken in den Vordergrund. Eine intakte Natur und ein intaktes Klima sind Basis für den Wirtschaftskreislauf. Ohne Wasser keine Industrie. Hitzewellen zerstören die Ernten und sind schlecht für den Tourismus. 

Progressive Kräfte sehen vor allem, dass schwindende natürliche Ressourcen Verteilungskämpfe und eine Zunahme an sozialer Ungerechtigkeit bedeuten. Ein weltweiter Anstieg der Durchschnittstemperatur geht auch primär zu Lasten der Ärmsten, global gesehen, aber auch innerhalb bestehender Gesellschaften. 

Konservativer Umweltschutz hingegen ist in der Prämisse gar nicht so weit weg von völkischem Umweltschutz.  Die Natur ist Sehnsuchtsort in unübersichtlichen Zeiten und identitätsstiftend im Ausschluss derer, die man als nicht gleichwertig sieht, wie die Geschichte von Tracht und Dirndl ab dem 19. Jahrhundert zeigt. Für (christliche) Konservative ist die Natur die Schöpfung Gottes, sie muss gegen die Verwerfungen der Moderne verteidigt und vor der Zerstörung durch den Menschen bewahrt werden.

Völkischer Umweltschutz reicht bis an die Anfänge des Umweltschutzes im 19. Jahrhundert zurück. Dahinter steckt die Idee, dass Umweltschutz Heimatschutz ist. Eine intakte, unberührte Umwelt ist Symbol für die Kraft, Schönheit und Reinheit der Nation und des Volkes an sich. Natur und Volk dürfen nicht von einer immer stärker wachsenden und sich globalisierenden Industrie zerstört werden. 

Mit diesem Bild ist auch eine starke Abneigung gegen die Stadt und alles was sie repräsentiert verbunden. Der dreckigen, unübersichtlichen und durchmischten Stadt wird die reine, schöne und unberührte Natur gegenübergestellt. Ein Bild, das Konservative und Völkische teilen. 

Völkischer Umweltschutz sieht Natur als „Lebensraum“ des jeweiligen Volkes. Wird die Lebensgrundlage zerstört, kann das abgegrenzte Volk nicht weiter existieren, weil es ja an diesen Ort gehört und nicht woanders hingehen und sich vermischen soll. Diese Vorstellung ist auch anschlussfähig für die Idee, dass böse globale Kräfte aus reiner Bösartigkeit an der Zerstörung der deutschen Natur arbeiten. 

Das Klima ist nicht „völkisch“

Das Klima hingegen ist weder konkret noch kann es auf einen bestimmten Ort begrenzt werden. Es ist global. Deswegen bietet es keine Möglichkeit der völkischen Aufladung. Deswegen ist Klimaschutz uninteressant für Rechtsextreme.

In einer rechtsextremen Sicht auf die Welt ist alles dem Volk und der Nation untergeordnet. Diese beiden Werte sind absolut, sie dürfen nicht hinterfragt werden. Jedes andere Thema wird anhand dieser Parameter gemessen. Passt etwas nicht in dieses Schema ist es schlicht nicht existent im eigenen Weltbild. Deswegen tun sich rechtsextreme Kräfte so schwer damit eine passende Erzählung zum Thema Nummer 1 zu finden, die über die geifernde Leugnung hinaus geht.  

 

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