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Kapitalismus

Offene Fragen zu Signa-Sanierung: Was ist los im Benko-Universum?

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Die millionenschweren Immobilien von René Benkos Signa-Gruppe werden von einem Treuhänder verkauft. Aber zentrale Fragen sind noch lange nicht beantwortet: Wer bekommt das Geld aus den Verkäufen? Wer kauft die Immobilien? Und: War das alles legal, was da rund um Signa passiert ist?

Ihr erinnert euch vielleicht an diese tolle Serie über den Milliardär, der alle an der Nase herumgeführt hat? Der Millionen eingenommen hat, indem er Tausende arbeitslos gemacht hat? Der Staatshilfen kassiert hat und sich selbst irre Gewinne ausgeschüttet? Da gibt es jetzt eine neue Staffel! Und zwar: Jetzt ist Abverkauf, ein Treuhänder wird all die schönen Häuser loswerden, damit die Gläubiger wenigstens ein bissl was zurückbekommen … damit ist dann diese ganze Rene Benko-Kiste wohl auch abgeschlossen …

Naaaah, natürlich NICHT!

Das Vermögen der wichtigsten Firmen in Rene Benkos Spiegelkabinett wird abgewickelt: Signa Prime Selection AG und der Signa Development Selection AG. Treuhänder kümmern sich um den Verkauf der Immobilien in diesen Gesellschaften – und alles,  was beim Verkauf hereinkommt, wird an die Gläubiger gehen – also an all jene, die den Gesellschaften Geld geborgt haben. 

Benko und seine Immobilien

Mindestens 30 Prozent von ihrem Geld sollen sie so wiedersehen. Ob das so klappt, steht auf einem anderen Blatt Papier. Denn viele der bekannten Gebäude, um die es geht – vom Goldenen Quartier in Wien über das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck bis zum Berliner Kaufhaus des Westens, sind selbst nicht schuldenfrei – Benko hat Hypotheken draufgepackt.

Soll heißen: Wenn sie verkauft werden, bekommen zuerst einmal Banken und alle anderen ihr Geld, die mit Pfandrechten im Grundbuch stehen. Nur wenn die Einnahmen aus dem Verkauf höher sind als die Hypothek, fließt überhaupt Geld an die Gläubiger. Abzüglich der Kosten des Treuhänders, versteht sich. Ja, auch für einen geordneten Abverkauf braucht es zunächst einmal frisches Geld. 

Besonders spannende, offene Fragen

Aber selbst wenn es gelingt, genug frisches Geld für eine geordnete Abwicklung über Treuhänder aufzutreiben, sind viele Fragen offen. Drei davon sind besonders spannend. 

Erstens: Wer hat eigentlich Anspruch auf ein Stück vom Signa-Kuchen?

Mit der Entscheidung, dass ein Treuhänder die Immobilien verkauft, ist nur EINES klar: die Eigentümer von Signa Prima und Signa Development, von Milliardärsfamilien bis zur Stiftung der ehemaligen deutschen Ruhrkohle AG, werden gar nichts mehr bekommen. Selbst wenn beim Verkauf mehr als die versprochenen 30 Prozent erzielt werden, geht die gesamte Summe an die Gläubiger der beiden Firmen.

Waren die vielen Signa-Firmen unabhängig?

Aber: Im Signa-Irrgarten, den Benko und seine Berater gebaut haben, ist unklar, wer wirklich Anspruch hat. Denn oft war es so, dass eine Signa-Firma der anderen Signa-Firma Geld geborgt hat – und umgekehrt. 

Das wäre wurscht, wenn diese Firmen unabhängig voneinander sind. Jetzt ist es aber bei Signa so, dass all die vielen, vielen Gesellschaften genau das mutmaßlich nicht waren. Formal unabhängig – tatsächlich aber alle unter der “einheitlichen Leitung” von René Benko selbst? 

In diese Richtung argumentierte zumindest auch einer der wichtigsten Signa-Investoren – Hans-Peter Haselsteiner. 

“Es ist ja kein Geheimnis, dass man [Benko] die faktische Geschäftsführung unterstellt. Da wird er sich auch schwer wehren können, dazu sollte er auch stehen. Er hat nun einmal die Zügel in der Hand gehabt.”

Wenn die einzelnen Signa-Gesellschaften unter der einheitlichen Leitung des faktischen Geschäftsführers René Benko waren, dann ist auch möglich, dass Geld über Kredite den Weg raus aus den Signa-Firmen und hinein in ein Dickicht aus Privatstiftungen und anderen Vehikeln im Benko-Umfeld gefunden hat. 

Welche Geldflüsse waren legal?

Das führt zur zweiten Frage, die sich stellt: “Ja, dürfen die denn des?”

Zumindest, was Geldflüsse von Signa Prime und Signa Development an die Signa Holding GmbH betrifft – wir erinnern uns, das war diese “kleine GmbH” mit einer Bilanzsumme von 5 Milliarden Euro – sind hier große Zweifel angebracht. In Österreich ist es verboten, Geld aus einer GmbH oder einer Aktiengesellschaft an Eigentümer weiterzuleiten. Die einzige Möglichkeit dafür ist, wenn eine Tochtergesellschaft an ihre Mutterholding Gewinne ausschüttet. 

Das widerspricht ein bissl dem Alltagsverstand, ist aber durchaus sinnvoll. Machen wir es konkret am Beispiel einer GmbH:

  • Eine GmbH schüttet Gewinne an Eigentümer aus. Das ist okay. Egal, ob das Personen oder Muttergesellschaften sind.
  • Andere Wege, Geld von einer GmbH an die Eigentümer zu schicken sind nicht erlaubt.
  • Einzige Ausnahme: Wenn die beiden, Mutter und Tochter-Firma, ein Geschäft miteinander abschließen, das mit den gleichen Konditionen auch „fremde“ Firmen miteinander so gemacht hätten. Fremdüblich, nennt man das dann.
  • Ein Kredit ohne irgendwelche Sicherheiten ist das jedenfalls mal NICHT. Das sieht auch die Rechtsprechung so. 

Schutz vor Missbrauch

Es gibt viele Gründe, warum Firmen nur auf diese Weise und nicht “einfach so” Geld an die Eigentümer zurückpumpen dürfen – in der BWL-Fachsprache spricht man hier davon, dass eine Rückgewähr von Einlagen verboten ist. Das soll verhindern, dass ein Teil der Eigentümer bevorzugt wird, weil er einen guten Draht zum Management hat und an den offiziellen Ausschüttungen vorbei “serviciert” wird. Ein anderer Grund: Damit soll auch, natürlich, Steuerhinterziehung durch verdeckte Ausschüttungen verhindert werden.

Und genau deshalb könnte es auch illegal gewesen sein, dass Signa um viel Geld Villen oder Chalets angemietet hat, in denen dann aber vor allem René Benko und seine Familie privat residiert haben sollen. Das könnte verdeckte Gewinnausschüttung und – strafrechtlich relevant – Untreue sein.

Die Frage, ob die Geschäftsvorgänge in den letzten Jahren vor der Pleite supersauber und legal waren, ist wichtig, weil diese nachträglich angefochten werden können. Und dann könnte auf das Vermögen dafür verantwortlicher Geschäftsführer – auch “faktische” Geschäftsführer, wie Benko mutmaßlich einer war – sowie all jenen zugegriffen werden, die von solchen Zahlungen und Vorgängen profitiert haben. Bislang wurden noch keine Schritte in diese Richtung gesetzt. Gut möglich, dass die Treuhänder das jetzt in Angriff nehmen.

Was es braucht

Drittens geht es darum, welche Lehren sich schon jetzt aus dem Fall Signa für die Zukunft ziehen lassen. 

  • Das beginnt schon einmal damit, dass unsere Insolvenzverfahren fit gemacht werden müssen, für verschachtelte Firmenkonstrukte wie die Signa-Gruppe. Wenn hier eine einheitliche Leitung vorlag, dann sollte das Insolvenzverfahren auch von einem gemeinsamen Insolvenzverwalter geführt werden.
  • Gleichzeitig ist bei einer Insolvenz das Kind immer schon im Brunnen. Damit es gar nicht erst soweit kommt, brauchen wir mehr Aufsicht bei großen Unternehmen – auch, wenn sie nicht am Kapitalmarkt gelistet sind. Denn wenn große Unternehmen Pleite gehen, reißt das immer viele mit nach unten: andere Unternehmen, Beschäftigte und uns alle, die Steuerzahler:innen.
  • Schließlich gibt es offensichtlich Handlungsbedarf, was die steuerliche Behandlung von Luxusvergnügen auf Firmenkosten betrifft. Wer sich ein Dienstauto zulegt, kann maximal 40.000 Euro davon als betriebliche Ausgabe steuerlich geltend machen. Wurscht, ob es ein Ferrari oder ein Ford Fiesta ist. René Benko hat mutmaßlich aber nicht nur mit seinen Luxusresidenzen, sondern jahrelang auch seinen Privatjet zu großen Teilen von uns allen steuerlich mitzahlen lassen. 

Das hätte dann vielleicht gleich einen weiteren positiven Nebeneffekt: wer Yacht- und Jagdgesellschaften benötigt, um Investor:innen anzulocken, dessen Geschäftsmodell ist vielleicht doch nicht ganz so nachhaltig wie jenes von Unternehmen, die ohne solche Spompanadeln erfolgreich sind.

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